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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Walker den Seinigen durch die von ihm sanctionirten Justizmorde das Beispiel. Ein
empörender Act von Grausamkeit war die Hinrichtung eines der Agenten der Gegen¬
partei, der in einer Misston nach Costarica geschickt und vom Eommodore, oder wie
er es lieber hörte, dem Admiral, einem der unternehmendsten Anhänger Walker'S,
der mit einem kleinen bewaffneten Schiff in der Südsee kreuzte, auf der See gefan¬
gen wurde. Walker ließ ihm den Proceß als Verräther machen und ihn erschießen,
,,Jo hö Ltrot in tds Mils," war eine Lieblingssormel und oft das Ende seiner Er¬
mahnungen oder Drohungen.

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Die Truppen bekamen eine monatliche Löhnung von 3V Dollar, die aber bei
dem Werth der Papiere nur 2V---3 Dollar vorstellten, also kaum hinreichten, ihnen
den nothwendigen Drink, so hieß allgemein der Grog, zu verschaffen. Ihre Ver¬
pflegung bestand in einer Fleischportion und den landesüblichen Maiskuchen (lor-
titlg,); Brot war ein Luxusartikel, da die Proviantzufuhren aus den Vereinigten
Staaten sehr unregelmäßig waren; dieser Mangel wurde mehr von den Fremden,
als den Nordamerikanern gefühlt, da die letzter" an Mais gewöhnt waren. Außer¬
dem bekamen sie Thee, Zucker, Pfeffer, Senf und Salz; Kleidungsstücke konnten sic
aus den Vorräthen der Regierung, wenn welche vorhanden waren, für den Eintaufs-
preis bekommen, und die Offiziere zogen es vor, ihr Papiergeld auf diese Art loszu¬
werden. Bequartirt waren sie gut, da fast die Hälfte der großen Häuser von der Re¬
gierung confiscire oder von ihren Einwohnern freiwillig verlasse" worden warea.
Der Gesundheitszustand war schlecht und die Sterblichkeit groß. Während meines
Aufenthaltes gab es fast täglich Begräbnisse. Einige waren allerdings an Verwuw
düngen gestorben; sie gehörten zu Denen, die bei dem tollkühnen Unternehmen vo"
San Uacinto betheiligt waren, welches von einer Schaar Freiwilliger außer allem
Zusammenhang mit den übrigen Kriegsvpcrationcn ausgeführt wurde; es sollte
ein Ueberfall werden, der aber verrathen wurde, da die Gegenpartei viel besser
mit Kundschaftern versehen war. Die Leichenzuge waren die einzigen Momente,
wo die Flibustier sich mit einer gewissen Würde benahmen. Wenn ich einen
solchen Zug in strömendem Regen mit umgekehrten Waffen und gesenktem Haupt
unter dem monotonen Trommelschlag einen Kameraden zur letzten Ruhestätte be¬
gleiten sah, konnte ich mich des Bedauerns über die Verkehrtheit und den falsche
Ehrgeiz dieser Menschen nicht enthalten. Eine solche Gelegenheit sprach auch unmel
wie ein Nömönto mori zu den Herzen dieser Abenteurer, und der Gedanke, vielleicht
in wenigen Tagen denselben Weg zu gehen, machte sie ernst und verstimmt.
Ganzen herrschte wenig Fröhlichkeit im Lager der Flibustier, und blickte man >"
die Schenken oder in die Quartiere, so sah man sie kopfhängerisch beisammensitzen.
In den Häusern, wo Deutsche wohnten, hörte ich Abends Gesang, aber auch da
war es mehr die Vergangenheit als die Gegenwart, die in den Liedern sich aussprach"
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Zum Glück für die Leute gab es im Lager Aerzte und Medicamente, und Walker,
der selbst in seiner früheren Jugend eine Zeit lang Arzt war, hatte diesen Tro!
seinen Kranken zu verschaffen gewußt. Die Aerzte hatte" den Rang von Kapitänen
oder Majorem, nahmen aber unter Umständen auch wie der homerische Podaliriu
und Machaon an den Gefechten als Kombattanten Theil. Ob ihre Doctorendiplom-


Walker den Seinigen durch die von ihm sanctionirten Justizmorde das Beispiel. Ein
empörender Act von Grausamkeit war die Hinrichtung eines der Agenten der Gegen¬
partei, der in einer Misston nach Costarica geschickt und vom Eommodore, oder wie
er es lieber hörte, dem Admiral, einem der unternehmendsten Anhänger Walker'S,
der mit einem kleinen bewaffneten Schiff in der Südsee kreuzte, auf der See gefan¬
gen wurde. Walker ließ ihm den Proceß als Verräther machen und ihn erschießen,
,,Jo hö Ltrot in tds Mils," war eine Lieblingssormel und oft das Ende seiner Er¬
mahnungen oder Drohungen.

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Die Truppen bekamen eine monatliche Löhnung von 3V Dollar, die aber bei
dem Werth der Papiere nur 2V-—3 Dollar vorstellten, also kaum hinreichten, ihnen
den nothwendigen Drink, so hieß allgemein der Grog, zu verschaffen. Ihre Ver¬
pflegung bestand in einer Fleischportion und den landesüblichen Maiskuchen (lor-
titlg,); Brot war ein Luxusartikel, da die Proviantzufuhren aus den Vereinigten
Staaten sehr unregelmäßig waren; dieser Mangel wurde mehr von den Fremden,
als den Nordamerikanern gefühlt, da die letzter» an Mais gewöhnt waren. Außer¬
dem bekamen sie Thee, Zucker, Pfeffer, Senf und Salz; Kleidungsstücke konnten sic
aus den Vorräthen der Regierung, wenn welche vorhanden waren, für den Eintaufs-
preis bekommen, und die Offiziere zogen es vor, ihr Papiergeld auf diese Art loszu¬
werden. Bequartirt waren sie gut, da fast die Hälfte der großen Häuser von der Re¬
gierung confiscire oder von ihren Einwohnern freiwillig verlasse» worden warea.
Der Gesundheitszustand war schlecht und die Sterblichkeit groß. Während meines
Aufenthaltes gab es fast täglich Begräbnisse. Einige waren allerdings an Verwuw
düngen gestorben; sie gehörten zu Denen, die bei dem tollkühnen Unternehmen vo»
San Uacinto betheiligt waren, welches von einer Schaar Freiwilliger außer allem
Zusammenhang mit den übrigen Kriegsvpcrationcn ausgeführt wurde; es sollte
ein Ueberfall werden, der aber verrathen wurde, da die Gegenpartei viel besser
mit Kundschaftern versehen war. Die Leichenzuge waren die einzigen Momente,
wo die Flibustier sich mit einer gewissen Würde benahmen. Wenn ich einen
solchen Zug in strömendem Regen mit umgekehrten Waffen und gesenktem Haupt
unter dem monotonen Trommelschlag einen Kameraden zur letzten Ruhestätte be¬
gleiten sah, konnte ich mich des Bedauerns über die Verkehrtheit und den falsche
Ehrgeiz dieser Menschen nicht enthalten. Eine solche Gelegenheit sprach auch unmel
wie ein Nömönto mori zu den Herzen dieser Abenteurer, und der Gedanke, vielleicht
in wenigen Tagen denselben Weg zu gehen, machte sie ernst und verstimmt.
Ganzen herrschte wenig Fröhlichkeit im Lager der Flibustier, und blickte man >"
die Schenken oder in die Quartiere, so sah man sie kopfhängerisch beisammensitzen.
In den Häusern, wo Deutsche wohnten, hörte ich Abends Gesang, aber auch da
war es mehr die Vergangenheit als die Gegenwart, die in den Liedern sich aussprach«
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Zum Glück für die Leute gab es im Lager Aerzte und Medicamente, und Walker,
der selbst in seiner früheren Jugend eine Zeit lang Arzt war, hatte diesen Tro!
seinen Kranken zu verschaffen gewußt. Die Aerzte hatte« den Rang von Kapitänen
oder Majorem, nahmen aber unter Umständen auch wie der homerische Podaliriu
und Machaon an den Gefechten als Kombattanten Theil. Ob ihre Doctorendiplom-


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[0322] Walker den Seinigen durch die von ihm sanctionirten Justizmorde das Beispiel. Ein empörender Act von Grausamkeit war die Hinrichtung eines der Agenten der Gegen¬ partei, der in einer Misston nach Costarica geschickt und vom Eommodore, oder wie er es lieber hörte, dem Admiral, einem der unternehmendsten Anhänger Walker'S, der mit einem kleinen bewaffneten Schiff in der Südsee kreuzte, auf der See gefan¬ gen wurde. Walker ließ ihm den Proceß als Verräther machen und ihn erschießen, ,,Jo hö Ltrot in tds Mils," war eine Lieblingssormel und oft das Ende seiner Er¬ mahnungen oder Drohungen. >^ ni mu , N'UUNII lMlir.N 'HIN? Hin chL .'-i-'ilünll ^ i-cjÄ ulu ?c,w<I Die Truppen bekamen eine monatliche Löhnung von 3V Dollar, die aber bei dem Werth der Papiere nur 2V-—3 Dollar vorstellten, also kaum hinreichten, ihnen den nothwendigen Drink, so hieß allgemein der Grog, zu verschaffen. Ihre Ver¬ pflegung bestand in einer Fleischportion und den landesüblichen Maiskuchen (lor- titlg,); Brot war ein Luxusartikel, da die Proviantzufuhren aus den Vereinigten Staaten sehr unregelmäßig waren; dieser Mangel wurde mehr von den Fremden, als den Nordamerikanern gefühlt, da die letzter» an Mais gewöhnt waren. Außer¬ dem bekamen sie Thee, Zucker, Pfeffer, Senf und Salz; Kleidungsstücke konnten sic aus den Vorräthen der Regierung, wenn welche vorhanden waren, für den Eintaufs- preis bekommen, und die Offiziere zogen es vor, ihr Papiergeld auf diese Art loszu¬ werden. Bequartirt waren sie gut, da fast die Hälfte der großen Häuser von der Re¬ gierung confiscire oder von ihren Einwohnern freiwillig verlasse» worden warea. Der Gesundheitszustand war schlecht und die Sterblichkeit groß. Während meines Aufenthaltes gab es fast täglich Begräbnisse. Einige waren allerdings an Verwuw düngen gestorben; sie gehörten zu Denen, die bei dem tollkühnen Unternehmen vo» San Uacinto betheiligt waren, welches von einer Schaar Freiwilliger außer allem Zusammenhang mit den übrigen Kriegsvpcrationcn ausgeführt wurde; es sollte ein Ueberfall werden, der aber verrathen wurde, da die Gegenpartei viel besser mit Kundschaftern versehen war. Die Leichenzuge waren die einzigen Momente, wo die Flibustier sich mit einer gewissen Würde benahmen. Wenn ich einen solchen Zug in strömendem Regen mit umgekehrten Waffen und gesenktem Haupt unter dem monotonen Trommelschlag einen Kameraden zur letzten Ruhestätte be¬ gleiten sah, konnte ich mich des Bedauerns über die Verkehrtheit und den falsche Ehrgeiz dieser Menschen nicht enthalten. Eine solche Gelegenheit sprach auch unmel wie ein Nömönto mori zu den Herzen dieser Abenteurer, und der Gedanke, vielleicht in wenigen Tagen denselben Weg zu gehen, machte sie ernst und verstimmt. Ganzen herrschte wenig Fröhlichkeit im Lager der Flibustier, und blickte man >" die Schenken oder in die Quartiere, so sah man sie kopfhängerisch beisammensitzen. In den Häusern, wo Deutsche wohnten, hörte ich Abends Gesang, aber auch da war es mehr die Vergangenheit als die Gegenwart, die in den Liedern sich aussprach« -i- all ,t--.^,i^ .--.eka-.in.- .xch'VA .in? et^ Zum Glück für die Leute gab es im Lager Aerzte und Medicamente, und Walker, der selbst in seiner früheren Jugend eine Zeit lang Arzt war, hatte diesen Tro! seinen Kranken zu verschaffen gewußt. Die Aerzte hatte« den Rang von Kapitänen oder Majorem, nahmen aber unter Umständen auch wie der homerische Podaliriu und Machaon an den Gefechten als Kombattanten Theil. Ob ihre Doctorendiplom-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/322>, abgerufen am 23.12.2024.