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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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schelM kann, wenn sie die Sclaven als menschliche Geschöpfe behandeln
und soviel ausgebildete, also freie Arbeitskraft verwenden, daß die rohe durch
die ausgebildete auf weite Strecken verdrängt und der Geldwerth des Scla-
ven so vermindert werden wird, daß die sofortige Milderung und die schlie߬
liche Austilgung der Sclaverei die beinahe unvermeidliche und wahrscheinlich
baldige Folge sein muß."

Mit der Basis, auf der Mill seine Schlußfolgerung aufbaut, erklären wir
uns völlig einverstanden. Er sieht in der Einschließung der Sclaverei auf das
Gebiet, das sie gegenwärtig inne hat, den richtigen Weg, sie unvortheilhaft
zu machen, und er meint, sie unvortheilhaft machen, heißt ihr die Lebensluft
entziehen, sie ersticken und aussterben lassen. Wir finden das selbstver¬
ständlich. Wenn er aber weiter geht und die Behauptung ausstellt, daß diese
Begrenzung und EinHemmung der Sclaverei auf ihr jetziges Gebiet mit Sicher¬
heit von einem Siege des Nordens, ja überhaupt nur von einem solchen
Siege zu erwarten ist. so können wir ihnr das nicht zugeben. Nach Allem,
was wir aus den maßgebenden Kreisen und dem Treiben der Parteien im
Norden der Bet. Staaten erfahren, müssen wir unsre früher dargelegte Mei¬
nung festhalten, nach welcher der sicherste Weg. das von Mill gewünschte Er¬
gebniß zu gewinnen, nicht die Unterwerfung, sondern die Losreißung des Sü¬
dens von dem Bunde mit dein Norden ist. Die Wiedereinfügung der snes-
sionistischen Staaten in den alten Bund würde aller Wahrscheinlichkeit nach
nicht zur Einschränkung der Sclaverei auf ihr jetziges Gebiet, nicht zum Frie¬
de", nicht zur Aufgabe des Streitobjects von Seiten der Sclavenhalter führen.
Sie Würde den doppelten Nachtheil haben, daß einerseits der Norden wieder
in alle die Schande und Verlegenheit, die sich mit dem "eigenthümlichen In¬
stitut" verbindet, mitversänke und daß andrerseits dieses verhüngnißvolle In-
seltne statt nur durch die kleinere und schwächere Hälfte der Ber. Staaten
wiederum durch die physische Kost und die moralische Billigung der gesamm-
ten Union gestützt, befestigt und vertheidigt würde.

Mill begeht den Fehler, die republikanische Partei Und den ganzen Nor¬
den für eins und dasselbe zu hallen, jene für die unbedingt herrschende im
Nörder" anzusehen. während sie doch nur durch Nachgibigkeit, gewissermaßen
durch ein stilles Comprönuß mit der demokratischen herrscht und, wenn der
Süden wieder zur Union zurückkehrte, sogar Gefahr laufen würde, die Reihen
Med Gegrier künftig wieder einmal stärker zu sehen, als die eignen.

Wir erinnern uns, daß die Sclavenhalter von Südcatolina und den an¬
dern CaträlierstaateN. wenn sie bis auf die letzten Wahlen in der Union die
entscheidende Stimme hätten, sich dieses Bortheils nicht aus Grund ihrer nu-
menschet" Stärke erfreuten, welche bei Weitem getinger als die ihrer Gegner
war, sondert" auf Gtund ihrer Berbindürch mit den Nördlichen Demokraten,


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schelM kann, wenn sie die Sclaven als menschliche Geschöpfe behandeln
und soviel ausgebildete, also freie Arbeitskraft verwenden, daß die rohe durch
die ausgebildete auf weite Strecken verdrängt und der Geldwerth des Scla-
ven so vermindert werden wird, daß die sofortige Milderung und die schlie߬
liche Austilgung der Sclaverei die beinahe unvermeidliche und wahrscheinlich
baldige Folge sein muß."

Mit der Basis, auf der Mill seine Schlußfolgerung aufbaut, erklären wir
uns völlig einverstanden. Er sieht in der Einschließung der Sclaverei auf das
Gebiet, das sie gegenwärtig inne hat, den richtigen Weg, sie unvortheilhaft
zu machen, und er meint, sie unvortheilhaft machen, heißt ihr die Lebensluft
entziehen, sie ersticken und aussterben lassen. Wir finden das selbstver¬
ständlich. Wenn er aber weiter geht und die Behauptung ausstellt, daß diese
Begrenzung und EinHemmung der Sclaverei auf ihr jetziges Gebiet mit Sicher¬
heit von einem Siege des Nordens, ja überhaupt nur von einem solchen
Siege zu erwarten ist. so können wir ihnr das nicht zugeben. Nach Allem,
was wir aus den maßgebenden Kreisen und dem Treiben der Parteien im
Norden der Bet. Staaten erfahren, müssen wir unsre früher dargelegte Mei¬
nung festhalten, nach welcher der sicherste Weg. das von Mill gewünschte Er¬
gebniß zu gewinnen, nicht die Unterwerfung, sondern die Losreißung des Sü¬
dens von dem Bunde mit dein Norden ist. Die Wiedereinfügung der snes-
sionistischen Staaten in den alten Bund würde aller Wahrscheinlichkeit nach
nicht zur Einschränkung der Sclaverei auf ihr jetziges Gebiet, nicht zum Frie¬
de», nicht zur Aufgabe des Streitobjects von Seiten der Sclavenhalter führen.
Sie Würde den doppelten Nachtheil haben, daß einerseits der Norden wieder
in alle die Schande und Verlegenheit, die sich mit dem „eigenthümlichen In¬
stitut" verbindet, mitversänke und daß andrerseits dieses verhüngnißvolle In-
seltne statt nur durch die kleinere und schwächere Hälfte der Ber. Staaten
wiederum durch die physische Kost und die moralische Billigung der gesamm-
ten Union gestützt, befestigt und vertheidigt würde.

Mill begeht den Fehler, die republikanische Partei Und den ganzen Nor¬
den für eins und dasselbe zu hallen, jene für die unbedingt herrschende im
Nörder» anzusehen. während sie doch nur durch Nachgibigkeit, gewissermaßen
durch ein stilles Comprönuß mit der demokratischen herrscht und, wenn der
Süden wieder zur Union zurückkehrte, sogar Gefahr laufen würde, die Reihen
Med Gegrier künftig wieder einmal stärker zu sehen, als die eignen.

Wir erinnern uns, daß die Sclavenhalter von Südcatolina und den an¬
dern CaträlierstaateN. wenn sie bis auf die letzten Wahlen in der Union die
entscheidende Stimme hätten, sich dieses Bortheils nicht aus Grund ihrer nu-
menschet» Stärke erfreuten, welche bei Weitem getinger als die ihrer Gegner
war, sondert» auf Gtund ihrer Berbindürch mit den Nördlichen Demokraten,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/387>, abgerufen am 26.06.2024.