Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.schmutzig, die besten geflickt. Die meisten hatten jedoch keine Oberkleider, sondern Diese Armee imponirt den Eingebornen durch ihre Fürchterlichkcit und Ele¬ Die Frage drängte sich nothwendig auf: Wer sind diese Leute und welcher schmutzig, die besten geflickt. Die meisten hatten jedoch keine Oberkleider, sondern Diese Armee imponirt den Eingebornen durch ihre Fürchterlichkcit und Ele¬ Die Frage drängte sich nothwendig auf: Wer sind diese Leute und welcher <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0320" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112290"/> <p xml:id="ID_1041" prev="#ID_1040"> schmutzig, die besten geflickt. Die meisten hatten jedoch keine Oberkleider, sondern<lb/> erschienen in buntfarbigen Hemden und Beinkleidern, selbst einige Obersten und Majore<lb/> waren in dieser urzuständlichen Campagnetoilette. Eben so vielfältig waren die<lb/> Kopfbedeckungen, und ein Theatcrregisseur, der eine improvisirte Nationalgarde in<lb/> einer Posse zu einer Caricatur machen wollte, würde diese Schaaren um die Mannig¬<lb/> faltigkeit ihrer Costüme beneidet haben. Einige Offiziere, dem Generalstab angehörig,<lb/> in blauen Waffenröcken und Filzhüten mit breiten Rändern. Federn und Cocarden<lb/> stachen gegen die übrigen wie Stutzer ab. Alle Offiziere trugen rothe Halsbinden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1042"> Diese Armee imponirt den Eingebornen durch ihre Fürchterlichkcit und Ele¬<lb/> ganz, da sie alle im Besitz von Feuerwaffen und von Schuhen oder Stiefeln waren.<lb/> Die Feuerwaffen waren gut und so blank geputzt, daß der Gcneralinspector der<lb/> Armee bei der Besichtigung nur selten Tadel äußerte; die Offiziere hatten außer dem<lb/> Säbel auch Revolver. Die Zeit der Erwartung verkürzten sich die Leute durch<lb/> Kigarrcnrauchen, aber die Conversation war flau. Auf vielen Gesichtern war<lb/> Gleichgiltigkeit, auf andern Mißmuth und Unwillen angedeutet. Viele hatten ein<lb/> krankes Aussehen, und man erkannte an dem tiefern Gelb leicht Diejenigen, die<lb/> schon mehrere Monate dem Einfluß des Klimas ausgesetzt waren. Die Kupferrothe<lb/> auf Nasen und Backen bewies, daß die Libationen häufig waren, und Einer ver¬<lb/> sicherte much ernstlich, daß das Ausbleiben von Branntwein Allen mehr zu Herzen<lb/> ginge, als eine Verlorne Schlacht. Die Primchcn gaben ihrem Gesichtsausdruck et¬<lb/> was Uniformes.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1043" next="#ID_1044"> Die Frage drängte sich nothwendig auf: Wer sind diese Leute und welcher<lb/> Zufall hat sie hier zusammengewürfelt? Fast jede Nationalität war vertreten. Die<lb/> stärksten Kontingente lieferten die Vereinigten Staaten, Deutschland und Irland;<lb/> Franzosen gab es nur noch wenige, da vor einigen Wochen fast alle zur Gegen¬<lb/> partei übergegangen waren; auch einige Polen und Ungarn hatten sich hierher<lb/> verirrt. Die Deutschen waren bei Walker sehr beliebt, weil sie die Verläßlichsten<lb/> waren und sich weniger zu Zänkereien hinneigten als die Uebrigen. Viele von<lb/> unseren Landsleuten waren Militärflüchtige oder Leute, die in New-York ohne Be¬<lb/> schäftigung lebten und durch die Noth oder durch die Aussicht auf hohen Sold und<lb/> Landbesitz verlockt wurden. Mehrere sind getäuscht worden, unter der Vorspiegelung,<lb/> daß man ihnen Land schenken werde, ohne daß man sie von der Bedingung einer<lb/> vorhergehenden sechsmonatlichen Dienstzeit in Kenntniß gesetzt hatte. Die in's Garn<lb/> gelockten Amerikaner haben gegen den Betrug protestirt und ihr Consul hat mit<lb/> schwerem Herzen sie gegen die Anmaßung der Walker'sehen Regierung beschützen und<lb/> ihnen eine sreie Passage nach den Vereinigten Staaten verschaffen müssen. Deutsch'<lb/> land hatte zwei Konsulate, ein preußisches und eins für die Hansestädte in Granada.<lb/> Was thaten die Konsuln Deutschlands? Was die deutschen Konsuln mit wenigen<lb/> Ausnahmen in aller Welt thun, nämlich — Nichts, als das Volk, das sie vertreten<lb/> sollen, lächerlich und in den Augen der Fremden verächtlich zu machen. Eine zweite<lb/> Klasse der Flibustier waren solche, welche in Kalifornien beim Goldsuchcn kein Glück<lb/> und nicht die Lust und den Muth hatten, sich auf eine andere Weife fortzubringen.<lb/> Eine dritte Klasse waren schlechte Subjecte, die irgendwo mit den Gesetzen in Kokil-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0320]
schmutzig, die besten geflickt. Die meisten hatten jedoch keine Oberkleider, sondern
erschienen in buntfarbigen Hemden und Beinkleidern, selbst einige Obersten und Majore
waren in dieser urzuständlichen Campagnetoilette. Eben so vielfältig waren die
Kopfbedeckungen, und ein Theatcrregisseur, der eine improvisirte Nationalgarde in
einer Posse zu einer Caricatur machen wollte, würde diese Schaaren um die Mannig¬
faltigkeit ihrer Costüme beneidet haben. Einige Offiziere, dem Generalstab angehörig,
in blauen Waffenröcken und Filzhüten mit breiten Rändern. Federn und Cocarden
stachen gegen die übrigen wie Stutzer ab. Alle Offiziere trugen rothe Halsbinden.
Diese Armee imponirt den Eingebornen durch ihre Fürchterlichkcit und Ele¬
ganz, da sie alle im Besitz von Feuerwaffen und von Schuhen oder Stiefeln waren.
Die Feuerwaffen waren gut und so blank geputzt, daß der Gcneralinspector der
Armee bei der Besichtigung nur selten Tadel äußerte; die Offiziere hatten außer dem
Säbel auch Revolver. Die Zeit der Erwartung verkürzten sich die Leute durch
Kigarrcnrauchen, aber die Conversation war flau. Auf vielen Gesichtern war
Gleichgiltigkeit, auf andern Mißmuth und Unwillen angedeutet. Viele hatten ein
krankes Aussehen, und man erkannte an dem tiefern Gelb leicht Diejenigen, die
schon mehrere Monate dem Einfluß des Klimas ausgesetzt waren. Die Kupferrothe
auf Nasen und Backen bewies, daß die Libationen häufig waren, und Einer ver¬
sicherte much ernstlich, daß das Ausbleiben von Branntwein Allen mehr zu Herzen
ginge, als eine Verlorne Schlacht. Die Primchcn gaben ihrem Gesichtsausdruck et¬
was Uniformes.'
Die Frage drängte sich nothwendig auf: Wer sind diese Leute und welcher
Zufall hat sie hier zusammengewürfelt? Fast jede Nationalität war vertreten. Die
stärksten Kontingente lieferten die Vereinigten Staaten, Deutschland und Irland;
Franzosen gab es nur noch wenige, da vor einigen Wochen fast alle zur Gegen¬
partei übergegangen waren; auch einige Polen und Ungarn hatten sich hierher
verirrt. Die Deutschen waren bei Walker sehr beliebt, weil sie die Verläßlichsten
waren und sich weniger zu Zänkereien hinneigten als die Uebrigen. Viele von
unseren Landsleuten waren Militärflüchtige oder Leute, die in New-York ohne Be¬
schäftigung lebten und durch die Noth oder durch die Aussicht auf hohen Sold und
Landbesitz verlockt wurden. Mehrere sind getäuscht worden, unter der Vorspiegelung,
daß man ihnen Land schenken werde, ohne daß man sie von der Bedingung einer
vorhergehenden sechsmonatlichen Dienstzeit in Kenntniß gesetzt hatte. Die in's Garn
gelockten Amerikaner haben gegen den Betrug protestirt und ihr Consul hat mit
schwerem Herzen sie gegen die Anmaßung der Walker'sehen Regierung beschützen und
ihnen eine sreie Passage nach den Vereinigten Staaten verschaffen müssen. Deutsch'
land hatte zwei Konsulate, ein preußisches und eins für die Hansestädte in Granada.
Was thaten die Konsuln Deutschlands? Was die deutschen Konsuln mit wenigen
Ausnahmen in aller Welt thun, nämlich — Nichts, als das Volk, das sie vertreten
sollen, lächerlich und in den Augen der Fremden verächtlich zu machen. Eine zweite
Klasse der Flibustier waren solche, welche in Kalifornien beim Goldsuchcn kein Glück
und nicht die Lust und den Muth hatten, sich auf eine andere Weife fortzubringen.
Eine dritte Klasse waren schlechte Subjecte, die irgendwo mit den Gesetzen in Kokil-
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