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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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nebenher -- so läßt sich die beabsichtigte Besetzung von Matamoras deuten --
die Erlangung von Baumwolle für seine Fabriken. Indeß würde letzterer
Zweck nur in sehr mäßigem Grad erreicht werden, da Texas verhältnißmäßig
nur wenig Baumwolle und nicht die beste erzeugt und das Product der wei¬
ter östlich gelegnen Staaten durch den Landtransport über Hunderte von
Meilen ohne Eisenbahnen bis in das mexicanische Matamoras außerordent¬
lich vertheuert werden würde. Um so größer aber scheint das indirecte In¬
teresse Englands an der Sache zu sein.

Es leidet kaum einen Zweifel, daß für die beiden Alliirten Großbritan¬
niens die öffentlich ausgesprochnen Absichten ihrer Intervention nicht die ein¬
zigen sind. Spanien, weiches im Vordertreffen steht, handelt nach unsrer
Auffassung der Sachlage, wie früher in Cochinchina und dann in Marokko, so
jetzt in Mexico als Vasall Frankreichs, und zwar diente es hier wie dort
stillen, aber umfassenden Plänen des Kaisers Napoleon gegen die Seeherr¬
schaft Englands, die durch eine Verbindung der Seemächte zweiten Ranges
zu brechen beabsichtigt wird. Frankreich hat in den letzten Jahren rings um
das Mittelmeer Einfluß gewonnen. Es hält Italien in seiner Hand, hat in
Griechenland eine starke Partei, in Albanien und Montenegro dienstbe¬
reite Freunde, ist in Aegupteu, wie der Suezsanal zeigt, wohlangesehen,
mächtig in Tunisz, als oberste Schutzmacht geehrt unter allen römischen
Katholiken der Levante. Es besitzt Algerien, gewann sich durch die Expedi¬
tion nach dem Libanon die Maroniten zu Clienten, intriguirte mit Glück an
der abyssinischen Küste des rothen Meeres und erwarb sich in dem neuen
König von Madagaskar einen schätzbaren Bundesgenossen. Unerwünscht trat
es in China als ebenbürtige Macht neben England auf, sicher gegen Eng¬
lands Wunsch eroberte es sich mit Spanien in Snigun eine neue ostasiatische
Position, abermals gegen Englands Interesse schürte es in Madrid die Nei¬
gung zum Krieg mit Marokko, der seinem Vasallen und damit indirect ihm
selbst ein zwar nickt großes, aber durch seine Lage Gibraltar gegenüber
werthvolles Gebiet einbrachte. Ganz in der Stille machte es verschiedene
Eroberungen in Südwestafrika und versuchte über die Oasenstraße eine Ver¬
bindung zwischen seinen dortigen Besitzungen und seiner großen Colonie im
Norden des Welttheils herzustellen. Endlich trat das nordamerikanische Zer-
würfniß ein, und sofort erhob sich der Verdacht. Frankreich werde dasselbe
gegen England ausnutzen und namentlich Gelegenheit suchen, sich einen" Theil
von dessen Einfluß in Mexico und Centralamerika zu gewinnen. Es wäre
nicht ganz unmöglich, daß es diese Gelegenheit jetzt gekommen glaubte, daß
es entweder direct oder indirect durch Spanien hier sogar Eroberungen er¬
strebte.

Sehen wir ab von dieser Möglichkeit und nehmen wir an. daß es den


nebenher — so läßt sich die beabsichtigte Besetzung von Matamoras deuten —
die Erlangung von Baumwolle für seine Fabriken. Indeß würde letzterer
Zweck nur in sehr mäßigem Grad erreicht werden, da Texas verhältnißmäßig
nur wenig Baumwolle und nicht die beste erzeugt und das Product der wei¬
ter östlich gelegnen Staaten durch den Landtransport über Hunderte von
Meilen ohne Eisenbahnen bis in das mexicanische Matamoras außerordent¬
lich vertheuert werden würde. Um so größer aber scheint das indirecte In¬
teresse Englands an der Sache zu sein.

Es leidet kaum einen Zweifel, daß für die beiden Alliirten Großbritan¬
niens die öffentlich ausgesprochnen Absichten ihrer Intervention nicht die ein¬
zigen sind. Spanien, weiches im Vordertreffen steht, handelt nach unsrer
Auffassung der Sachlage, wie früher in Cochinchina und dann in Marokko, so
jetzt in Mexico als Vasall Frankreichs, und zwar diente es hier wie dort
stillen, aber umfassenden Plänen des Kaisers Napoleon gegen die Seeherr¬
schaft Englands, die durch eine Verbindung der Seemächte zweiten Ranges
zu brechen beabsichtigt wird. Frankreich hat in den letzten Jahren rings um
das Mittelmeer Einfluß gewonnen. Es hält Italien in seiner Hand, hat in
Griechenland eine starke Partei, in Albanien und Montenegro dienstbe¬
reite Freunde, ist in Aegupteu, wie der Suezsanal zeigt, wohlangesehen,
mächtig in Tunisz, als oberste Schutzmacht geehrt unter allen römischen
Katholiken der Levante. Es besitzt Algerien, gewann sich durch die Expedi¬
tion nach dem Libanon die Maroniten zu Clienten, intriguirte mit Glück an
der abyssinischen Küste des rothen Meeres und erwarb sich in dem neuen
König von Madagaskar einen schätzbaren Bundesgenossen. Unerwünscht trat
es in China als ebenbürtige Macht neben England auf, sicher gegen Eng¬
lands Wunsch eroberte es sich mit Spanien in Snigun eine neue ostasiatische
Position, abermals gegen Englands Interesse schürte es in Madrid die Nei¬
gung zum Krieg mit Marokko, der seinem Vasallen und damit indirect ihm
selbst ein zwar nickt großes, aber durch seine Lage Gibraltar gegenüber
werthvolles Gebiet einbrachte. Ganz in der Stille machte es verschiedene
Eroberungen in Südwestafrika und versuchte über die Oasenstraße eine Ver¬
bindung zwischen seinen dortigen Besitzungen und seiner großen Colonie im
Norden des Welttheils herzustellen. Endlich trat das nordamerikanische Zer-
würfniß ein, und sofort erhob sich der Verdacht. Frankreich werde dasselbe
gegen England ausnutzen und namentlich Gelegenheit suchen, sich einen« Theil
von dessen Einfluß in Mexico und Centralamerika zu gewinnen. Es wäre
nicht ganz unmöglich, daß es diese Gelegenheit jetzt gekommen glaubte, daß
es entweder direct oder indirect durch Spanien hier sogar Eroberungen er¬
strebte.

Sehen wir ab von dieser Möglichkeit und nehmen wir an. daß es den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/212>, abgerufen am 28.12.2024.