Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.Von dieser Seite her aufgefaßt, wird die Schleswig-holsteinische Sache bald In dem Lichte so praktischer und politischer Handlungsweise gesehen wird So hat denn die Praxis zum zweiten Male das theoretisch richtige Be¬ Von dieser Seite her aufgefaßt, wird die Schleswig-holsteinische Sache bald In dem Lichte so praktischer und politischer Handlungsweise gesehen wird So hat denn die Praxis zum zweiten Male das theoretisch richtige Be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0432" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112402"/> <p xml:id="ID_1404" prev="#ID_1403"> Von dieser Seite her aufgefaßt, wird die Schleswig-holsteinische Sache bald<lb/> wieder den ihr gebührenden Vorrang einnehmen in der Theilnahme der Nation.<lb/> Denn so kommen wir ihrer Erledigung, und einer glücklichen Erledigung, tag¬<lb/> täglich näher, was auch die Großmächte spinnen, abwickeln und einknoten<lb/> mögen. Der Entschluß, die zerstreut wieder anhebenden Flottensammlungen<lb/> in die einzige Hand zu nehmen, die im Stande ist ihnen gleichzeitig in ganz<lb/> Deutschland Antrieb, Nachhaltigkeit und praktische Richtung zu geben, wäre<lb/> an sich schon Gold werth gewesen. Mehr als Gold aber ist der fernere Ent¬<lb/> schluß werth, das gesammelte Geld ohne jeden Vorbehalt in die bereits<lb/> geöffnete Hand der preußischen Negierung zu legen. Und was diesen Werth<lb/> noch unendlich erhöht, ist die beglaubigte Thatsache, daß in Heidelberg unter<lb/> nahe an fünfhundert Versammelten lange nicht hundert Preußen und gewiß<lb/> keine zweihundert norddeutsche waren. Um so sicherer ist der Flottenbeschluß<lb/> auch als eine Erneuerung des in Coburg nicht einmal ganz so unumwunden<lb/> ausgesprochenen Glaubensbekenntnisses zu betrachten, als ein verheißungsvolles<lb/> Vorzeichen für den unausbleiblichen Fall, daß Preußen einmal zu großem und<lb/> ernstem nationalen Thun die organisirte Nationalpartei herbeiruft. In allen<lb/> diesen Beziehungen hat dann der Entschluß zum Handeln sofort die Weihe<lb/> einer Anfangshandlung erhalten, indem der Verein aus eigenen Mitteln zehn«<lb/> tausend Gulden bewilligt hat, dem sofort am folgenden Abend die kleinere<lb/> noch versammelte Hälfte der Theilnehmer andere zehntausend zulegte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1405"> In dem Lichte so praktischer und politischer Handlungsweise gesehen wird<lb/> auch selbst in Preußen jener fernere Beschluß, Wehrvereine zu bilden, kaum<lb/> mehr mißverstanden werden. Obgleich ein Zusatzantrag. Preußen ausdrück¬<lb/> lich auszunehmen, verworfen ward, denkt man doch an nichts weniger als<lb/> an einen grundsätzlichen Gegensatz zu der in ihrem Wesen so echt volkstüm¬<lb/> lichen preußischen Wehrvcrfassung; ganz im Gegentheil ist z. B. der in Bremen<lb/> bestehende Wehrverein ausdrücklich mit zu dem Zwecke geschaffen, die gesetzt<lb/> lich vorhandene, aber factisch verdrängte allgemeine Wehrpflicht populär und<lb/> damit durchführbar zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1406" next="#ID_1407"> So hat denn die Praxis zum zweiten Male das theoretisch richtige Be¬<lb/> denken gegen die Form, in welcher die Nationalpartei sich vor zwei Jahren<lb/> constituirt hat. widerlegen können. Wir möchten deswegen noch keine unbe¬<lb/> dingte Bürgschaft für die Zukunft übernehmen, auch nicht vom historische"<lb/> Standpunkte aus den Beschluß jener Frankfurter Versammlung von 1859 für<lb/> den schlechthin besten erklären. Aber politisch zu sprechen scheint uns jetzt er¬<lb/> wiesen, daß es bei der einmal gewählten Gestalt sein Bewenden haben, top<lb/> der deutsche Nationalverein als Träger des vornehmsten politischen Gedankens<lb/> der Zeit thatsächlich anerkannt werden muß. Denn so viel wenigstens haben<lb/> die beiden Versammlungen festgestellt: erstens, daß eine hinlängliche AnzaV</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0432]
Von dieser Seite her aufgefaßt, wird die Schleswig-holsteinische Sache bald
wieder den ihr gebührenden Vorrang einnehmen in der Theilnahme der Nation.
Denn so kommen wir ihrer Erledigung, und einer glücklichen Erledigung, tag¬
täglich näher, was auch die Großmächte spinnen, abwickeln und einknoten
mögen. Der Entschluß, die zerstreut wieder anhebenden Flottensammlungen
in die einzige Hand zu nehmen, die im Stande ist ihnen gleichzeitig in ganz
Deutschland Antrieb, Nachhaltigkeit und praktische Richtung zu geben, wäre
an sich schon Gold werth gewesen. Mehr als Gold aber ist der fernere Ent¬
schluß werth, das gesammelte Geld ohne jeden Vorbehalt in die bereits
geöffnete Hand der preußischen Negierung zu legen. Und was diesen Werth
noch unendlich erhöht, ist die beglaubigte Thatsache, daß in Heidelberg unter
nahe an fünfhundert Versammelten lange nicht hundert Preußen und gewiß
keine zweihundert norddeutsche waren. Um so sicherer ist der Flottenbeschluß
auch als eine Erneuerung des in Coburg nicht einmal ganz so unumwunden
ausgesprochenen Glaubensbekenntnisses zu betrachten, als ein verheißungsvolles
Vorzeichen für den unausbleiblichen Fall, daß Preußen einmal zu großem und
ernstem nationalen Thun die organisirte Nationalpartei herbeiruft. In allen
diesen Beziehungen hat dann der Entschluß zum Handeln sofort die Weihe
einer Anfangshandlung erhalten, indem der Verein aus eigenen Mitteln zehn«
tausend Gulden bewilligt hat, dem sofort am folgenden Abend die kleinere
noch versammelte Hälfte der Theilnehmer andere zehntausend zulegte.
In dem Lichte so praktischer und politischer Handlungsweise gesehen wird
auch selbst in Preußen jener fernere Beschluß, Wehrvereine zu bilden, kaum
mehr mißverstanden werden. Obgleich ein Zusatzantrag. Preußen ausdrück¬
lich auszunehmen, verworfen ward, denkt man doch an nichts weniger als
an einen grundsätzlichen Gegensatz zu der in ihrem Wesen so echt volkstüm¬
lichen preußischen Wehrvcrfassung; ganz im Gegentheil ist z. B. der in Bremen
bestehende Wehrverein ausdrücklich mit zu dem Zwecke geschaffen, die gesetzt
lich vorhandene, aber factisch verdrängte allgemeine Wehrpflicht populär und
damit durchführbar zu machen.
So hat denn die Praxis zum zweiten Male das theoretisch richtige Be¬
denken gegen die Form, in welcher die Nationalpartei sich vor zwei Jahren
constituirt hat. widerlegen können. Wir möchten deswegen noch keine unbe¬
dingte Bürgschaft für die Zukunft übernehmen, auch nicht vom historische"
Standpunkte aus den Beschluß jener Frankfurter Versammlung von 1859 für
den schlechthin besten erklären. Aber politisch zu sprechen scheint uns jetzt er¬
wiesen, daß es bei der einmal gewählten Gestalt sein Bewenden haben, top
der deutsche Nationalverein als Träger des vornehmsten politischen Gedankens
der Zeit thatsächlich anerkannt werden muß. Denn so viel wenigstens haben
die beiden Versammlungen festgestellt: erstens, daß eine hinlängliche AnzaV
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