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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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würde, ihre Flotille unter preußische" Oberbefehl zu stellen. Der Graf Bor¬
nes würde besorgen müssen, daß die Schatten jener großen Welfeuhclden,
Heinrich des Stolzen, des Löwen und des Gegenkaisers Otto, und wie jene
anarchischen Männer alle heißen, die eine große Kraft zur Schwächung und
Vernichtung der Regierungsgewalt ihres Vaterlandes vergeudeten, ihm b>e Ruhe
des Schlafes verscheuchten, wenn er nicht die Möglichkeit in Händen behielte,
die hannöversche Flotille je nach den Umständen für oder auch gegen Deutsch¬
land zu verwenden. Die übrigen deutschen Küstcnstnalen werden schwerlich
ähnliche Bedenken gegen den preußischen Oberbefehl hegen; derselbe ist das
einzige Mittel, wodurch ihnen allen einzeln und insgesammt, die Früchte des
Besitzes einer Flotille von Schraubenbooten gesichert werden können. Denn
Preußen verfolgt allein das Interesse, welches ihnen allen gemeinsam ist, "
und hat kein particuläres Interesse, am Wenigsten in der Nordsee, geltend
zu machen. So lange die hannöversche Regierung nicht gezwungen werden
kann, sich unterzuordnen, wird Hannover zu seinem eigenen und zu Deutsch¬
lands Nachtheile eine auch im Oberbefehle getrennte Schraubenflotte besitzen
müssen.

Wenn es den Küstenstaaten Ernst ist, aus der Schande und der Gefahr
ihrer gegenwärtigen Wehrlosigkeit herauszutreten, so tonnen dieselben dies nur
'dadurch bethätige", I) daß sie noch in diesem Jahre mit dem Bau von Schrau-
benboolen beginnen und 2) daß sie sich mit Preußen über die Bedingungen
vereinbaren, unter denen dasselbe ihnen die Verwendung dieser Flotte mög¬
lich machen und den Oberbefehl über dieselbe im Kriegsfall übernehmen will.

Eine Verständigung unter den einzelnen Staaten selbst ist überhaupt nicht
nothwendig. In Betreff der Verhältnißmäßigkeit der Leistung und der Gleich¬
mäßigkeit der Rüstung kann sie indeß natürlich nur nützlich sein.

Wir haben im Obigen unter Berücksichtigung des Particulargeistes und
der anarchischen Zustünde, in denen sich Deutschland befindet, das Minimum
dessen bezeichnet, was die deutschen Küstenstaaten, den dringenden Gefahren
des Augenblicks gegenüber, in ihrem eigenen Interesse zu thun haben werden,
wir haben nur von einer Schraubenboolflotille und von einem preußischen
Oberbefehl in Kriegszeiten gesprochen. Wir werden später diejenigen Forde¬
rungen bezeichnen, welches das Interesse der Nation an die deutschen Küsten
stellt.

Aber schon mit jenem Minimum kann das augenblickliche, rein particuläre
Interesse befriedigt, können die deutschen Küsten in jedem Kriege, kann die
deutsche Handelsschiffsahrt der Nordsee wenigstens in einem nahcbcvorsteh en¬
den Kriege gegen Dänemark geschützt werden.

Mögen namentlich die Bewohner der Hansestädte, deren ganze Existenz
auf dem Meere beruht, bedenken, daß Redensarten in Deutschland gegenwär-


würde, ihre Flotille unter preußische» Oberbefehl zu stellen. Der Graf Bor¬
nes würde besorgen müssen, daß die Schatten jener großen Welfeuhclden,
Heinrich des Stolzen, des Löwen und des Gegenkaisers Otto, und wie jene
anarchischen Männer alle heißen, die eine große Kraft zur Schwächung und
Vernichtung der Regierungsgewalt ihres Vaterlandes vergeudeten, ihm b>e Ruhe
des Schlafes verscheuchten, wenn er nicht die Möglichkeit in Händen behielte,
die hannöversche Flotille je nach den Umständen für oder auch gegen Deutsch¬
land zu verwenden. Die übrigen deutschen Küstcnstnalen werden schwerlich
ähnliche Bedenken gegen den preußischen Oberbefehl hegen; derselbe ist das
einzige Mittel, wodurch ihnen allen einzeln und insgesammt, die Früchte des
Besitzes einer Flotille von Schraubenbooten gesichert werden können. Denn
Preußen verfolgt allein das Interesse, welches ihnen allen gemeinsam ist, „
und hat kein particuläres Interesse, am Wenigsten in der Nordsee, geltend
zu machen. So lange die hannöversche Regierung nicht gezwungen werden
kann, sich unterzuordnen, wird Hannover zu seinem eigenen und zu Deutsch¬
lands Nachtheile eine auch im Oberbefehle getrennte Schraubenflotte besitzen
müssen.

Wenn es den Küstenstaaten Ernst ist, aus der Schande und der Gefahr
ihrer gegenwärtigen Wehrlosigkeit herauszutreten, so tonnen dieselben dies nur
'dadurch bethätige», I) daß sie noch in diesem Jahre mit dem Bau von Schrau-
benboolen beginnen und 2) daß sie sich mit Preußen über die Bedingungen
vereinbaren, unter denen dasselbe ihnen die Verwendung dieser Flotte mög¬
lich machen und den Oberbefehl über dieselbe im Kriegsfall übernehmen will.

Eine Verständigung unter den einzelnen Staaten selbst ist überhaupt nicht
nothwendig. In Betreff der Verhältnißmäßigkeit der Leistung und der Gleich¬
mäßigkeit der Rüstung kann sie indeß natürlich nur nützlich sein.

Wir haben im Obigen unter Berücksichtigung des Particulargeistes und
der anarchischen Zustünde, in denen sich Deutschland befindet, das Minimum
dessen bezeichnet, was die deutschen Küstenstaaten, den dringenden Gefahren
des Augenblicks gegenüber, in ihrem eigenen Interesse zu thun haben werden,
wir haben nur von einer Schraubenboolflotille und von einem preußischen
Oberbefehl in Kriegszeiten gesprochen. Wir werden später diejenigen Forde¬
rungen bezeichnen, welches das Interesse der Nation an die deutschen Küsten
stellt.

Aber schon mit jenem Minimum kann das augenblickliche, rein particuläre
Interesse befriedigt, können die deutschen Küsten in jedem Kriege, kann die
deutsche Handelsschiffsahrt der Nordsee wenigstens in einem nahcbcvorsteh en¬
den Kriege gegen Dänemark geschützt werden.

Mögen namentlich die Bewohner der Hansestädte, deren ganze Existenz
auf dem Meere beruht, bedenken, daß Redensarten in Deutschland gegenwär-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/42>, abgerufen am 03.07.2024.