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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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lich nicht so. Er findet das Treiben seines Edelmanns ganz in der Ordnung
und viel vernünftiger als das Verfahren der späteren Besitzer der Herrschaft
Zaboria.

"Seht' mal den Fürsten Daniel Borisowitsch. Er hat mehr als tausend
Seelen und ist folglich ein vornehmer Herr. Ader sagt mir doch, Wenn's ge¬
fällig ist, ob er wie einer lebt? Er wurde in Moskau auf der Universität
erzogen, in Gesellschaft von Schusters- und Schneiderssöhnen, und wie kann
ein Schuster el" passender Umgang für 'nen Fürsten sein? Und was hat er
aus ihm gemacht? Als er nach Zaboria kam, ging er, statt Jagden und
Bälle und Gastmähler zu geben, in den Bauernhütten herum, spielte mit den
Kindern und ließ sich von den alten Leuten Geschichten erzählen und Lieder
singen, die er aufschrieb. Nun frag' ich einen -. ist das die Art, wie ein Fürst
sich beträgt? Ferner kaufte er alte Bücher und Bilder zusammen und wenn
er erfuhr, daß ein Bauer eine solche alte Scharteke habe, so ließ er, wenn's
auch mitten in der Nacht war, anspannen und fuhr dreißig und vierzig Werst
weit, um sechs zu holen. Dann pflegte er mit den Leuten zu graben, und
wenn er einen alten Topf oder eine alte Kupfermünze fand, so packte er's in
Watte und schickte es nach Petersburg, als ob solcher Quark nicht dort zu
finden wäre. Einmal hört er einen blinden Bettler Psalmen singen. Da ge¬
räth er außer sich, läßt halten, nimmt den Kerl in seiner Kutsche mit aufs
Schloß, setzt ihn in einen sammtbeschlagnen Armstuhl, füttert ihn mit Braten
und Wein von seinem eignen Tisch und heißt ihn dann seine Psalmen singen,
die er sich sofort auf einen Bogen Papier schreibt. Natürlich war der Rüpel
darüber sehr vergnügt, ließ seine Stimme los und brüllte wie ein Stier.
Na, war das hübsch, war das recht? Wenn man mit Koth spielt, kriegt man
schmutzige Finger, und war das die Manier eines Fürsten?"

Der alte Mann erzählt nun, wie ganz anders der Ahn des Fürsten, der
große Alexis Juriwitsch lebte. "Das waren glückliche und glorreiche Tage",
ruft er aus, "die nie wiederkehren werden." Zum Beleg dieser Bemerkung
beschreibt er eine große Jagd, "die Fürst Alexis bei Gelegenheit seiner Ver¬
heiratung gegeben. Dieselbe endigt zwar damit, daß Hoheit in Leidenschaft
über seinen, des Erzählers, eignen Vater Jaschka geräth und ihm fünfhundert
Prügel auszählen läßt, ein Unglück, das dein guten Jaschka bereits mehrmals
passirt ist. Aber trotzdem "war die Jagd ein herrliches Fest und Hoheit ein
bewundernswerther Fürst."

Bei einer andern Jagd, so fährt der Alte fort, wurde es plötzlich kalt,
und die Wolga überzog sich mit einer dünnen Eisdecke, was wir Glascis
nennen. Nachdem die Jäger etwa anderthalbhundert Hasen erlegt, machten
sie am Rande einer Felsenwand hart über dem Strome Halt. Der Fürst
Alexis Juriwitsch war bei gut>er Laune und gedachte sich ein Vergnügen zu


lich nicht so. Er findet das Treiben seines Edelmanns ganz in der Ordnung
und viel vernünftiger als das Verfahren der späteren Besitzer der Herrschaft
Zaboria.

„Seht' mal den Fürsten Daniel Borisowitsch. Er hat mehr als tausend
Seelen und ist folglich ein vornehmer Herr. Ader sagt mir doch, Wenn's ge¬
fällig ist, ob er wie einer lebt? Er wurde in Moskau auf der Universität
erzogen, in Gesellschaft von Schusters- und Schneiderssöhnen, und wie kann
ein Schuster el» passender Umgang für 'nen Fürsten sein? Und was hat er
aus ihm gemacht? Als er nach Zaboria kam, ging er, statt Jagden und
Bälle und Gastmähler zu geben, in den Bauernhütten herum, spielte mit den
Kindern und ließ sich von den alten Leuten Geschichten erzählen und Lieder
singen, die er aufschrieb. Nun frag' ich einen -. ist das die Art, wie ein Fürst
sich beträgt? Ferner kaufte er alte Bücher und Bilder zusammen und wenn
er erfuhr, daß ein Bauer eine solche alte Scharteke habe, so ließ er, wenn's
auch mitten in der Nacht war, anspannen und fuhr dreißig und vierzig Werst
weit, um sechs zu holen. Dann pflegte er mit den Leuten zu graben, und
wenn er einen alten Topf oder eine alte Kupfermünze fand, so packte er's in
Watte und schickte es nach Petersburg, als ob solcher Quark nicht dort zu
finden wäre. Einmal hört er einen blinden Bettler Psalmen singen. Da ge¬
räth er außer sich, läßt halten, nimmt den Kerl in seiner Kutsche mit aufs
Schloß, setzt ihn in einen sammtbeschlagnen Armstuhl, füttert ihn mit Braten
und Wein von seinem eignen Tisch und heißt ihn dann seine Psalmen singen,
die er sich sofort auf einen Bogen Papier schreibt. Natürlich war der Rüpel
darüber sehr vergnügt, ließ seine Stimme los und brüllte wie ein Stier.
Na, war das hübsch, war das recht? Wenn man mit Koth spielt, kriegt man
schmutzige Finger, und war das die Manier eines Fürsten?"

Der alte Mann erzählt nun, wie ganz anders der Ahn des Fürsten, der
große Alexis Juriwitsch lebte. „Das waren glückliche und glorreiche Tage",
ruft er aus, „die nie wiederkehren werden." Zum Beleg dieser Bemerkung
beschreibt er eine große Jagd, „die Fürst Alexis bei Gelegenheit seiner Ver¬
heiratung gegeben. Dieselbe endigt zwar damit, daß Hoheit in Leidenschaft
über seinen, des Erzählers, eignen Vater Jaschka geräth und ihm fünfhundert
Prügel auszählen läßt, ein Unglück, das dein guten Jaschka bereits mehrmals
passirt ist. Aber trotzdem „war die Jagd ein herrliches Fest und Hoheit ein
bewundernswerther Fürst."

Bei einer andern Jagd, so fährt der Alte fort, wurde es plötzlich kalt,
und die Wolga überzog sich mit einer dünnen Eisdecke, was wir Glascis
nennen. Nachdem die Jäger etwa anderthalbhundert Hasen erlegt, machten
sie am Rande einer Felsenwand hart über dem Strome Halt. Der Fürst
Alexis Juriwitsch war bei gut>er Laune und gedachte sich ein Vergnügen zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/424>, abgerufen am 28.12.2024.