Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.Unter BeistimMung de^r übrigen Minister einen Reorganisationsplan ausgearbeitet; So weit war die Majorität des Abgeordnetenhauses mit der Regierung einver¬ Der nächste Gedanke war. eine finanzielle Erleichterung durch die Verkürzung Unter BeistimMung de^r übrigen Minister einen Reorganisationsplan ausgearbeitet; So weit war die Majorität des Abgeordnetenhauses mit der Regierung einver¬ Der nächste Gedanke war. eine finanzielle Erleichterung durch die Verkürzung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0367" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112875"/> <p xml:id="ID_1085" prev="#ID_1084"> Unter BeistimMung de^r übrigen Minister einen Reorganisationsplan ausgearbeitet;<lb/> das Militär-Cabiner. durch General v. Manteuffel repräsentirt, lieferte einen anderen,<lb/> der die Kräfte des Landes unermeßlich in Anspruch nimmt. General v. Vorm<lb/> nahen seine Entlassung als Kriegsminister, weil er die Pläne des Militär-Cabinets<lb/> nicht ausführen wollte. Ob die übrigen liberalen Minister es seitdem bedauert<lb/> haben , daß sie vor zwei Jahren nicht gleiche Festigkeit zeigten, wie der abgegangene<lb/> Kriegsminister, wissen wir nicht. An Veranlassung dazu hat es ihnen nicht ge¬<lb/> fehlt. Herr v. Roon ward berufen, den Plan des Militär - Cabinets auszuführen.<lb/> Am '10. Febr. I. ward der Nesvrmvlan im Hause der Abgeordneten eingebracht.<lb/> Man war leicht darüber einig, daß Las bisherige Zysten, unserer Hceresverfassung<lb/> einer Abänderung bedürfe. Die Stärke der Linienarmee war zu einer Zeit nor-<lb/> mirt worden, als die Bevölkerung Preußens nur 10 Millionen Seelen zählte. Jetzt<lb/> hat der Staat 18 Millionen Einwohner. Die Bevölkerung war über den Nah¬<lb/> men, welchen das stehende Heer darbot, hinausgewachsen. Die allgemeine Wehr¬<lb/> pflicht bestand noch als Gesetz, aber sie konnte nicht mehr zur Ausführung kommen,<lb/> weil die wehrpflichtige und wehrfähige Mannschaft in den bestehenden Cadres keinen<lb/> Raum mehr fand. Die Erhöhung der Wehrkraft, welche ohnehin durch die allge¬<lb/> meine Lage geboten war, wurde also am natürlichsten dadurch erreicht, daß die<lb/> Last der Wehrpflicht wieder gleichmäßig auf Alle vertheilt, und um das möglich zu<lb/> machen, der Rahmen des stehenden Heeres erweitert, die Zahl des Cadres ver¬<lb/> mehrt würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1086"> So weit war die Majorität des Abgeordnetenhauses mit der Regierung einver¬<lb/> standen. Dagegen erhöben sich von verschiedenen Seiten Bedenken gegen andere<lb/> wesentliche Punkte in dem Plan der Regierung. Zunächst von der finanziellen<lb/> Seite. Zur Durchführung ihres Planes forderte die Regierung eine Erhöhung<lb/> des Kriegsbudgets um 9'/« Millionen jährlich; dazu sollten, wenigstens vorüberge¬<lb/> hend, noch außerordentliche Ausgaben kommen, deren Höhe sich noch nicht berechnen<lb/> ließ. Techniker und Finanzmänner rechneten nach und fanden, daß die Anschläge<lb/> der Negierung noch zu niedrig gegriffen seien. Aber legt man auch nur den Mnaß-<lb/> ftäb der Regierung zu Grunde, so ergibt sich ein jährliches Kriegsbudget von 40<lb/> Millionen Thalern. Bei einer Bevölkerung von 18 Millionen beträgt dies 2^/4<lb/> Thaler auf den Kopf. Durch eine solche Ueberspannung der Stcuerkraft des Lan¬<lb/> des würde man im Frieden die Kräfte aufzehren, die man für den Krieg bedarf;<lb/> man würde dadurch gezwungen sein, die productiven Ausgaben zu vermindern und<lb/> dadurch die Stcuerkraft selbst in ihren Grundlagen zu schwächen. Schon jetzt wird,<lb/> indem zur Klassen- und Einkommensteuer, so wie zur Schlacht- und Mahlstcucr<lb/> ein 25 pröcentiger Zuschlag erhoben wird, die Kriegssteuer vorweg genommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1087" next="#ID_1088"> Der nächste Gedanke war. eine finanzielle Erleichterung durch die Verkürzung<lb/> der Dienstzeit zu erlangen. Durch die wirkliche Durchführung der allgemeinen<lb/> Wehrpflicht steigerte sich die Zahl der jährlich aufzuhebenden Rekruten von 40,000<lb/> auf 63,000, also reichlich um ein volles Drittheil. Wurde in demselben Verhältniß<lb/> die Dienstzeit von drei Jahren auf zwei Jahre verkürzt, so ergab sich daraus eine ><lb/> sehr erhebliche ErspürllNg sowohl an Geld, als auch an Arbeitskraft. Hiermit aber<lb/> betreten wir das Gebiet technisch - militärischer Fragen, deren Erörterung an dieser<lb/> Stelle uns viel zu weit führen würde. Gegen die zweijährige Dienstzeit wurde</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0367]
Unter BeistimMung de^r übrigen Minister einen Reorganisationsplan ausgearbeitet;
das Militär-Cabiner. durch General v. Manteuffel repräsentirt, lieferte einen anderen,
der die Kräfte des Landes unermeßlich in Anspruch nimmt. General v. Vorm
nahen seine Entlassung als Kriegsminister, weil er die Pläne des Militär-Cabinets
nicht ausführen wollte. Ob die übrigen liberalen Minister es seitdem bedauert
haben , daß sie vor zwei Jahren nicht gleiche Festigkeit zeigten, wie der abgegangene
Kriegsminister, wissen wir nicht. An Veranlassung dazu hat es ihnen nicht ge¬
fehlt. Herr v. Roon ward berufen, den Plan des Militär - Cabinets auszuführen.
Am '10. Febr. I. ward der Nesvrmvlan im Hause der Abgeordneten eingebracht.
Man war leicht darüber einig, daß Las bisherige Zysten, unserer Hceresverfassung
einer Abänderung bedürfe. Die Stärke der Linienarmee war zu einer Zeit nor-
mirt worden, als die Bevölkerung Preußens nur 10 Millionen Seelen zählte. Jetzt
hat der Staat 18 Millionen Einwohner. Die Bevölkerung war über den Nah¬
men, welchen das stehende Heer darbot, hinausgewachsen. Die allgemeine Wehr¬
pflicht bestand noch als Gesetz, aber sie konnte nicht mehr zur Ausführung kommen,
weil die wehrpflichtige und wehrfähige Mannschaft in den bestehenden Cadres keinen
Raum mehr fand. Die Erhöhung der Wehrkraft, welche ohnehin durch die allge¬
meine Lage geboten war, wurde also am natürlichsten dadurch erreicht, daß die
Last der Wehrpflicht wieder gleichmäßig auf Alle vertheilt, und um das möglich zu
machen, der Rahmen des stehenden Heeres erweitert, die Zahl des Cadres ver¬
mehrt würde.
So weit war die Majorität des Abgeordnetenhauses mit der Regierung einver¬
standen. Dagegen erhöben sich von verschiedenen Seiten Bedenken gegen andere
wesentliche Punkte in dem Plan der Regierung. Zunächst von der finanziellen
Seite. Zur Durchführung ihres Planes forderte die Regierung eine Erhöhung
des Kriegsbudgets um 9'/« Millionen jährlich; dazu sollten, wenigstens vorüberge¬
hend, noch außerordentliche Ausgaben kommen, deren Höhe sich noch nicht berechnen
ließ. Techniker und Finanzmänner rechneten nach und fanden, daß die Anschläge
der Negierung noch zu niedrig gegriffen seien. Aber legt man auch nur den Mnaß-
ftäb der Regierung zu Grunde, so ergibt sich ein jährliches Kriegsbudget von 40
Millionen Thalern. Bei einer Bevölkerung von 18 Millionen beträgt dies 2^/4
Thaler auf den Kopf. Durch eine solche Ueberspannung der Stcuerkraft des Lan¬
des würde man im Frieden die Kräfte aufzehren, die man für den Krieg bedarf;
man würde dadurch gezwungen sein, die productiven Ausgaben zu vermindern und
dadurch die Stcuerkraft selbst in ihren Grundlagen zu schwächen. Schon jetzt wird,
indem zur Klassen- und Einkommensteuer, so wie zur Schlacht- und Mahlstcucr
ein 25 pröcentiger Zuschlag erhoben wird, die Kriegssteuer vorweg genommen.
Der nächste Gedanke war. eine finanzielle Erleichterung durch die Verkürzung
der Dienstzeit zu erlangen. Durch die wirkliche Durchführung der allgemeinen
Wehrpflicht steigerte sich die Zahl der jährlich aufzuhebenden Rekruten von 40,000
auf 63,000, also reichlich um ein volles Drittheil. Wurde in demselben Verhältniß
die Dienstzeit von drei Jahren auf zwei Jahre verkürzt, so ergab sich daraus eine >
sehr erhebliche ErspürllNg sowohl an Geld, als auch an Arbeitskraft. Hiermit aber
betreten wir das Gebiet technisch - militärischer Fragen, deren Erörterung an dieser
Stelle uns viel zu weit führen würde. Gegen die zweijährige Dienstzeit wurde
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