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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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genau an. Dieses muß sein, denn es ist nicht genug, daß Euer Regiment
gut marschirt, nein, alle Regimenter müssen einen egaler Marsch haben, denn
wenn dieses nicht ist. so kann keine Linie egal marschiren. Dieses muß Er
auch TaueGien sagen, van sehe Er einmal, wenn man gegen den Feind
langsam marschiren wollte, so würde man von seinen Kanonen gar zu sehr
leiden, da man in einer Minute fünfzehn Mal schießt; und nun noch.dazu,
wenn eine zwölfpsündige Kanone mit Kartätschen geladen ist. riskirt man. daß.
wenn man langsam marschirt, man seine braven Offiziers und seine Soldaten mei¬
stens aufopfert, und zuletzt wird die Anhöhe gar nicht genommen. Wenn ich
aber 75 Schritte in einer Minute marschire, so lege ich in einer Viertelstunde
beinahe eine halbe Meile zurück. Ich leide freilich viel von den feindlichen
Kanonen, aber lange nicht so viel, als wenn ich langsam marschire, denn im
letzten Kriege hat man angefangen, die Kanonen sehr zu gebrauchen."

Der König führt hierauf mit seinem Bataillon eine etwas schwierige Be¬
wegung aus: er läßt dieses in schräger Linie über einen Sturzäcker marschi¬
ren. Ein solches Manöver gehört für die Betreffenden auf einem so holprigen
Boden, wobei, außer dem unvermeidlichen Stolpern, der in schräger Richtung
maschirende Mann seinem Vordermann hie und da etwas unsanft auf den Fuß,
der wol gar mit einem empfindlichen Hühnerauge oder einem Frostballen be¬
haftet ist. tritt, oder ihm von seinem Hintermann ein Gleiches passirt, nicht zu
den Annehmlichkeiten. Auch diese Generalprobe besteht das wohlgeschulte Ba¬
taillon. Der königliche Commandeur wendet sich mit etwas sarkastischer Miene
an den Lieutenant v. Strachwitz, der die Promenade über den tiefgefurchten
Sturzäcker zu Fuße hatte machen müssen, und eben etwas verschmauste:


"Sage Er doch Tauentzien, er ließe viel zu viel auf Wiesen und in gerader
Fronte maschiren. Dadurch würden nur die Leute verwöhnt. Von einem
schlechten Terrain ließe sich wol später auf einem jeden andern maschiren,
aber nicht umgekehrt von einem guten auf einem schlechter"."

Später wurden auch felddienstliche Uebungen vorgenommen, wobei der
König das Plänkeln anwies, das damals noch in seiner Kindheit war, des¬
sen Werth aber der König wohl kannte. Er ließ dieses bekanntlich erst nach
dem amerikanischen Kriege, wo man es von Riffelmännern besser gelernt hatte,
mehr und mehr bei der Armee einführen, indem er deutsche Offiziere in seine
Dienste nahm, die jenen Krieg mitgemacht hatten. Auch der Sicherheitsdienst
wurde fleißig geübt.

Gegen das Ende der Uebungen sagte der König gelegentlich unter An-
derm zum Oberstlieutenant Ellert:


..Er wird finden, daß ich täglich was mache, was die Offiziers im Kriege
zu thun haben, und das ist höchst nöthig, der alte Offizier vergißt es sonst,
und der junge lernt nichts und weiß dann nicht, wie er sich verhalten soll.

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genau an. Dieses muß sein, denn es ist nicht genug, daß Euer Regiment
gut marschirt, nein, alle Regimenter müssen einen egaler Marsch haben, denn
wenn dieses nicht ist. so kann keine Linie egal marschiren. Dieses muß Er
auch TaueGien sagen, van sehe Er einmal, wenn man gegen den Feind
langsam marschiren wollte, so würde man von seinen Kanonen gar zu sehr
leiden, da man in einer Minute fünfzehn Mal schießt; und nun noch.dazu,
wenn eine zwölfpsündige Kanone mit Kartätschen geladen ist. riskirt man. daß.
wenn man langsam marschirt, man seine braven Offiziers und seine Soldaten mei¬
stens aufopfert, und zuletzt wird die Anhöhe gar nicht genommen. Wenn ich
aber 75 Schritte in einer Minute marschire, so lege ich in einer Viertelstunde
beinahe eine halbe Meile zurück. Ich leide freilich viel von den feindlichen
Kanonen, aber lange nicht so viel, als wenn ich langsam marschire, denn im
letzten Kriege hat man angefangen, die Kanonen sehr zu gebrauchen."

Der König führt hierauf mit seinem Bataillon eine etwas schwierige Be¬
wegung aus: er läßt dieses in schräger Linie über einen Sturzäcker marschi¬
ren. Ein solches Manöver gehört für die Betreffenden auf einem so holprigen
Boden, wobei, außer dem unvermeidlichen Stolpern, der in schräger Richtung
maschirende Mann seinem Vordermann hie und da etwas unsanft auf den Fuß,
der wol gar mit einem empfindlichen Hühnerauge oder einem Frostballen be¬
haftet ist. tritt, oder ihm von seinem Hintermann ein Gleiches passirt, nicht zu
den Annehmlichkeiten. Auch diese Generalprobe besteht das wohlgeschulte Ba¬
taillon. Der königliche Commandeur wendet sich mit etwas sarkastischer Miene
an den Lieutenant v. Strachwitz, der die Promenade über den tiefgefurchten
Sturzäcker zu Fuße hatte machen müssen, und eben etwas verschmauste:


„Sage Er doch Tauentzien, er ließe viel zu viel auf Wiesen und in gerader
Fronte maschiren. Dadurch würden nur die Leute verwöhnt. Von einem
schlechten Terrain ließe sich wol später auf einem jeden andern maschiren,
aber nicht umgekehrt von einem guten auf einem schlechter«."

Später wurden auch felddienstliche Uebungen vorgenommen, wobei der
König das Plänkeln anwies, das damals noch in seiner Kindheit war, des¬
sen Werth aber der König wohl kannte. Er ließ dieses bekanntlich erst nach
dem amerikanischen Kriege, wo man es von Riffelmännern besser gelernt hatte,
mehr und mehr bei der Armee einführen, indem er deutsche Offiziere in seine
Dienste nahm, die jenen Krieg mitgemacht hatten. Auch der Sicherheitsdienst
wurde fleißig geübt.

Gegen das Ende der Uebungen sagte der König gelegentlich unter An-
derm zum Oberstlieutenant Ellert:


..Er wird finden, daß ich täglich was mache, was die Offiziers im Kriege
zu thun haben, und das ist höchst nöthig, der alte Offizier vergißt es sonst,
und der junge lernt nichts und weiß dann nicht, wie er sich verhalten soll.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/77>, abgerufen am 28.12.2024.