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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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den und Norweger gänzlich ausblieb, dem Anfange nicht; derselbe blieb resul¬
tatlos und ließ das Uebergewicht Dänemarks in der Ostsee bestehen.

Die norddeutschen Städte fühlten indeß die Gefahr, die ihrem Handel da¬
durch drohe. sowol die Binnenstädte als die Seestädte sandten am 11. No¬
vember 1367 ihre Gesandten nach Cöln, um der Unsicherheit der Verhält¬
nisse ein Ende zu machen, und hier wurde jener Bund geschlossen, welcher 80
Städte zu einem gemeinsamen Kriege gegen Dänemark und das mit den¬
selben verbündete Norwegen vereinigte.

Eine neue größere Kriegsrüstung wurde beschlossen, eine neue gemeinsame
Steuer ausgeschrieben. Alle niedersächsischen Seestädte stellten ihre Contingente.

Schon im April 1368 erschien die Flotte der Städte in See, und ihr
Uebergewicht war so erdrückend, daß sich keine dänische Flotte blicken ließ.
König Waldemar der Sechste floh ohne Kampf aus seinem Reiche, Kopenhagen
und Helsingborg wurden genommen, ein Theil Seelands und Schonens ero¬
bert. Dünemark, gleichzeitig von den Schleswigern und Holsteinern in Jütland
angegriffen, entging der Zerstückelung nur durch einen raschen Frieden, den die
deutschen Städte dictirten. Dieselben erhielten un Stralsunder Frieden vom
24. Mai 1370, außer ausgedehnten Handelsrechten, die Provinz Schonen auf
15 Jahre abgetreten, alle Kriegskosten ersetzt und das Recht, daß kein däni¬
scher König ohne ihre Zustimmung gewählt werde.

Auf der Höhe dieses Friedens ist die Stellung der deutschen Ostseeftüdtc
während anderthalb Jahrhunderte verblieben. Diese Stellung war durch die
Flotte der Städte errungen und wurde auch durch sie. behauptet; die Flotte
war damals die mächtigste Europa's. England hatte seinen Activhandel, die
Basis seiner Seemacht, noch nicht entwickelt.

Die Hansestädte haben ihr Uebergewicht im nördlichen Europa auch dann
behauptet, als Dänemark, Schweden und Norwegen unter einem König verei¬
nigt wurden. In drei glücklichen Kriegen (1426--1435; 1509--1512; 1S22
-- 1523) gelang es ihnen, diese Union der drei nordischen Königreiche z"
schwächen und sie endlich durch die Unterstützung der von Dänemark unter¬
drückten Schweden zu zerstören. Es war schließlich fast nur noch Lübeck, das
nördliche Venedig, welches in Verbindung mit drei oder vier Ostseestädten,
Wismar. Rostock, Stralsund. die Politik der alten Hansa fortsetzte und die
Last der Seekriege trug. Aus den andern Städten verschwand allmälig der
große politische und kriegerische Sinn der Hansa, und so hat schließlich Lübeck
allein die beiden letzten Seekriege der Hansa geführt, den vom 1534 bis 1536
gegen Dänemark und Schweden, um die Erneuerung einer Verbindung Dä¬
nemarks und Schleswig-Holsteins zu verhindern, den siebenjährigen Krieg gegen
Schweden von 1563 bis 1570. um die alte Handelsstellung im Norden z"
behaupten und dem anwachsenden Uebergewicht Schwedens entgegenzutreten.


den und Norweger gänzlich ausblieb, dem Anfange nicht; derselbe blieb resul¬
tatlos und ließ das Uebergewicht Dänemarks in der Ostsee bestehen.

Die norddeutschen Städte fühlten indeß die Gefahr, die ihrem Handel da¬
durch drohe. sowol die Binnenstädte als die Seestädte sandten am 11. No¬
vember 1367 ihre Gesandten nach Cöln, um der Unsicherheit der Verhält¬
nisse ein Ende zu machen, und hier wurde jener Bund geschlossen, welcher 80
Städte zu einem gemeinsamen Kriege gegen Dänemark und das mit den¬
selben verbündete Norwegen vereinigte.

Eine neue größere Kriegsrüstung wurde beschlossen, eine neue gemeinsame
Steuer ausgeschrieben. Alle niedersächsischen Seestädte stellten ihre Contingente.

Schon im April 1368 erschien die Flotte der Städte in See, und ihr
Uebergewicht war so erdrückend, daß sich keine dänische Flotte blicken ließ.
König Waldemar der Sechste floh ohne Kampf aus seinem Reiche, Kopenhagen
und Helsingborg wurden genommen, ein Theil Seelands und Schonens ero¬
bert. Dünemark, gleichzeitig von den Schleswigern und Holsteinern in Jütland
angegriffen, entging der Zerstückelung nur durch einen raschen Frieden, den die
deutschen Städte dictirten. Dieselben erhielten un Stralsunder Frieden vom
24. Mai 1370, außer ausgedehnten Handelsrechten, die Provinz Schonen auf
15 Jahre abgetreten, alle Kriegskosten ersetzt und das Recht, daß kein däni¬
scher König ohne ihre Zustimmung gewählt werde.

Auf der Höhe dieses Friedens ist die Stellung der deutschen Ostseeftüdtc
während anderthalb Jahrhunderte verblieben. Diese Stellung war durch die
Flotte der Städte errungen und wurde auch durch sie. behauptet; die Flotte
war damals die mächtigste Europa's. England hatte seinen Activhandel, die
Basis seiner Seemacht, noch nicht entwickelt.

Die Hansestädte haben ihr Uebergewicht im nördlichen Europa auch dann
behauptet, als Dänemark, Schweden und Norwegen unter einem König verei¬
nigt wurden. In drei glücklichen Kriegen (1426—1435; 1509—1512; 1S22
— 1523) gelang es ihnen, diese Union der drei nordischen Königreiche z"
schwächen und sie endlich durch die Unterstützung der von Dänemark unter¬
drückten Schweden zu zerstören. Es war schließlich fast nur noch Lübeck, das
nördliche Venedig, welches in Verbindung mit drei oder vier Ostseestädten,
Wismar. Rostock, Stralsund. die Politik der alten Hansa fortsetzte und die
Last der Seekriege trug. Aus den andern Städten verschwand allmälig der
große politische und kriegerische Sinn der Hansa, und so hat schließlich Lübeck
allein die beiden letzten Seekriege der Hansa geführt, den vom 1534 bis 1536
gegen Dänemark und Schweden, um die Erneuerung einer Verbindung Dä¬
nemarks und Schleswig-Holsteins zu verhindern, den siebenjährigen Krieg gegen
Schweden von 1563 bis 1570. um die alte Handelsstellung im Norden z"
behaupten und dem anwachsenden Uebergewicht Schwedens entgegenzutreten.


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[0374] den und Norweger gänzlich ausblieb, dem Anfange nicht; derselbe blieb resul¬ tatlos und ließ das Uebergewicht Dänemarks in der Ostsee bestehen. Die norddeutschen Städte fühlten indeß die Gefahr, die ihrem Handel da¬ durch drohe. sowol die Binnenstädte als die Seestädte sandten am 11. No¬ vember 1367 ihre Gesandten nach Cöln, um der Unsicherheit der Verhält¬ nisse ein Ende zu machen, und hier wurde jener Bund geschlossen, welcher 80 Städte zu einem gemeinsamen Kriege gegen Dänemark und das mit den¬ selben verbündete Norwegen vereinigte. Eine neue größere Kriegsrüstung wurde beschlossen, eine neue gemeinsame Steuer ausgeschrieben. Alle niedersächsischen Seestädte stellten ihre Contingente. Schon im April 1368 erschien die Flotte der Städte in See, und ihr Uebergewicht war so erdrückend, daß sich keine dänische Flotte blicken ließ. König Waldemar der Sechste floh ohne Kampf aus seinem Reiche, Kopenhagen und Helsingborg wurden genommen, ein Theil Seelands und Schonens ero¬ bert. Dünemark, gleichzeitig von den Schleswigern und Holsteinern in Jütland angegriffen, entging der Zerstückelung nur durch einen raschen Frieden, den die deutschen Städte dictirten. Dieselben erhielten un Stralsunder Frieden vom 24. Mai 1370, außer ausgedehnten Handelsrechten, die Provinz Schonen auf 15 Jahre abgetreten, alle Kriegskosten ersetzt und das Recht, daß kein däni¬ scher König ohne ihre Zustimmung gewählt werde. Auf der Höhe dieses Friedens ist die Stellung der deutschen Ostseeftüdtc während anderthalb Jahrhunderte verblieben. Diese Stellung war durch die Flotte der Städte errungen und wurde auch durch sie. behauptet; die Flotte war damals die mächtigste Europa's. England hatte seinen Activhandel, die Basis seiner Seemacht, noch nicht entwickelt. Die Hansestädte haben ihr Uebergewicht im nördlichen Europa auch dann behauptet, als Dänemark, Schweden und Norwegen unter einem König verei¬ nigt wurden. In drei glücklichen Kriegen (1426—1435; 1509—1512; 1S22 — 1523) gelang es ihnen, diese Union der drei nordischen Königreiche z" schwächen und sie endlich durch die Unterstützung der von Dänemark unter¬ drückten Schweden zu zerstören. Es war schließlich fast nur noch Lübeck, das nördliche Venedig, welches in Verbindung mit drei oder vier Ostseestädten, Wismar. Rostock, Stralsund. die Politik der alten Hansa fortsetzte und die Last der Seekriege trug. Aus den andern Städten verschwand allmälig der große politische und kriegerische Sinn der Hansa, und so hat schließlich Lübeck allein die beiden letzten Seekriege der Hansa geführt, den vom 1534 bis 1536 gegen Dänemark und Schweden, um die Erneuerung einer Verbindung Dä¬ nemarks und Schleswig-Holsteins zu verhindern, den siebenjährigen Krieg gegen Schweden von 1563 bis 1570. um die alte Handelsstellung im Norden z" behaupten und dem anwachsenden Uebergewicht Schwedens entgegenzutreten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/374>, abgerufen am 22.07.2024.