Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.der Göttin Kali und deren Kampf gegen ein riesenhaftes Ungeheuer, aus dessen Die Thugs zogen ihre Kinder förmlich zu ihrem Gewerbe auf, welches Die Göttin hatte aber nur Macht über die Einheimischen. Sie strafte Grenzbvtm IV. 1S61. 5V
der Göttin Kali und deren Kampf gegen ein riesenhaftes Ungeheuer, aus dessen Die Thugs zogen ihre Kinder förmlich zu ihrem Gewerbe auf, welches Die Göttin hatte aber nur Macht über die Einheimischen. Sie strafte Grenzbvtm IV. 1S61. 5V
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der Göttin Kali und deren Kampf gegen ein riesenhaftes Ungeheuer, aus dessen
Blut wieder Dämonen entstanden, in Verbindung. Wirklich war auch ihre
„königliche Profession" so alt, daß ein Thug sich einst rühmte, sie sei von
seinen Vätern schon zwanzig Generationen hindurch ausgeübt worden. Die
Thugs bildeten eine Brüderschaft, die sich durch verschiedene Ceremonien,
namentlich durch den Genuß einer Art Rohzucker verbunden hielt, und deren
Cultus in der Erdrosselung von Reisenden bestand. Sie wußten sich, um ihre
Mordthaten selbst in stark bevölkerten Gegenden auszuführen, wie die voll¬
endetsten Schauspieler in den verschiedensten Verkleidungen sicher zu bewegen.
Mit größter Schlauheit suchten sie sich ihre Opfer aus, und mit kluger Be¬
rechnung machten sie sich vorzüglich an solche, deren Ermordung nicht leicht
Aufsehen erregte, an Soldaten, die, aus ihrer Truppe entlassen, 'nach ihrer
entfernten Heimath zurückkehrten, an Steuereinnehmer mit gefüllter Kasse, bei
denen man an eine Entweichung zum Zweck der Veruntreuung denken konnte.
U. d. in. Ihr Scharfblick für gute Mordplätze war so geübt, wie der des
Jägers für die Wechsel des Wildes. Sie waren größtenteils in Dörfern an¬
sässig, wo sie mitunter Oekonomie im Großen trieben und viele Arbeiter be¬
schäftigten. Oft wußten die Dorfobrigkeiten um ihr eigentliches Gewerbe, aber
da sie Vortheil von dem Raube zogen, den die Mörder heimbrachten, so
schwiegen sie dazu; auch hütete sich jeder Thug, die Nachbarschaft seiner Hei¬
math zum Schauplatz seiner Thaten zu machen.
Die Thugs zogen ihre Kinder förmlich zu ihrem Gewerbe auf, welches
ihrer Göttin so wohl gefiel, daß sie ihr Behagen durch allerlei Zeichen und
Winke kund gab. Letztere wurden von den Verehrern derselben sorgfältig be¬
obachtet, und war das Omen günstig, so wurde ein Mordzug nicht bloß zur
religiösen Pflicht, sondern zum angenehmen Geschäft, das man als willen¬
loses Werkzeug der Gottheit ausführte, ohne Entdeckung fürchten zu müssen.
Die Göttin hatte aber nur Macht über die Einheimischen. Sie strafte
jeden derselben, welcher ihren Verehrern das Handwerk zu legen suchte, den
Radschah von Jhaloue. den Madhajee Seindiah und viele Nadschputenhäupt-
linge. Aber an der ostindischen Compagnie fand sie ihren Meister. Bis 1829
geschah nur wenig gegen das Unwesen der Thugs, die ganz Indien mit
Furcht vor ihren Schlingen erfüllten. Da trat Lord Bentinck gegen die Secte
auf, und seine ebenso energischen als umsichtigen Mahregeln waren bald von
den glänzendsten Erfolgen gekrönt. Das Hauptverdienst erwarben sich hierbei
S'le'cuan und seine Gefährten. Dieselben ließen sich von bestochnen Mit¬
gliedern der Bruderschaft in alle Geheimnisse des Gewerbes einweihen, und
so bedürfte es nur weniger Monate, um zahlreiche Banden aufzuheben. Mit
den Gefangenen wurde von der britischen Behörde kurzer Proceß gemacht.
Die meisten endeten am Galgen. Auch die. welche in die unabhängigen Nach-
Grenzbvtm IV. 1S61. 5V
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