Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Der deutsche Handelsvertrag mit China.

Am 2. September 1861 bat Graf Eulenburg einen Vertrag mit China
unterzeichnet, welcher., wenn man von Oestreich und Holstein absieht, als der
erste deytsche Handelsvertrag betrachtet werden darf; denn der preußische Ge.
sandte bat nicht nur für Preußen und die Zollvereinsstaaten, sondern auch
für dje Hansestädte und beide Mecklenburg abgeschlossen. In Japan war
dies bekanntlich nicht gelungen. Yqs complicirte Staatensystem Deutschlands
war den dortigen Unterhändler", nicht begreiflich zu machen, sie behaupteten,
die Aufzählung so vieler Staaten, welche einen neuen Vertrag mit Japan ma¬
chen wallten, wurde die öffentliche Meinung beunruhigen, und deshalb könne
nur mit Preußen als dem eigentlichen Vollmachtgeber abgeschlossen werden.
Graf Eulenburg konnte begreiflich nicht durch die Weigerung, auf diese Be¬
schränkung einzugehen, den ganzen Zweck seiner Mission vereiteln und mußte
den Vertrag allein für Preußen unterzeichnen in der Hoffnung, daß derselbe
unter günstigern Umständen auf ganz Deutschland ausgedehnt werden könne.

In China war die Lage vortheilhaft für die Unterhandlung, die Hanse¬
aten siud durch ihre Hänser und namentlich durch ihre bedeutende Frachtfahrt
so bekannt, daß die Chinesen sie nicht füglich ignoriren konnten, sy kam der
Vertrqg. wenn auch nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen für alle
deutschen Staaten in Tientsin zu Stande.

Wir geben nachstehend eine Uebersicht seiner wichtigsten Bestimmungen.

Art. I sichert den beiderseitigen Unterthanen vollen Schutz für Eigenthum
und Personen.

Art. 2 gibt dem König von Preußen das siecht, einen diplomatischen
Agenten zu beglaubigen, welcher in der Hauptstadt wohnen darf und nach
Art. 3 alle Vorrechte und Freiheiten genießen soll, welche das Völkerrecht den
Gesandten gewährt. Dies Zugeständnis; wurde von dem preußischen Vertreter
beharrlich verlangt, da es England, Frankreich. Rußland und Amerika ge¬
wacht war, und nach hartnäckigem Widerstand durchgesetzt; da es aber nicht
die Absicht war, sofort einen Gesandten zu senden, so konnte er leicht den
Chinesen darin entgegenkommen, durch einen Separatartikel die Beglaubigung
eines diplomatischen Vertreters noch für einige Zeit hinauszuschieben, wenn
gleich uns fünf Jahre gls ein etwas langer Termin erscheint. Es steht übri¬
gens dahin, ob außer einem Generalconsul ein Gesandter zur Vertretung
deutscher Interessen nothwendig erscheint. Sehr zweckmäßig ordnet Art. 4


Der deutsche Handelsvertrag mit China.

Am 2. September 1861 bat Graf Eulenburg einen Vertrag mit China
unterzeichnet, welcher., wenn man von Oestreich und Holstein absieht, als der
erste deytsche Handelsvertrag betrachtet werden darf; denn der preußische Ge.
sandte bat nicht nur für Preußen und die Zollvereinsstaaten, sondern auch
für dje Hansestädte und beide Mecklenburg abgeschlossen. In Japan war
dies bekanntlich nicht gelungen. Yqs complicirte Staatensystem Deutschlands
war den dortigen Unterhändler», nicht begreiflich zu machen, sie behaupteten,
die Aufzählung so vieler Staaten, welche einen neuen Vertrag mit Japan ma¬
chen wallten, wurde die öffentliche Meinung beunruhigen, und deshalb könne
nur mit Preußen als dem eigentlichen Vollmachtgeber abgeschlossen werden.
Graf Eulenburg konnte begreiflich nicht durch die Weigerung, auf diese Be¬
schränkung einzugehen, den ganzen Zweck seiner Mission vereiteln und mußte
den Vertrag allein für Preußen unterzeichnen in der Hoffnung, daß derselbe
unter günstigern Umständen auf ganz Deutschland ausgedehnt werden könne.

In China war die Lage vortheilhaft für die Unterhandlung, die Hanse¬
aten siud durch ihre Hänser und namentlich durch ihre bedeutende Frachtfahrt
so bekannt, daß die Chinesen sie nicht füglich ignoriren konnten, sy kam der
Vertrqg. wenn auch nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen für alle
deutschen Staaten in Tientsin zu Stande.

Wir geben nachstehend eine Uebersicht seiner wichtigsten Bestimmungen.

Art. I sichert den beiderseitigen Unterthanen vollen Schutz für Eigenthum
und Personen.

Art. 2 gibt dem König von Preußen das siecht, einen diplomatischen
Agenten zu beglaubigen, welcher in der Hauptstadt wohnen darf und nach
Art. 3 alle Vorrechte und Freiheiten genießen soll, welche das Völkerrecht den
Gesandten gewährt. Dies Zugeständnis; wurde von dem preußischen Vertreter
beharrlich verlangt, da es England, Frankreich. Rußland und Amerika ge¬
wacht war, und nach hartnäckigem Widerstand durchgesetzt; da es aber nicht
die Absicht war, sofort einen Gesandten zu senden, so konnte er leicht den
Chinesen darin entgegenkommen, durch einen Separatartikel die Beglaubigung
eines diplomatischen Vertreters noch für einige Zeit hinauszuschieben, wenn
gleich uns fünf Jahre gls ein etwas langer Termin erscheint. Es steht übri¬
gens dahin, ob außer einem Generalconsul ein Gesandter zur Vertretung
deutscher Interessen nothwendig erscheint. Sehr zweckmäßig ordnet Art. 4


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0335" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113577"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Der deutsche Handelsvertrag mit China.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1009"> Am 2. September 1861 bat Graf Eulenburg einen Vertrag mit China<lb/>
unterzeichnet, welcher., wenn man von Oestreich und Holstein absieht, als der<lb/>
erste deytsche Handelsvertrag betrachtet werden darf; denn der preußische Ge.<lb/>
sandte bat nicht nur für Preußen und die Zollvereinsstaaten, sondern auch<lb/>
für dje Hansestädte und beide Mecklenburg abgeschlossen. In Japan war<lb/>
dies bekanntlich nicht gelungen. Yqs complicirte Staatensystem Deutschlands<lb/>
war den dortigen Unterhändler», nicht begreiflich zu machen, sie behaupteten,<lb/>
die Aufzählung so vieler Staaten, welche einen neuen Vertrag mit Japan ma¬<lb/>
chen wallten, wurde die öffentliche Meinung beunruhigen, und deshalb könne<lb/>
nur mit Preußen als dem eigentlichen Vollmachtgeber abgeschlossen werden.<lb/>
Graf Eulenburg konnte begreiflich nicht durch die Weigerung, auf diese Be¬<lb/>
schränkung einzugehen, den ganzen Zweck seiner Mission vereiteln und mußte<lb/>
den Vertrag allein für Preußen unterzeichnen in der Hoffnung, daß derselbe<lb/>
unter günstigern Umständen auf ganz Deutschland ausgedehnt werden könne.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1010"> In China war die Lage vortheilhaft für die Unterhandlung, die Hanse¬<lb/>
aten siud durch ihre Hänser und namentlich durch ihre bedeutende Frachtfahrt<lb/>
so bekannt, daß die Chinesen sie nicht füglich ignoriren konnten, sy kam der<lb/>
Vertrqg. wenn auch nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen für alle<lb/>
deutschen Staaten in Tientsin zu Stande.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1011"> Wir geben nachstehend eine Uebersicht seiner wichtigsten Bestimmungen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1012"> Art. I sichert den beiderseitigen Unterthanen vollen Schutz für Eigenthum<lb/>
und Personen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1013" next="#ID_1014"> Art. 2 gibt dem König von Preußen das siecht, einen diplomatischen<lb/>
Agenten zu beglaubigen, welcher in der Hauptstadt wohnen darf und nach<lb/>
Art. 3 alle Vorrechte und Freiheiten genießen soll, welche das Völkerrecht den<lb/>
Gesandten gewährt. Dies Zugeständnis; wurde von dem preußischen Vertreter<lb/>
beharrlich verlangt, da es England, Frankreich. Rußland und Amerika ge¬<lb/>
wacht war, und nach hartnäckigem Widerstand durchgesetzt; da es aber nicht<lb/>
die Absicht war, sofort einen Gesandten zu senden, so konnte er leicht den<lb/>
Chinesen darin entgegenkommen, durch einen Separatartikel die Beglaubigung<lb/>
eines diplomatischen Vertreters noch für einige Zeit hinauszuschieben, wenn<lb/>
gleich uns fünf Jahre gls ein etwas langer Termin erscheint. Es steht übri¬<lb/>
gens dahin, ob außer einem Generalconsul ein Gesandter zur Vertretung<lb/>
deutscher Interessen nothwendig erscheint.  Sehr zweckmäßig ordnet Art. 4</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0335] Der deutsche Handelsvertrag mit China. Am 2. September 1861 bat Graf Eulenburg einen Vertrag mit China unterzeichnet, welcher., wenn man von Oestreich und Holstein absieht, als der erste deytsche Handelsvertrag betrachtet werden darf; denn der preußische Ge. sandte bat nicht nur für Preußen und die Zollvereinsstaaten, sondern auch für dje Hansestädte und beide Mecklenburg abgeschlossen. In Japan war dies bekanntlich nicht gelungen. Yqs complicirte Staatensystem Deutschlands war den dortigen Unterhändler», nicht begreiflich zu machen, sie behaupteten, die Aufzählung so vieler Staaten, welche einen neuen Vertrag mit Japan ma¬ chen wallten, wurde die öffentliche Meinung beunruhigen, und deshalb könne nur mit Preußen als dem eigentlichen Vollmachtgeber abgeschlossen werden. Graf Eulenburg konnte begreiflich nicht durch die Weigerung, auf diese Be¬ schränkung einzugehen, den ganzen Zweck seiner Mission vereiteln und mußte den Vertrag allein für Preußen unterzeichnen in der Hoffnung, daß derselbe unter günstigern Umständen auf ganz Deutschland ausgedehnt werden könne. In China war die Lage vortheilhaft für die Unterhandlung, die Hanse¬ aten siud durch ihre Hänser und namentlich durch ihre bedeutende Frachtfahrt so bekannt, daß die Chinesen sie nicht füglich ignoriren konnten, sy kam der Vertrqg. wenn auch nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen für alle deutschen Staaten in Tientsin zu Stande. Wir geben nachstehend eine Uebersicht seiner wichtigsten Bestimmungen. Art. I sichert den beiderseitigen Unterthanen vollen Schutz für Eigenthum und Personen. Art. 2 gibt dem König von Preußen das siecht, einen diplomatischen Agenten zu beglaubigen, welcher in der Hauptstadt wohnen darf und nach Art. 3 alle Vorrechte und Freiheiten genießen soll, welche das Völkerrecht den Gesandten gewährt. Dies Zugeständnis; wurde von dem preußischen Vertreter beharrlich verlangt, da es England, Frankreich. Rußland und Amerika ge¬ wacht war, und nach hartnäckigem Widerstand durchgesetzt; da es aber nicht die Absicht war, sofort einen Gesandten zu senden, so konnte er leicht den Chinesen darin entgegenkommen, durch einen Separatartikel die Beglaubigung eines diplomatischen Vertreters noch für einige Zeit hinauszuschieben, wenn gleich uns fünf Jahre gls ein etwas langer Termin erscheint. Es steht übri¬ gens dahin, ob außer einem Generalconsul ein Gesandter zur Vertretung deutscher Interessen nothwendig erscheint. Sehr zweckmäßig ordnet Art. 4

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/335
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/335>, abgerufen am 28.12.2024.