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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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sogar von den Hauptleuten wurden einzelne später fortgejagt, weil sie
sich als Barbaren herausgestellt hatten. Dem Hauptmann Episthenes rühmt
er nach, daß er nur schöne Leute angeworben habe. Eine besondere Eigen¬
thümlichkeit det Söldnerheere war es. daß in ihnen, wie bei den Bür-
gerwilizen die Stamme, so hier die Landsleute. Verwandte, Freunde und
Nachbarn zusammenhielten und besondere Heeresabtheilungen bildeten, wodurch
wohl die gegenseitige Aufmunterung und der Zusammenhalt befördert, aber
schwerlich für die Disciplin ein Nutzen gestiftet wurde. Was den Sold an¬
langt, so zahlte der persische Prinz nicht mehr, als damals und auch später
in Griechenland selbst üblich gewesen zu sein scheint, nämlich manatlich einen
Dariusd'or 5 Thlr. dem Gemeinen. 10 Thlr. dem Hauptmann. 20 Thlr.
dem General. Die Hälfte dieser Summe galt, wie in Griechenland, als
Verpflegungsgeld, weil sich der Soldat seine Lebensmittel selbst kaufen mußte.
Durch diesen Umstand litten die Soldaten zuweilen große Einbuße; in Lydien
z. B. fand das griechische Heer so hohe Getreidepreise, daß der Mann täg¬
lich siebenmal 'mehr für Brod hätte ausgeben müssen, als er Eisatz dafür
l^kam. während ihm in Athen zu derselben Zeit seine Ration 3--ö Pfennige
gekostet Hütte. Als Cyrus endlich seine" eigentlichen Plan dem Heere nicht
mehr verheimlichen konnte. versprach er ana> den Soldaten Erhöhung des
Soldes um die Hälfte. Ein Handgeld beim Anwerben wird zwar nicht er¬
wähnt; es scheint aber, als habe die Vorauszahlung eines Theils vom Lohn
dafür gegolten, wenn in dem von Menander entlehnten "bramarbasirenden
Soldaten" des Plautus der Söldnerhauptmann sagt'


"Mich dünkt, nun ist die Stunde da, zum Markt zu gehn,
Daß den Recruten, die ich gestern einrollirt,
Ich die bedungne Löhnung nun auszahlen kann.
König Seleukus dringt in mich mit Freundlichkeit,
Daß ich Recruten ihm werben und bedingen soll."

Die Beschaffung des Solds, als des Hauptnervs für d,e Thätigkeit der Lanz-
knechte aller Zeiten, machte den griechischen Heerführern oft ebenso viel Mühe
und Sorge als den italienischen und deutschen Condottieri des 15., 16. und
17. Jahrhunderts. Wenn Jphikrates seinen Kriegern den Lohn nicht zahlen
konnte, führte er sie in öde Gegenden, damit sie so wenig als möglich ver¬
zehrten; hatte er aber Ueberfluß an Geld, so brachte er sie in Städte, wo
sie leicht und schnell ihren Verdienst los werden konnten, damit sie dann gern
wieder an neue Unternehmungen gingen. Auch pflegte er den vierten Theil
des Soldes inne zu behalten, um sich vor Desertion zu schützen. Als einst
bei Geldmangel seine Soldaten in Aufruhr waren, ließ er Männer, als
Perser verkleidet, in die Versammlung treten und melden, daß sie voraus¬
geschickt wären, um die Ankunft eines persischen Goldtransportes anzuzeigen.


sogar von den Hauptleuten wurden einzelne später fortgejagt, weil sie
sich als Barbaren herausgestellt hatten. Dem Hauptmann Episthenes rühmt
er nach, daß er nur schöne Leute angeworben habe. Eine besondere Eigen¬
thümlichkeit det Söldnerheere war es. daß in ihnen, wie bei den Bür-
gerwilizen die Stamme, so hier die Landsleute. Verwandte, Freunde und
Nachbarn zusammenhielten und besondere Heeresabtheilungen bildeten, wodurch
wohl die gegenseitige Aufmunterung und der Zusammenhalt befördert, aber
schwerlich für die Disciplin ein Nutzen gestiftet wurde. Was den Sold an¬
langt, so zahlte der persische Prinz nicht mehr, als damals und auch später
in Griechenland selbst üblich gewesen zu sein scheint, nämlich manatlich einen
Dariusd'or 5 Thlr. dem Gemeinen. 10 Thlr. dem Hauptmann. 20 Thlr.
dem General. Die Hälfte dieser Summe galt, wie in Griechenland, als
Verpflegungsgeld, weil sich der Soldat seine Lebensmittel selbst kaufen mußte.
Durch diesen Umstand litten die Soldaten zuweilen große Einbuße; in Lydien
z. B. fand das griechische Heer so hohe Getreidepreise, daß der Mann täg¬
lich siebenmal 'mehr für Brod hätte ausgeben müssen, als er Eisatz dafür
l^kam. während ihm in Athen zu derselben Zeit seine Ration 3—ö Pfennige
gekostet Hütte. Als Cyrus endlich seine» eigentlichen Plan dem Heere nicht
mehr verheimlichen konnte. versprach er ana> den Soldaten Erhöhung des
Soldes um die Hälfte. Ein Handgeld beim Anwerben wird zwar nicht er¬
wähnt; es scheint aber, als habe die Vorauszahlung eines Theils vom Lohn
dafür gegolten, wenn in dem von Menander entlehnten „bramarbasirenden
Soldaten" des Plautus der Söldnerhauptmann sagt'


„Mich dünkt, nun ist die Stunde da, zum Markt zu gehn,
Daß den Recruten, die ich gestern einrollirt,
Ich die bedungne Löhnung nun auszahlen kann.
König Seleukus dringt in mich mit Freundlichkeit,
Daß ich Recruten ihm werben und bedingen soll."

Die Beschaffung des Solds, als des Hauptnervs für d,e Thätigkeit der Lanz-
knechte aller Zeiten, machte den griechischen Heerführern oft ebenso viel Mühe
und Sorge als den italienischen und deutschen Condottieri des 15., 16. und
17. Jahrhunderts. Wenn Jphikrates seinen Kriegern den Lohn nicht zahlen
konnte, führte er sie in öde Gegenden, damit sie so wenig als möglich ver¬
zehrten; hatte er aber Ueberfluß an Geld, so brachte er sie in Städte, wo
sie leicht und schnell ihren Verdienst los werden konnten, damit sie dann gern
wieder an neue Unternehmungen gingen. Auch pflegte er den vierten Theil
des Soldes inne zu behalten, um sich vor Desertion zu schützen. Als einst
bei Geldmangel seine Soldaten in Aufruhr waren, ließ er Männer, als
Perser verkleidet, in die Versammlung treten und melden, daß sie voraus¬
geschickt wären, um die Ankunft eines persischen Goldtransportes anzuzeigen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/110>, abgerufen am 23.07.2024.