Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.Momente haben auch die Abstammung und Nationalität der Pfahlbaubewohner Für den erfolgreichen Betrieb des Fischfangs, der hier selbstverständlich Grenzboten I. 1862, 29
Momente haben auch die Abstammung und Nationalität der Pfahlbaubewohner Für den erfolgreichen Betrieb des Fischfangs, der hier selbstverständlich Grenzboten I. 1862, 29
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Momente haben auch die Abstammung und Nationalität der Pfahlbaubewohner
mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ergeben. Man bekennt sich allgemein zu der
Ansicht, daß sie nicht eine eigene Kaste und ein besonderes Volk gebildet, son¬
dern als ein Zweig dem großen keltischen Volksstamme zugehört haben, den
die Geschichte und die Denkmäler als die früheste Bevölkerung des Schweizer¬
landes bezeichnen. Mag aber auch diese Ansicht noch zweifelhaft erscheinen,
so erhellt aus denselben Gegenständen und andern Ueberresten des Thier- und
Pflanzenreiches um so bestimmter, daß das Leben und die Beschäftigungen
dieses Volkes nicht allein dem Fischfange und der Jagd, sondern bereits der
Viehzucht und dem Feldbau gewidmet waren.
Für den erfolgreichen Betrieb des Fischfangs, der hier selbstverständlich
ist. bedarf es eigentlich keiner Beweise, doch geben die vielen Skelette ver¬
speister Fische, namentlich die Köpfe ungemein großer Hechte, noch besondere
Belege dafür ab. Für die nicht minder natürliche Beschäftigung mit der Jagd,
welche den Bären, dem Ur und dem Wisent, den Wildschweinen, Hirschen und
Rehen nachstellte, um Fleisch und Mark als Nahrung zu gewinnen, spricht
die kaum übersehbare Menge der Knochen und Geweihe dieser Thiere, welche
zu Geräthschaften verarbeitet und zu industriellen Zwecken benutzt, oder zur
Gewinnung des Markes zerhackt und zersägt überall neben dem Pfahlwerk
aus dem Seeboden heraufgeholt sind. Dagegen lassen andere Thierüberreste
in den Ansiedlern ein Hirtenvolk erkennen, das im Besitze fast aller wichtigen
Hausthiere, des Rindviehs, des Schweins, des Schafes, des Esels, der Ziege,
des Hundes, ja selbst des Pferdes war. „Alle diese Thiere stammen nicht
aus Europa, sondern aus Asien und waren von den Ansiedlern aus ihren
langen Wanderungen vom Oriente her mitgeführt worden." Die Wartung
und Pflege der Hausthiere setzt aber die Kenntniß noch anderer Verrichtungen
voraus, zunächst eine geregelte und fortgesetzte Sorge und Thätigkeit für die
Zukunft. „Diese vielseitigere Thätigkeit macht auch eine Theilung der Arbeit
nothwendig, da diejenigen, welche die Thiere pflegten, sie auf Weideplätze
trieben, vor den wilden Thieren schützten. Gras trockneten und Wintervorräthe
für die verschiedenen Gattungen der Stallthiere anlegten, unmöglich sich mit
der Jagd beschäftigen konnten." Auch der Ackerbau wurde betrieben. Höchst
einfach mochte allerdings die Bearbeitung des Bodens sein und in einem
bloßen Aufreißen desselben mit Hilfe krummer Baumäste bestehen, allein die
damals gezogenen und noch erhaltenen Producte sind von der Art, daß sie
von den besten der Gegenwart nicht übertroffen werden. Die gefundenen
Getreidearten sind vortrefflicher Weizen und Gerste mit zweizeiliger Aehre,
die noch heute im Oriente gebaut wird. schichtenweise haben sich diese
'Feldfrüchte im verkohlten Zustande erhalten, mehr als einen Tester Weizen
hat man in großen, roh geformten Thongefäßen bei einer andern Niederlassung
Grenzboten I. 1862, 29
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