Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.schloß sie. "was sind diese für mich? An jedem Tage kröne einen der Prinzen. Nun erhob sich ein Streit zwischen dem Nana und seinem einzigen noch 43*
schloß sie. „was sind diese für mich? An jedem Tage kröne einen der Prinzen. Nun erhob sich ein Streit zwischen dem Nana und seinem einzigen noch 43*
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schloß sie. „was sind diese für mich? An jedem Tage kröne einen der Prinzen.
Laß den Sonnenlchirm, den rothni Regenschirm und den fliegenden Schweif
des wilden Stiers in goldnem Griff heure Herrschaft verkünden, und drei Tage
gehorchet seinen Befehlen, am vierten laßt ihn den Feind und sein Schicksal
aufsuchen. Nur dann will ich euch treu bleiben." Ein edler Wettstreit ent¬
spann sich nun zwischen den Brüdern , jeder wollte sich zuerst aufopfern. Ursi
machte seine Erstgeburt geltend und wurde gekrönt, der Schirm schützte sein
Haupt drei Tage, am vierten fand er den ehrenvollen Schlachtentod. Ajeysi,
der nächste und Lieblingssohn des Rana, verlangte zu folgen, aber der Vater
überredete ihn. die Brüder vorangehen zu lassen. Schon waren elf gefallen,
da berief der Rana die Häuptlinge und sagte: „Jetzt werde ich selbst mich für
Chietore hingeben!" Diesem Act der Opferung mußte jedoch das Johur vor¬
angehen, d. h. die Verbrennung der Frauen, durch die sie vor Gefangenschaft
und Schande bewahrt werden sollten. Der Scheiterhaufen wurde in einem
großen unterirdischen Gewölbe aufgeschichtet, wohin niemals das Licht der
Sonne drang. Dahin führte man in feierlichem Aufzug die Königinen, ihre
Töchter und Dienerinnen, mehre tausend Frauen. Die Oeffnung wurde hinter
ihnen geschlossen, damit ihre Ehre auf ewig durch das verzehrende Element
gerettet werde.
Nun erhob sich ein Streit zwischen dem Nana und seinem einzigen noch
lebenden Sohne Ajeysi. wobei letzterer endlich nachgab und sich dem väterlichen
Befehl gemäß durch die feindlichen Linien hindurch noch Kailwarra rettete,
von wo aus später Chietore wieder erobert und die Sonnendynastie ncube-
gründet wurde. Der Rana aber, nun zufriedengestellt, daß sein Stamm nicht
aussterben werde, machte sich nach Entfernung Ajcysis bereit, seinen Helden¬
söhnen in den Tod zu folgen. Er rief die Kampfgenossen, für die das Leben
keinen Werth mehr hatte, zusammen, öffnete die Thore, drang in die Ebene
vor und fand hier, unter dem dichten Haufen der Feinde Tod und Wunden
verbreitend, mit seiner ganzen Schaar sein Ende. Der Tattarenfürst sah. in
Chietore einziehend, nur eine Stadt voll Leichen und die noch rauchende Flam-
mengruft, in welcher die Frauen (ähnlich den Belagerten in den Semitenstädten
Ninive. Sidon und Karthago) sich geopfert hatten. Seitdem ist diese Höhle
heilig geblieben. Kein Auge hat in ihre Dunkelheit geblickt; denn eine un¬
geheure Schlange hält vor ihr Wache, und ihr giftiger Odem würde jeden
Unberufenen todten, der sich der Opferstätte zu nahen wagte.
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