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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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klang empfindet, ist von uns schon früher wiederholt bemerkt worden. Auch Donner
hat trotz seiner Begabung und Uebung in diesen Dingen das Unmögliche nicht
möglich machen können.

Märkische Kriegsobersten des siebenzehnten Jahrhunderts von Theodor v. Mör-
uer. Berlin, Verlag von Wilhelm Hertz. 1861.

Werthvolle Beiträge zur Geschichte Deutschlands und vorzüglich Brandenburgs
während des dreißigjährigen Krieges und unmittelbar nach demselben, zusammen¬
gefaßt in den Biographieen der Generale Ernst Georg und Otto Christos Sparr,
denen eine große Menge von Anmerkungen und sehr in das Detail eingehenden
Excursen beigegeben ist. Die gewählte Form ist nicht für das größere Publicum
berechnet, das sich schwerlich besonders lebhaft sür die Stammtafeln und den Grund¬
besitz der Sparren interessiren wird, Dinge, die mit äußerster Gründlichkeit erörtert
werden. Der Geschichtsforscher dagegen wird in dem trocknen Buche sicher manches
Willkommene finden. Namentlich werden ihm die Mittheilungen über den ersten Ver¬
such der Schöpfung einer größern brandenburgischen Armee, die Werbungen in den
Jahren 1637 und 1638 und die Erzählung von dem Einbruch der Brandenburger
in Jülich-Berg (1651), der ersten allgemeines Aufsehen erregenden That des großen
Kurfürsten, von der hier zum ersten Mal eine genaue, durchweg mit Urkunden be¬
legte Darstellung gegeben wird, von Interesse sein.

Festkalender aus Böhmen. Ein Beitrag zur Kenntniß des Volkslebens
und Volksglaubens in Böhmen. Von O. Frh. von Reinsbcrg-Düringsscld.
4. Lieferung, Prag, Verlag von I. L. Kober. 1361.

Das von uns bereits charakterisirte Werk ist mit dieser Lieferung, welche die
in das letzte Viertel des Jahres fallenden Volksbräuche, Bauernregeln, abergläubi¬
schen Meinungen, Feste u. a. behandelt, vollendet. Angehängt sind eine Uebersicht
über die benutzten Quellen, und ein Sach- und Ortsregistcr. Wir lassen im Nach¬
stehenden auszugsweise die Schilderung des alljährlich um Wenzcslai, also Mitte
October, vom böhmischen Volke gefeierten Kolomannsfcstcs folgen. An dem dazu
bestimmten Sonntage versammeln sich Nachmittags die Viehhirten, Ochscnjungcn,
Stallknechte, Kuhmägde und Jungcmägdc auf dem Dorfplatz und wählen aus ihrer
Mitte einen sogenannten armen König, eine arme Königin und einige Diener und
Dienerinnen des gekrönten Paares. Diesem setzen sie Kronen aus Goldpapier, die
mit buntfarbigen Bändern geschmückt sind, auf's Haupt, worauf sie mit ihm unter
Musikbegleitung durch's Dorf ziehen und in jedem Gehöft durch einen der Burschen
singend und in Versen (das Lied ist czcchisch und deutsch mitgetheilt) für den König
und die Königin, welche letztere "barfuß geht, sich die Füße an den Steinen stößt
und mit den weißen Füßen im Thau watet", um Dalken, Buchtelchen und Eier
bitten lassen.

Zieht man zu Pferd herum, so bleibt an manchen Orten der Zug vor der
Thür halten, bis diejenigen, welche in die Stube gehen, um dort unter den üblichen
Ceremonien für den armen König und die arme Königin zu betteln, zurückkehren.
An anderen Orten binden sie ihre Pferde im Wirthshaus oder beim Richter an,
während sie in den Häusern herumgehen und ihre Bitte absingen.


klang empfindet, ist von uns schon früher wiederholt bemerkt worden. Auch Donner
hat trotz seiner Begabung und Uebung in diesen Dingen das Unmögliche nicht
möglich machen können.

Märkische Kriegsobersten des siebenzehnten Jahrhunderts von Theodor v. Mör-
uer. Berlin, Verlag von Wilhelm Hertz. 1861.

Werthvolle Beiträge zur Geschichte Deutschlands und vorzüglich Brandenburgs
während des dreißigjährigen Krieges und unmittelbar nach demselben, zusammen¬
gefaßt in den Biographieen der Generale Ernst Georg und Otto Christos Sparr,
denen eine große Menge von Anmerkungen und sehr in das Detail eingehenden
Excursen beigegeben ist. Die gewählte Form ist nicht für das größere Publicum
berechnet, das sich schwerlich besonders lebhaft sür die Stammtafeln und den Grund¬
besitz der Sparren interessiren wird, Dinge, die mit äußerster Gründlichkeit erörtert
werden. Der Geschichtsforscher dagegen wird in dem trocknen Buche sicher manches
Willkommene finden. Namentlich werden ihm die Mittheilungen über den ersten Ver¬
such der Schöpfung einer größern brandenburgischen Armee, die Werbungen in den
Jahren 1637 und 1638 und die Erzählung von dem Einbruch der Brandenburger
in Jülich-Berg (1651), der ersten allgemeines Aufsehen erregenden That des großen
Kurfürsten, von der hier zum ersten Mal eine genaue, durchweg mit Urkunden be¬
legte Darstellung gegeben wird, von Interesse sein.

Festkalender aus Böhmen. Ein Beitrag zur Kenntniß des Volkslebens
und Volksglaubens in Böhmen. Von O. Frh. von Reinsbcrg-Düringsscld.
4. Lieferung, Prag, Verlag von I. L. Kober. 1361.

Das von uns bereits charakterisirte Werk ist mit dieser Lieferung, welche die
in das letzte Viertel des Jahres fallenden Volksbräuche, Bauernregeln, abergläubi¬
schen Meinungen, Feste u. a. behandelt, vollendet. Angehängt sind eine Uebersicht
über die benutzten Quellen, und ein Sach- und Ortsregistcr. Wir lassen im Nach¬
stehenden auszugsweise die Schilderung des alljährlich um Wenzcslai, also Mitte
October, vom böhmischen Volke gefeierten Kolomannsfcstcs folgen. An dem dazu
bestimmten Sonntage versammeln sich Nachmittags die Viehhirten, Ochscnjungcn,
Stallknechte, Kuhmägde und Jungcmägdc auf dem Dorfplatz und wählen aus ihrer
Mitte einen sogenannten armen König, eine arme Königin und einige Diener und
Dienerinnen des gekrönten Paares. Diesem setzen sie Kronen aus Goldpapier, die
mit buntfarbigen Bändern geschmückt sind, auf's Haupt, worauf sie mit ihm unter
Musikbegleitung durch's Dorf ziehen und in jedem Gehöft durch einen der Burschen
singend und in Versen (das Lied ist czcchisch und deutsch mitgetheilt) für den König
und die Königin, welche letztere „barfuß geht, sich die Füße an den Steinen stößt
und mit den weißen Füßen im Thau watet", um Dalken, Buchtelchen und Eier
bitten lassen.

Zieht man zu Pferd herum, so bleibt an manchen Orten der Zug vor der
Thür halten, bis diejenigen, welche in die Stube gehen, um dort unter den üblichen
Ceremonien für den armen König und die arme Königin zu betteln, zurückkehren.
An anderen Orten binden sie ihre Pferde im Wirthshaus oder beim Richter an,
während sie in den Häusern herumgehen und ihre Bitte absingen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/168>, abgerufen am 23.07.2024.