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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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Alle bis jetzt aufgefundene" Ueberreste diesem Secbehausungen zeigen in
ihrer Avlage und Einrichtung eine und dieselbe Beschaffenheit; nur der Ban
im Wauwylersee weicht von den übrigen ab und hat. wie schon erwähnt
wurde, eine ganz besondere Construction. Der im Wasser befindliche Unterbau
besteht regelmäßig überall theils aus ganzen, meist aber aus gespaltenen,
4--8 Zoll dicken Baumstämmen, die sämmtlich am untern Ende durch Anbren¬
nen oder Behalten zugespitzt und senkrecht in den Boden eingeschlagen sind.
Holzarten, die noch jetzt in der Umgegend wachsen, Eichen, Buchen, Tannen,
Birken, auch wilde Birn- und Aepfelbäume lieferten das Material. Das An¬
brennen hatte weniger den Zweck, die Pfähle vor Fäulniß zu bewahren, son¬
dern das Zuspitzen zu erleichtern, ein Geschäft, wozu in der frühesten Zeit
gewiß nur unvollkommene Werkzeuge vorhanden waren. So sind bei Meilen
"fünf gut erhaltene Spitzen von Pfählen aus Tannenholz von Zimmerleuten
und Schreinern untersucht worden, nud ihr einstimmiges Urtheil ging dahin,
daß bei den behauenen oder vielmehr bedankten Pfählen die Beschaffenheit der
Hiebe ganz bestimmt auf die Anwendung von Steinbeilen hindeute, daß keine
metallenen Geräthschaften, keinerlei ordentliches Zimmermannsgeschirr bei dieser
Arbeit gebraucht worden sei." Doch hat man dort später auch solche gefun¬
den, welche, wie die Hiebe aufs Deutlichste beweisen, mit scharf geschliffenen
Bronzebeilen gespitzt und zugerichtet worden sind.

Die Pfähle stehen aufrecht da, obwohl abgebrochen und meist vollständig
im Schlamm und Moor begraben. Die ursprüngliche Anordnung derselben,
die Reihenfolge und der Abstand der einzelnen von einander läßt sich nicht
mehr genau ermitteln; vielfache Zerstörung hat hier eingewirkt. Nur so viel
läßt sich sagen, daß ihre Reihen parallel mit dem Ufer und in ziemlich ge¬
raden Linien sowohl dem See entlang als seeeinwärts laufen und an dem
einen Orte gedrängter als an dem andern stehen. Zwischen den senkrechten
Pfählen kommen auch horizontal gelegte Balken vor. die nicht etwa durch
Zufall umgestürzt, sondern absichtlich so in den Boden eingesenkt, in dieser
Lage verblieben sind. "Diese Art Pfähle, von denen einige zwischen senk-
rechten eingeklemmt sind und unter rechten Winkeln an einander stoßen, liegen
im Allgemeinen kreuz und quer durcheinander und lassen noch viel weniger
als die senkrechten eine regelmäßige Bertheilung erkennen."

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die senkrechten Pfähle ursprünglich aus
dem Wasser als Säulen und Stützen hervorragten und in angemessener Höhe
über der Seefläche einen aus Balken und Bohlen gezimmerten Boden trugen,
besetzt mit Wohnungen für Menschen, vielleicht auch mit andern für Viehzucht
und Feldbau nöthigen Räumen und Gebäuden. Die äußerste dem See zuge¬
kehrte Psahlrcihe war, wie dies bei einigen Bauten sicher ermittelt ist. mit
Zweigen dicht durchflochten, um dem Andrang und Aufspritzen der Wellen


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Alle bis jetzt aufgefundene» Ueberreste diesem Secbehausungen zeigen in
ihrer Avlage und Einrichtung eine und dieselbe Beschaffenheit; nur der Ban
im Wauwylersee weicht von den übrigen ab und hat. wie schon erwähnt
wurde, eine ganz besondere Construction. Der im Wasser befindliche Unterbau
besteht regelmäßig überall theils aus ganzen, meist aber aus gespaltenen,
4—8 Zoll dicken Baumstämmen, die sämmtlich am untern Ende durch Anbren¬
nen oder Behalten zugespitzt und senkrecht in den Boden eingeschlagen sind.
Holzarten, die noch jetzt in der Umgegend wachsen, Eichen, Buchen, Tannen,
Birken, auch wilde Birn- und Aepfelbäume lieferten das Material. Das An¬
brennen hatte weniger den Zweck, die Pfähle vor Fäulniß zu bewahren, son¬
dern das Zuspitzen zu erleichtern, ein Geschäft, wozu in der frühesten Zeit
gewiß nur unvollkommene Werkzeuge vorhanden waren. So sind bei Meilen
„fünf gut erhaltene Spitzen von Pfählen aus Tannenholz von Zimmerleuten
und Schreinern untersucht worden, nud ihr einstimmiges Urtheil ging dahin,
daß bei den behauenen oder vielmehr bedankten Pfählen die Beschaffenheit der
Hiebe ganz bestimmt auf die Anwendung von Steinbeilen hindeute, daß keine
metallenen Geräthschaften, keinerlei ordentliches Zimmermannsgeschirr bei dieser
Arbeit gebraucht worden sei." Doch hat man dort später auch solche gefun¬
den, welche, wie die Hiebe aufs Deutlichste beweisen, mit scharf geschliffenen
Bronzebeilen gespitzt und zugerichtet worden sind.

Die Pfähle stehen aufrecht da, obwohl abgebrochen und meist vollständig
im Schlamm und Moor begraben. Die ursprüngliche Anordnung derselben,
die Reihenfolge und der Abstand der einzelnen von einander läßt sich nicht
mehr genau ermitteln; vielfache Zerstörung hat hier eingewirkt. Nur so viel
läßt sich sagen, daß ihre Reihen parallel mit dem Ufer und in ziemlich ge¬
raden Linien sowohl dem See entlang als seeeinwärts laufen und an dem
einen Orte gedrängter als an dem andern stehen. Zwischen den senkrechten
Pfählen kommen auch horizontal gelegte Balken vor. die nicht etwa durch
Zufall umgestürzt, sondern absichtlich so in den Boden eingesenkt, in dieser
Lage verblieben sind. „Diese Art Pfähle, von denen einige zwischen senk-
rechten eingeklemmt sind und unter rechten Winkeln an einander stoßen, liegen
im Allgemeinen kreuz und quer durcheinander und lassen noch viel weniger
als die senkrechten eine regelmäßige Bertheilung erkennen."

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die senkrechten Pfähle ursprünglich aus
dem Wasser als Säulen und Stützen hervorragten und in angemessener Höhe
über der Seefläche einen aus Balken und Bohlen gezimmerten Boden trugen,
besetzt mit Wohnungen für Menschen, vielleicht auch mit andern für Viehzucht
und Feldbau nöthigen Räumen und Gebäuden. Die äußerste dem See zuge¬
kehrte Psahlrcihe war, wie dies bei einigen Bauten sicher ermittelt ist. mit
Zweigen dicht durchflochten, um dem Andrang und Aufspritzen der Wellen


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[0227] Alle bis jetzt aufgefundene» Ueberreste diesem Secbehausungen zeigen in ihrer Avlage und Einrichtung eine und dieselbe Beschaffenheit; nur der Ban im Wauwylersee weicht von den übrigen ab und hat. wie schon erwähnt wurde, eine ganz besondere Construction. Der im Wasser befindliche Unterbau besteht regelmäßig überall theils aus ganzen, meist aber aus gespaltenen, 4—8 Zoll dicken Baumstämmen, die sämmtlich am untern Ende durch Anbren¬ nen oder Behalten zugespitzt und senkrecht in den Boden eingeschlagen sind. Holzarten, die noch jetzt in der Umgegend wachsen, Eichen, Buchen, Tannen, Birken, auch wilde Birn- und Aepfelbäume lieferten das Material. Das An¬ brennen hatte weniger den Zweck, die Pfähle vor Fäulniß zu bewahren, son¬ dern das Zuspitzen zu erleichtern, ein Geschäft, wozu in der frühesten Zeit gewiß nur unvollkommene Werkzeuge vorhanden waren. So sind bei Meilen „fünf gut erhaltene Spitzen von Pfählen aus Tannenholz von Zimmerleuten und Schreinern untersucht worden, nud ihr einstimmiges Urtheil ging dahin, daß bei den behauenen oder vielmehr bedankten Pfählen die Beschaffenheit der Hiebe ganz bestimmt auf die Anwendung von Steinbeilen hindeute, daß keine metallenen Geräthschaften, keinerlei ordentliches Zimmermannsgeschirr bei dieser Arbeit gebraucht worden sei." Doch hat man dort später auch solche gefun¬ den, welche, wie die Hiebe aufs Deutlichste beweisen, mit scharf geschliffenen Bronzebeilen gespitzt und zugerichtet worden sind. Die Pfähle stehen aufrecht da, obwohl abgebrochen und meist vollständig im Schlamm und Moor begraben. Die ursprüngliche Anordnung derselben, die Reihenfolge und der Abstand der einzelnen von einander läßt sich nicht mehr genau ermitteln; vielfache Zerstörung hat hier eingewirkt. Nur so viel läßt sich sagen, daß ihre Reihen parallel mit dem Ufer und in ziemlich ge¬ raden Linien sowohl dem See entlang als seeeinwärts laufen und an dem einen Orte gedrängter als an dem andern stehen. Zwischen den senkrechten Pfählen kommen auch horizontal gelegte Balken vor. die nicht etwa durch Zufall umgestürzt, sondern absichtlich so in den Boden eingesenkt, in dieser Lage verblieben sind. „Diese Art Pfähle, von denen einige zwischen senk- rechten eingeklemmt sind und unter rechten Winkeln an einander stoßen, liegen im Allgemeinen kreuz und quer durcheinander und lassen noch viel weniger als die senkrechten eine regelmäßige Bertheilung erkennen." Es unterliegt keinem Zweifel, daß die senkrechten Pfähle ursprünglich aus dem Wasser als Säulen und Stützen hervorragten und in angemessener Höhe über der Seefläche einen aus Balken und Bohlen gezimmerten Boden trugen, besetzt mit Wohnungen für Menschen, vielleicht auch mit andern für Viehzucht und Feldbau nöthigen Räumen und Gebäuden. Die äußerste dem See zuge¬ kehrte Psahlrcihe war, wie dies bei einigen Bauten sicher ermittelt ist. mit Zweigen dicht durchflochten, um dem Andrang und Aufspritzen der Wellen 28*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/227>, abgerufen am 28.12.2024.