Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.Achtung genossen die EKmentarlchrcr. Deshalb läßt Lucian in einer scherz¬ Achtung genossen die EKmentarlchrcr. Deshalb läßt Lucian in einer scherz¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0054" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112024"/> <p xml:id="ID_213" prev="#ID_212" next="#ID_214"> Achtung genossen die EKmentarlchrcr. Deshalb läßt Lucian in einer scherz¬<lb/> haften Beschreibung der Unterwelt die Könige und Satrapen dieser Welt im<lb/> Jenseits Bettler, Verkäufer gesalzener Fische, oder Schulmeister werden.<lb/> Die ärmsten Lehrer unterrichteten auf den Straßen und Kreuzwegen,<lb/> während die Inhaber wohlrenommirter Anstalten auch geräumige und<lb/> anständige Locale hatten. So rühmt Demosthenes von seiner Erziehung,<lb/> er habe die seinem Stande angemessenen Schulen besucht, und wirft seinem<lb/> Gegner Aeschinos vor, daß derselbe als Knabe in einer Schule niedrige<lb/> Dienste geleistet, die Dinte gerieben, die Bänke gescheuert, die Klasse ausge¬<lb/> fegt habe. — Die Einkünfte der Lehrer richteten sich natürlich nach Stand und<lb/> Menge der Schüler. Ueber die Höhe des Schulgeldes besitzen wir keine Notiz; nur<lb/> scheint es, als habe man bloß für die wirkliche Schulzeit Honorar entrichtet, weil<lb/> bei Theophrast ein Geizhals, um das Schulgeld zu sparen, angeblich aber der<lb/> Feste und Schauspiele wegen, seine Kinder den ganzen Monat Anthesterion<lb/> (Februar) zu Hause behält; derselbe verweigerte auch bei Versäumnissen, die durch<lb/> Kranksein der Kinder herbeigeführt worden waren, die Zahlung. Daß die Lehrer<lb/> oft Noth hatten, ihr Geld zu bekommen, sieht man aus dem Beispiele des De¬<lb/> mosthenes. dessen unredliche Vormünder sein Schulgeld während seiner ganzen<lb/> Minderjährigkeit schuldig geblieben sind. Uebrigens scheint bereits ein Solo-<lb/> nisches Gesetz das Maximum für die Schülerzahl der einzelnen Lehrer festge¬<lb/> stellt zu haben, ohne daß wir jedoch dessen Höhe und Geltungszeit kennen.<lb/> In der Schule zu- Astypaläa befanden sich, als ein Wahnsinniger, wie der<lb/> blinde Simson, durch Wegnahme der Tragsäule den Einsturz des Gebäudes<lb/> herbeiführte, gegen sechzig Knaben. Dagegen wird es auch manchem Gram-<lb/> matistcn so gegangen sein wie dem witzigen Musiklehrer Stratonikus, der in<lb/> seinem Universitätszimmer die Bildsäulen der neun Musen und Apollos auf¬<lb/> gestellt hatte und auf die Frage, wieviel Schüler er habe, antwortete: „Mit<lb/> den Göttern zwölf!" Schulferien gab es, die Festtage ausgenommen, wol nicht.<lb/> Ein besonderes Schulfest, das den Musen zu Ehren gefeiert wurde, gab es<lb/> bereits zu Solons Zeit. — Wenig genau weiß man ferner, in welchem Le¬<lb/> bensjahre die Schulbesuche begonnen haben. Natürlich wendeten die zum<lb/> Handwerk bestimmten Knaben, wie bei uns. weniger Zeit auf die intellec-<lb/> tuelle Ausbildung und Platon sagt ausdrücklich, daß sie auch später angefan¬<lb/> gen hätten, sich die Schulkenntnisse anzueignen, als die Kinder wohlhabender<lb/> Eltern., Wenn nun aber derselbe Schriftsteller verlangte, daß erst im zehnten<lb/> Jnhre der Unterricht beginnen sollte, so stand auch diese Ansicht im Wider¬<lb/> spruche mit der Sitte der Zeit, da man im Durchschnitte annehmen muß,<lb/> daß der Eintritt in die Schule gewöhnlich im siebenten Jahre erfolgte.<lb/> Manche Eltern schickten die Knaben noch zeitiger in die Schule, um sie nur<lb/> zu Hause los zu werden. „Die Ammen", sagt Lucian, „Pflegen von ihren</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0054]
Achtung genossen die EKmentarlchrcr. Deshalb läßt Lucian in einer scherz¬
haften Beschreibung der Unterwelt die Könige und Satrapen dieser Welt im
Jenseits Bettler, Verkäufer gesalzener Fische, oder Schulmeister werden.
Die ärmsten Lehrer unterrichteten auf den Straßen und Kreuzwegen,
während die Inhaber wohlrenommirter Anstalten auch geräumige und
anständige Locale hatten. So rühmt Demosthenes von seiner Erziehung,
er habe die seinem Stande angemessenen Schulen besucht, und wirft seinem
Gegner Aeschinos vor, daß derselbe als Knabe in einer Schule niedrige
Dienste geleistet, die Dinte gerieben, die Bänke gescheuert, die Klasse ausge¬
fegt habe. — Die Einkünfte der Lehrer richteten sich natürlich nach Stand und
Menge der Schüler. Ueber die Höhe des Schulgeldes besitzen wir keine Notiz; nur
scheint es, als habe man bloß für die wirkliche Schulzeit Honorar entrichtet, weil
bei Theophrast ein Geizhals, um das Schulgeld zu sparen, angeblich aber der
Feste und Schauspiele wegen, seine Kinder den ganzen Monat Anthesterion
(Februar) zu Hause behält; derselbe verweigerte auch bei Versäumnissen, die durch
Kranksein der Kinder herbeigeführt worden waren, die Zahlung. Daß die Lehrer
oft Noth hatten, ihr Geld zu bekommen, sieht man aus dem Beispiele des De¬
mosthenes. dessen unredliche Vormünder sein Schulgeld während seiner ganzen
Minderjährigkeit schuldig geblieben sind. Uebrigens scheint bereits ein Solo-
nisches Gesetz das Maximum für die Schülerzahl der einzelnen Lehrer festge¬
stellt zu haben, ohne daß wir jedoch dessen Höhe und Geltungszeit kennen.
In der Schule zu- Astypaläa befanden sich, als ein Wahnsinniger, wie der
blinde Simson, durch Wegnahme der Tragsäule den Einsturz des Gebäudes
herbeiführte, gegen sechzig Knaben. Dagegen wird es auch manchem Gram-
matistcn so gegangen sein wie dem witzigen Musiklehrer Stratonikus, der in
seinem Universitätszimmer die Bildsäulen der neun Musen und Apollos auf¬
gestellt hatte und auf die Frage, wieviel Schüler er habe, antwortete: „Mit
den Göttern zwölf!" Schulferien gab es, die Festtage ausgenommen, wol nicht.
Ein besonderes Schulfest, das den Musen zu Ehren gefeiert wurde, gab es
bereits zu Solons Zeit. — Wenig genau weiß man ferner, in welchem Le¬
bensjahre die Schulbesuche begonnen haben. Natürlich wendeten die zum
Handwerk bestimmten Knaben, wie bei uns. weniger Zeit auf die intellec-
tuelle Ausbildung und Platon sagt ausdrücklich, daß sie auch später angefan¬
gen hätten, sich die Schulkenntnisse anzueignen, als die Kinder wohlhabender
Eltern., Wenn nun aber derselbe Schriftsteller verlangte, daß erst im zehnten
Jnhre der Unterricht beginnen sollte, so stand auch diese Ansicht im Wider¬
spruche mit der Sitte der Zeit, da man im Durchschnitte annehmen muß,
daß der Eintritt in die Schule gewöhnlich im siebenten Jahre erfolgte.
Manche Eltern schickten die Knaben noch zeitiger in die Schule, um sie nur
zu Hause los zu werden. „Die Ammen", sagt Lucian, „Pflegen von ihren
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