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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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war froh, wenigstens für das bereits Fertige, indem man selbes als Bau¬
material verkaufte, ein armseliges Sümmchen zu erlangen.

Abgesehen von den durch Unterschleif. Leichtsinn oder Unkenntnis) herbei¬
geführten Verlusten ist die Erhaltung des Jngenieurcoips schon an sich sehr
kostspielig. Beziehen die Offiziere und Unteroffiziere jetzt auch nicht mehr er¬
höhte Besoldungen, so ist doch das Sprichwort, "daß die östreichischen In¬
genieure ihre Gage nur für das Nichtsthun empfangen, indem sie, sobald sie
einen Dienst verrichten, für denselben besonders bezahlt werden", noch immer
vollkommen wahr. Dieser Gebrauch oder Mischrauch geht oft so weit, daß
die bei einem Bau verwendeten Geniesoldaten doppelte Löhnung, die zur Ar¬
beit bestimmten Soldaten anderer Truppen aber gar keinen Zuschuß empfan¬
gen. Das untergeordnete Personal der Fortisicationsbranche ahmt das von
Oben gegebene Beispiel nach Kräften nach und es erlauben sich die Kasern-
nufseher und Wallmeister die schmutzigsten Betrügereien und fast unglaubliche
Eigenmächtigkeiten.

Es ist daher eine Reform auch auf diesem Gebiete dringend nothwendig,
und es könnte jedenfalls ein bedeutender Theil der auszuführenden Bauten
an Civilingenieure und Baumeister übertragen werden. Bei vielen Bauten
und in den nicht befestigten Garnisonsorten ist Solches ohnehin schon früher
geschehen. Eine unerläßliche Bedingung des Besserwerdens aber wäre die
Aufstellung einer aus Sachverständigen zusammengesetzten Controlebehörde.
Ferner müßte der Einkauf des Materials genauer überwacht oder noch besser
dadurch, daß man das zu einem Baue nach dem richtigen Voranschlage nöthige
Quantum im Vorhinein durch einen Lieferungscontrcict decken würde, gänz¬
lich beseitigt werden. Die mit der Leitung eines Baues Betrauten aber
wären weniger für die richtige Verrechnung der Gelder, als für die Zweck-
Mäßigkeit und Solidität des Baues verantwortlich zu machen, da bisher --
einige ehrenwerthe Ausnahmen abgerechnet -- von den östreichischen In¬
genieuren wenig Gediegenes geleistet wurde.

Die Zeugartillerie hat in ihrem Ressort die Erzeugung. Aufbewahrung
und Verwaltung der Geschütze. Munition und aller andern Artilleriegegen¬
stände. Sie ist in mehrere Commanden abgetheilt, von welchen sich drei
ausschließlich mit der Geschütz-, Gewehr- und Raketenfabrikation befassen.
Die Beischaffung der Artilleriegüter wird theils durch eigene Erzeugung, theils
durch Lieferung des rohen oder halbfertigen Materials, theils direct durch Pri-
v"tfabrikation bewirkt, und es haben sich hier die Unterschleife in neuerer Zeit
bedeutend vermindert. So werden die Gewehrläufe und Säbelklingen, das
Pulver, die Eisenmunition, die Bestandtheile der Fuhrwerke und die meisten
Rohstoffe eingeliefert, und es beschränkt sich die Thätigkeit der Zeugartillerie
Allgemeinen auf die Uebernahme und Prüfung der gelieferten Artikel, aus


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war froh, wenigstens für das bereits Fertige, indem man selbes als Bau¬
material verkaufte, ein armseliges Sümmchen zu erlangen.

Abgesehen von den durch Unterschleif. Leichtsinn oder Unkenntnis) herbei¬
geführten Verlusten ist die Erhaltung des Jngenieurcoips schon an sich sehr
kostspielig. Beziehen die Offiziere und Unteroffiziere jetzt auch nicht mehr er¬
höhte Besoldungen, so ist doch das Sprichwort, „daß die östreichischen In¬
genieure ihre Gage nur für das Nichtsthun empfangen, indem sie, sobald sie
einen Dienst verrichten, für denselben besonders bezahlt werden", noch immer
vollkommen wahr. Dieser Gebrauch oder Mischrauch geht oft so weit, daß
die bei einem Bau verwendeten Geniesoldaten doppelte Löhnung, die zur Ar¬
beit bestimmten Soldaten anderer Truppen aber gar keinen Zuschuß empfan¬
gen. Das untergeordnete Personal der Fortisicationsbranche ahmt das von
Oben gegebene Beispiel nach Kräften nach und es erlauben sich die Kasern-
nufseher und Wallmeister die schmutzigsten Betrügereien und fast unglaubliche
Eigenmächtigkeiten.

Es ist daher eine Reform auch auf diesem Gebiete dringend nothwendig,
und es könnte jedenfalls ein bedeutender Theil der auszuführenden Bauten
an Civilingenieure und Baumeister übertragen werden. Bei vielen Bauten
und in den nicht befestigten Garnisonsorten ist Solches ohnehin schon früher
geschehen. Eine unerläßliche Bedingung des Besserwerdens aber wäre die
Aufstellung einer aus Sachverständigen zusammengesetzten Controlebehörde.
Ferner müßte der Einkauf des Materials genauer überwacht oder noch besser
dadurch, daß man das zu einem Baue nach dem richtigen Voranschlage nöthige
Quantum im Vorhinein durch einen Lieferungscontrcict decken würde, gänz¬
lich beseitigt werden. Die mit der Leitung eines Baues Betrauten aber
wären weniger für die richtige Verrechnung der Gelder, als für die Zweck-
Mäßigkeit und Solidität des Baues verantwortlich zu machen, da bisher —
einige ehrenwerthe Ausnahmen abgerechnet — von den östreichischen In¬
genieuren wenig Gediegenes geleistet wurde.

Die Zeugartillerie hat in ihrem Ressort die Erzeugung. Aufbewahrung
und Verwaltung der Geschütze. Munition und aller andern Artilleriegegen¬
stände. Sie ist in mehrere Commanden abgetheilt, von welchen sich drei
ausschließlich mit der Geschütz-, Gewehr- und Raketenfabrikation befassen.
Die Beischaffung der Artilleriegüter wird theils durch eigene Erzeugung, theils
durch Lieferung des rohen oder halbfertigen Materials, theils direct durch Pri-
v"tfabrikation bewirkt, und es haben sich hier die Unterschleife in neuerer Zeit
bedeutend vermindert. So werden die Gewehrläufe und Säbelklingen, das
Pulver, die Eisenmunition, die Bestandtheile der Fuhrwerke und die meisten
Rohstoffe eingeliefert, und es beschränkt sich die Thätigkeit der Zeugartillerie
Allgemeinen auf die Uebernahme und Prüfung der gelieferten Artikel, aus


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[0421] war froh, wenigstens für das bereits Fertige, indem man selbes als Bau¬ material verkaufte, ein armseliges Sümmchen zu erlangen. Abgesehen von den durch Unterschleif. Leichtsinn oder Unkenntnis) herbei¬ geführten Verlusten ist die Erhaltung des Jngenieurcoips schon an sich sehr kostspielig. Beziehen die Offiziere und Unteroffiziere jetzt auch nicht mehr er¬ höhte Besoldungen, so ist doch das Sprichwort, „daß die östreichischen In¬ genieure ihre Gage nur für das Nichtsthun empfangen, indem sie, sobald sie einen Dienst verrichten, für denselben besonders bezahlt werden", noch immer vollkommen wahr. Dieser Gebrauch oder Mischrauch geht oft so weit, daß die bei einem Bau verwendeten Geniesoldaten doppelte Löhnung, die zur Ar¬ beit bestimmten Soldaten anderer Truppen aber gar keinen Zuschuß empfan¬ gen. Das untergeordnete Personal der Fortisicationsbranche ahmt das von Oben gegebene Beispiel nach Kräften nach und es erlauben sich die Kasern- nufseher und Wallmeister die schmutzigsten Betrügereien und fast unglaubliche Eigenmächtigkeiten. Es ist daher eine Reform auch auf diesem Gebiete dringend nothwendig, und es könnte jedenfalls ein bedeutender Theil der auszuführenden Bauten an Civilingenieure und Baumeister übertragen werden. Bei vielen Bauten und in den nicht befestigten Garnisonsorten ist Solches ohnehin schon früher geschehen. Eine unerläßliche Bedingung des Besserwerdens aber wäre die Aufstellung einer aus Sachverständigen zusammengesetzten Controlebehörde. Ferner müßte der Einkauf des Materials genauer überwacht oder noch besser dadurch, daß man das zu einem Baue nach dem richtigen Voranschlage nöthige Quantum im Vorhinein durch einen Lieferungscontrcict decken würde, gänz¬ lich beseitigt werden. Die mit der Leitung eines Baues Betrauten aber wären weniger für die richtige Verrechnung der Gelder, als für die Zweck- Mäßigkeit und Solidität des Baues verantwortlich zu machen, da bisher — einige ehrenwerthe Ausnahmen abgerechnet — von den östreichischen In¬ genieuren wenig Gediegenes geleistet wurde. Die Zeugartillerie hat in ihrem Ressort die Erzeugung. Aufbewahrung und Verwaltung der Geschütze. Munition und aller andern Artilleriegegen¬ stände. Sie ist in mehrere Commanden abgetheilt, von welchen sich drei ausschließlich mit der Geschütz-, Gewehr- und Raketenfabrikation befassen. Die Beischaffung der Artilleriegüter wird theils durch eigene Erzeugung, theils durch Lieferung des rohen oder halbfertigen Materials, theils direct durch Pri- v"tfabrikation bewirkt, und es haben sich hier die Unterschleife in neuerer Zeit bedeutend vermindert. So werden die Gewehrläufe und Säbelklingen, das Pulver, die Eisenmunition, die Bestandtheile der Fuhrwerke und die meisten Rohstoffe eingeliefert, und es beschränkt sich die Thätigkeit der Zeugartillerie Allgemeinen auf die Uebernahme und Prüfung der gelieferten Artikel, aus 52 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/421>, abgerufen am 26.08.2024.