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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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unterirdischer Pilze ab. indem man in solchem Falle die nach jedem glück¬
lichen Funde zuertheilte Belohnung unterläßt. Man dressirt Hunde jeder
Nasse, nur nicht Jagdhunde (angeblich, weil deren angeerbter Instinct sie ver¬
anlaßt, jede Wildfährte einer Trüffelspur vorzuziehen), unter den Schweinen
gibt man solchen den Vorzug, die von einer schon geübten Mutter stammen.
Ein gutes Trüffelschwein dient vom achten Monat bis zum zwölften Jahre,
und bringt einen Preis von bis zu 200 Francs über den Fleischwerth. --
Jede? der Thiere hat eigenthümliche Vorzüge. Der Hund läßt die gefun-
denen Trüffeln unberührt; dafür scharrt er aber nur flachliegende aus. Bei
irgend tiefer gelegenen muß der Trüffeljäger selbst nachhelfen. Dem Rüssel
des Schweins entgeht auch die ellentief liegende Trüffel nicht. Aber das
Motiv seiner Thätigkeit ist der gemeinste Eigennutz. Wenn im Augenblicke
des Auffindens der Trüffel die gespannte Aufmerksamkeit des Herrn auch nur
auf einen Moment erlahmt, dann verschlingt das gierige Thier das köstliche
Gewächs; glücklich ist der Jäger, wenn es ihm gelingt, die Trüffel dem
Schweine dadurch aus dem Rachen zu reißen, daß er ihm das Ende eines
Stockes von der Seite her zwischen die Kinnladen zwängt. Keine Züchtigung
vermag dem Thiere diese Unart abzugewöhnen. Die bcstdresfirten sind so
weit gebracht, daß sie Leim Auffinden einer Trüffel mit der Nase auf den
Fund gedrückt eine sehr kurze Zeit unbeweglich verharren, oder daß sie eine
kaum merkliche Bewegung rückwärts machen. Stößt dann nicht der Trüffel¬
jäger das helfende Thier sofort mit dem Knie zur Seite, um sich der Trüffel
zu bemächtigen, so wird diese verschlungen. Es wird behauptet, daß man
diesen Mißstand dadurch heben könne, daß man dem Schweine einen Metall¬
ring um die Schnauze lege. Die Anwendung dieses Verfahrens ist indeß
durch keinen verläßlichen Zeugen beglaubigt.

Der hohe Ertrag, den eine reiche Trüffclgrube gewährt, hat'schon seit
Anfang des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Versuche der künstlichen Cultur
der Trüffeln veranlaßt. Bis jetzt blieben sie alle ohne befriedigenden Erfolg,
es ist nirgends gelungen. Trüffeln in der Art in künstlich bereitetem Boden
zu erziehen, wie es mit den Champignons in ausgedehntesten Maße geschieht.
Bei Durchsicht der vielen veröffentlichten Recepte von Bodenmischungen und
Cultur drängt sich die Vermuthung auf. daß der Grund des Mißlingens im
Ueberreichthum des verwendeten Composts an Humus und an zu starker Be¬
wässerung bei ungenügender Durchlässigkeit des Untergrunds liege. -- Dagegen
sind oft Trüffelcrnten erzielt worden, wenn man an geeigneten Orten in Parks
oder lichten Wäldern reife Trüffeln oder Stücke von solchen in die Erde ge¬
bracht hatte, und einige Jahre darauf gründliche Nachsuchungen vornahm --
Versuche die freilich für das Gelingen einer Cultur nichts beweisen, denn es
liegt die Möglichkeit nahe, daß an den gewählten Orten überhaupt und schon


unterirdischer Pilze ab. indem man in solchem Falle die nach jedem glück¬
lichen Funde zuertheilte Belohnung unterläßt. Man dressirt Hunde jeder
Nasse, nur nicht Jagdhunde (angeblich, weil deren angeerbter Instinct sie ver¬
anlaßt, jede Wildfährte einer Trüffelspur vorzuziehen), unter den Schweinen
gibt man solchen den Vorzug, die von einer schon geübten Mutter stammen.
Ein gutes Trüffelschwein dient vom achten Monat bis zum zwölften Jahre,
und bringt einen Preis von bis zu 200 Francs über den Fleischwerth. —
Jede? der Thiere hat eigenthümliche Vorzüge. Der Hund läßt die gefun-
denen Trüffeln unberührt; dafür scharrt er aber nur flachliegende aus. Bei
irgend tiefer gelegenen muß der Trüffeljäger selbst nachhelfen. Dem Rüssel
des Schweins entgeht auch die ellentief liegende Trüffel nicht. Aber das
Motiv seiner Thätigkeit ist der gemeinste Eigennutz. Wenn im Augenblicke
des Auffindens der Trüffel die gespannte Aufmerksamkeit des Herrn auch nur
auf einen Moment erlahmt, dann verschlingt das gierige Thier das köstliche
Gewächs; glücklich ist der Jäger, wenn es ihm gelingt, die Trüffel dem
Schweine dadurch aus dem Rachen zu reißen, daß er ihm das Ende eines
Stockes von der Seite her zwischen die Kinnladen zwängt. Keine Züchtigung
vermag dem Thiere diese Unart abzugewöhnen. Die bcstdresfirten sind so
weit gebracht, daß sie Leim Auffinden einer Trüffel mit der Nase auf den
Fund gedrückt eine sehr kurze Zeit unbeweglich verharren, oder daß sie eine
kaum merkliche Bewegung rückwärts machen. Stößt dann nicht der Trüffel¬
jäger das helfende Thier sofort mit dem Knie zur Seite, um sich der Trüffel
zu bemächtigen, so wird diese verschlungen. Es wird behauptet, daß man
diesen Mißstand dadurch heben könne, daß man dem Schweine einen Metall¬
ring um die Schnauze lege. Die Anwendung dieses Verfahrens ist indeß
durch keinen verläßlichen Zeugen beglaubigt.

Der hohe Ertrag, den eine reiche Trüffclgrube gewährt, hat'schon seit
Anfang des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Versuche der künstlichen Cultur
der Trüffeln veranlaßt. Bis jetzt blieben sie alle ohne befriedigenden Erfolg,
es ist nirgends gelungen. Trüffeln in der Art in künstlich bereitetem Boden
zu erziehen, wie es mit den Champignons in ausgedehntesten Maße geschieht.
Bei Durchsicht der vielen veröffentlichten Recepte von Bodenmischungen und
Cultur drängt sich die Vermuthung auf. daß der Grund des Mißlingens im
Ueberreichthum des verwendeten Composts an Humus und an zu starker Be¬
wässerung bei ungenügender Durchlässigkeit des Untergrunds liege. — Dagegen
sind oft Trüffelcrnten erzielt worden, wenn man an geeigneten Orten in Parks
oder lichten Wäldern reife Trüffeln oder Stücke von solchen in die Erde ge¬
bracht hatte, und einige Jahre darauf gründliche Nachsuchungen vornahm —
Versuche die freilich für das Gelingen einer Cultur nichts beweisen, denn es
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[0274] unterirdischer Pilze ab. indem man in solchem Falle die nach jedem glück¬ lichen Funde zuertheilte Belohnung unterläßt. Man dressirt Hunde jeder Nasse, nur nicht Jagdhunde (angeblich, weil deren angeerbter Instinct sie ver¬ anlaßt, jede Wildfährte einer Trüffelspur vorzuziehen), unter den Schweinen gibt man solchen den Vorzug, die von einer schon geübten Mutter stammen. Ein gutes Trüffelschwein dient vom achten Monat bis zum zwölften Jahre, und bringt einen Preis von bis zu 200 Francs über den Fleischwerth. — Jede? der Thiere hat eigenthümliche Vorzüge. Der Hund läßt die gefun- denen Trüffeln unberührt; dafür scharrt er aber nur flachliegende aus. Bei irgend tiefer gelegenen muß der Trüffeljäger selbst nachhelfen. Dem Rüssel des Schweins entgeht auch die ellentief liegende Trüffel nicht. Aber das Motiv seiner Thätigkeit ist der gemeinste Eigennutz. Wenn im Augenblicke des Auffindens der Trüffel die gespannte Aufmerksamkeit des Herrn auch nur auf einen Moment erlahmt, dann verschlingt das gierige Thier das köstliche Gewächs; glücklich ist der Jäger, wenn es ihm gelingt, die Trüffel dem Schweine dadurch aus dem Rachen zu reißen, daß er ihm das Ende eines Stockes von der Seite her zwischen die Kinnladen zwängt. Keine Züchtigung vermag dem Thiere diese Unart abzugewöhnen. Die bcstdresfirten sind so weit gebracht, daß sie Leim Auffinden einer Trüffel mit der Nase auf den Fund gedrückt eine sehr kurze Zeit unbeweglich verharren, oder daß sie eine kaum merkliche Bewegung rückwärts machen. Stößt dann nicht der Trüffel¬ jäger das helfende Thier sofort mit dem Knie zur Seite, um sich der Trüffel zu bemächtigen, so wird diese verschlungen. Es wird behauptet, daß man diesen Mißstand dadurch heben könne, daß man dem Schweine einen Metall¬ ring um die Schnauze lege. Die Anwendung dieses Verfahrens ist indeß durch keinen verläßlichen Zeugen beglaubigt. Der hohe Ertrag, den eine reiche Trüffclgrube gewährt, hat'schon seit Anfang des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Versuche der künstlichen Cultur der Trüffeln veranlaßt. Bis jetzt blieben sie alle ohne befriedigenden Erfolg, es ist nirgends gelungen. Trüffeln in der Art in künstlich bereitetem Boden zu erziehen, wie es mit den Champignons in ausgedehntesten Maße geschieht. Bei Durchsicht der vielen veröffentlichten Recepte von Bodenmischungen und Cultur drängt sich die Vermuthung auf. daß der Grund des Mißlingens im Ueberreichthum des verwendeten Composts an Humus und an zu starker Be¬ wässerung bei ungenügender Durchlässigkeit des Untergrunds liege. — Dagegen sind oft Trüffelcrnten erzielt worden, wenn man an geeigneten Orten in Parks oder lichten Wäldern reife Trüffeln oder Stücke von solchen in die Erde ge¬ bracht hatte, und einige Jahre darauf gründliche Nachsuchungen vornahm — Versuche die freilich für das Gelingen einer Cultur nichts beweisen, denn es liegt die Möglichkeit nahe, daß an den gewählten Orten überhaupt und schon

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/274>, abgerufen am 23.07.2024.