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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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vorhanden, und zwar ist es die Thatsache, daß vor dem Roland unter freiem
Himmel, auf dem Markt Gericht gehalten zu werden pflegte. Wir haben
zahlreiche Nachrichten, daß vor ihnen Blutgerichte gehegt. Todesurtheile ge¬
fällt, ja mitunter selbst Hinrichtungen- vollzogen wurden, daß vor ihnen Ur¬
fehde geschworen. Verbrecher an den Pranger gestellt. Jahrmarktsstreitigkeiten
geschlichtet, Versteigerungen vorgenommen und wegen Mangel am Gewicht,
polizeilich confiscirte Brote öffentlich verkauft wurden. Bei den mittelalterlichen
Gerichten wurde ein Pfahl oder Baum aufgestellt,, an dem ein Schild un-d.
ein Schwert als Wahrzeichen der in Thätigkeit getretenen richterlichen-Auto¬
rität aufgehangen waren. An die Stelle dieses nackten Pfahles, trat, später
in vielen Orten ein Bild, dem das Schwert in die Rechte, und der! Schild
in die Linke gegeben, wurden, welches aber nicht als Zeichen des erwachten
Kunstsinns, sondern, wie- zu zeigen, fein wird., als, Bild einer, best-lauten
Person zu betrachten ist. Die Rolande waren zunächst, Gerichts"! oder Blut¬
säulen, d. h. Zeichen der Gerichtsbarkeit über Hals und Hand., woraus in¬
deß noch nicht folgt, daß die Gerichtsbarkeit,, deren Zeichen sie waitzn,,, ip-)
dem betreffenden Orte der Stadtbehörde zustand. sondern nur,, daß, in dem
Orte ein Blutgericht gehalten werden konnte.

Dieselbe Thatsache, die uns nöthigt, den Roland als Gerichtssäule an¬
zuerkennen, nämlich seine Aufstellung auf dem Marktplatz , läßt, uns, auch eine/
zweite Beziehung des Bildes, die zu dem Marktrechte erkennen", welches, nach
mittelalterlicher Vorstellung einer Stadt nie fehlen durfte und außerdem vielen
Ortschaften durch kaiserliche Privilegien verliehen wurde. Diese Beziehung
kann neben der vorigen nicht bloß sehr wohl bestehen, sondern die Verleihung
des Mnrktrechts an einen Ort wurde sogar häufig Veranlassung, dem, be¬
treffenden Orte oder dessen Herrn auch die Gerichtsbarkeit zum, Behuf der Er¬
haltung des Marktfriedens zu übertragen.

Ferner ergibt sich aus dem Umstand, daß der, Roland stets auf dem
Markt und zwar vor dem Rathhaus des Orres steht, die dritte allgemeine
Bedeutung des Bildes, nach welcher dasselbe eine Mundatssäule. d. h. ein,
Zeichen war, daß die Stadt oder das Dorf aus dem bisherigen Leibeigen-
schaftsverband entlassen, von der Gerichtsbarkeit der gemeinen Land-, Zent-
und Fehmgerichte befreit und für die Gemeinde ein eignes mit Schöffen aus
der Bürgerschaft besetztes Gericht bestellt sei. In diesem Sinne erhielt also
jeder derartige Ort eine Immunität, welche vor der Entwickelung der Lan¬
deshoheit und der damit gleichen Schritt haltenden Abschwächung der Reichs-
gewalt nur vom Kaiser oder König zu erlangen war, daher sie auch die Kö¬
nigsfreiheit hieß. Daß den Rolandssäulen auch dieser Charakter zukam, ist
um so begreiflicher, als die meisten Orte, wo sich deren befinden, und na¬
mentlich diejenigen, welche um die Ehre streiten können, die Wiege des Ro-


vorhanden, und zwar ist es die Thatsache, daß vor dem Roland unter freiem
Himmel, auf dem Markt Gericht gehalten zu werden pflegte. Wir haben
zahlreiche Nachrichten, daß vor ihnen Blutgerichte gehegt. Todesurtheile ge¬
fällt, ja mitunter selbst Hinrichtungen- vollzogen wurden, daß vor ihnen Ur¬
fehde geschworen. Verbrecher an den Pranger gestellt. Jahrmarktsstreitigkeiten
geschlichtet, Versteigerungen vorgenommen und wegen Mangel am Gewicht,
polizeilich confiscirte Brote öffentlich verkauft wurden. Bei den mittelalterlichen
Gerichten wurde ein Pfahl oder Baum aufgestellt,, an dem ein Schild un-d.
ein Schwert als Wahrzeichen der in Thätigkeit getretenen richterlichen-Auto¬
rität aufgehangen waren. An die Stelle dieses nackten Pfahles, trat, später
in vielen Orten ein Bild, dem das Schwert in die Rechte, und der! Schild
in die Linke gegeben, wurden, welches aber nicht als Zeichen des erwachten
Kunstsinns, sondern, wie- zu zeigen, fein wird., als, Bild einer, best-lauten
Person zu betrachten ist. Die Rolande waren zunächst, Gerichts»! oder Blut¬
säulen, d. h. Zeichen der Gerichtsbarkeit über Hals und Hand., woraus in¬
deß noch nicht folgt, daß die Gerichtsbarkeit,, deren Zeichen sie waitzn,,, ip-)
dem betreffenden Orte der Stadtbehörde zustand. sondern nur,, daß, in dem
Orte ein Blutgericht gehalten werden konnte.

Dieselbe Thatsache, die uns nöthigt, den Roland als Gerichtssäule an¬
zuerkennen, nämlich seine Aufstellung auf dem Marktplatz , läßt, uns, auch eine/
zweite Beziehung des Bildes, die zu dem Marktrechte erkennen», welches, nach
mittelalterlicher Vorstellung einer Stadt nie fehlen durfte und außerdem vielen
Ortschaften durch kaiserliche Privilegien verliehen wurde. Diese Beziehung
kann neben der vorigen nicht bloß sehr wohl bestehen, sondern die Verleihung
des Mnrktrechts an einen Ort wurde sogar häufig Veranlassung, dem, be¬
treffenden Orte oder dessen Herrn auch die Gerichtsbarkeit zum, Behuf der Er¬
haltung des Marktfriedens zu übertragen.

Ferner ergibt sich aus dem Umstand, daß der, Roland stets auf dem
Markt und zwar vor dem Rathhaus des Orres steht, die dritte allgemeine
Bedeutung des Bildes, nach welcher dasselbe eine Mundatssäule. d. h. ein,
Zeichen war, daß die Stadt oder das Dorf aus dem bisherigen Leibeigen-
schaftsverband entlassen, von der Gerichtsbarkeit der gemeinen Land-, Zent-
und Fehmgerichte befreit und für die Gemeinde ein eignes mit Schöffen aus
der Bürgerschaft besetztes Gericht bestellt sei. In diesem Sinne erhielt also
jeder derartige Ort eine Immunität, welche vor der Entwickelung der Lan¬
deshoheit und der damit gleichen Schritt haltenden Abschwächung der Reichs-
gewalt nur vom Kaiser oder König zu erlangen war, daher sie auch die Kö¬
nigsfreiheit hieß. Daß den Rolandssäulen auch dieser Charakter zukam, ist
um so begreiflicher, als die meisten Orte, wo sich deren befinden, und na¬
mentlich diejenigen, welche um die Ehre streiten können, die Wiege des Ro-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/388>, abgerufen am 29.12.2024.