Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

staws causae anberaumt wurde. Die Termine wurden vom 26. August
bis 25. November 1839 anberaumt, doch fielen mehrere davon aus, weil viele
Acten, deren Einsicht den Sachwaltern der Parteien zu ihrer Information
nöthig gewesen würe. nicht beschafft werden konnten, worauf am 16. No¬
vember 1842 die Specialacten glücklich geschlossen wurden. In dem am
8. Februar 1843 anberaumten Jnrotulationstermin wurden im Ganzen 259
Acten verzeichnet und demnächst zur Abfassung einer vollständigen, die früheren
Urtel entbehrlich machenden Locatorie verschütten. Es ist erfreulich hierbei
melden zu können, daß die damit beauftragten Referenten das Schicksal ihrer
Vorgänger in Wittenberg nicht getheilt haben, und von dem Actenstudium
weder blind geworden noch gestorben sind, was gewiß nicht zu verwundern
wäre, wenn man bedenkt, daß die mit der Reinschrift des Erkenntnisses so¬
wie der Nebenvcrfügung wegen Ausfertigung und Insinuation desselben be¬
schäftigten sieben Schreiber vom 9. August bis 28. Oktober daran zu thun
hatten und 17.263 Seiten schrieben, die hiernach in mehreren Tragkörben zur
Post an die Adressaten befördert wurden.

Ueber die letzte Epoche unseres Riesenprocesscs müssen wir kurz sein.
Im Jahre 1849 wurde der eximirte Gerichtsstand in Preußen aufgehoben,
und in Folge dieser Maßregel kehrte der Concurs in seine Wiege, Eisleben
zurück. Sämmtliche Acten wurden dahin versandt und dem dortigen Kreisge-
ncht die weitere Bearbeitung der Sache übertragen. Im Laufe der elf Jahre,
seit welchen die Angelegenheit hier schwebt, sind über einzelne und zwar über
die wichtigsten Liquidate Erkenntnisse zweiter Instanz aufgehoben und die
Sache von dem Tribunale zur Entscheidung an die erste Instanz zurückgewie¬
sen, sodcch der Proceßgang von Neuem durchzumachen war.

Soviel uns bekannt geworden, ist nun über alle streitigen Fragen rechts¬
kräftig entschieden und die Sache der Calculatur zugestellt, damit sie den
Vertheilungsplan entwerfe. Ferner hat man Schritte gethan, um die Activ-
wasse herbeizuschaffen, die größtenteils sich in den Händen Sachsens befindet
und in preußischen Staatsschuldschcinen angelegt ist. Ob die Herausgabe er-
folgt ist, wissen wir nicht, möchten es aber bezweifeln.

Wie man es mit dem sicher zur Masse gehörigen Fräuleinsstist in Artern
gehalten und ob der preußische Staat der Masse den Werth dieses in seinen
Grenzen nicht mehr erkennbaren Gutes ersetzt hat, ist uns gleichfalls unbekannt.
Dagegen hören wir. die Calculatur habe die Entdeckung gemacht, daß die
Erkenntnisse, welche den einzelnen Liquidanten Bruchtheile einer bestimmten
Summe -- z. B. '""/--" -- zusprechen, nicht richtig sind, und daß die Brüche
andere Zähler und Nenner haben müssen. Es hat dies seinen Grund darin,
daß die jetzigen Liquidanten durch viele Generationen von den ursprünglichen
Gläubigern abstammen und die Abstammung sich so verzweigt hat. daß große


Grenzboten III. 1361. ^

staws causae anberaumt wurde. Die Termine wurden vom 26. August
bis 25. November 1839 anberaumt, doch fielen mehrere davon aus, weil viele
Acten, deren Einsicht den Sachwaltern der Parteien zu ihrer Information
nöthig gewesen würe. nicht beschafft werden konnten, worauf am 16. No¬
vember 1842 die Specialacten glücklich geschlossen wurden. In dem am
8. Februar 1843 anberaumten Jnrotulationstermin wurden im Ganzen 259
Acten verzeichnet und demnächst zur Abfassung einer vollständigen, die früheren
Urtel entbehrlich machenden Locatorie verschütten. Es ist erfreulich hierbei
melden zu können, daß die damit beauftragten Referenten das Schicksal ihrer
Vorgänger in Wittenberg nicht getheilt haben, und von dem Actenstudium
weder blind geworden noch gestorben sind, was gewiß nicht zu verwundern
wäre, wenn man bedenkt, daß die mit der Reinschrift des Erkenntnisses so¬
wie der Nebenvcrfügung wegen Ausfertigung und Insinuation desselben be¬
schäftigten sieben Schreiber vom 9. August bis 28. Oktober daran zu thun
hatten und 17.263 Seiten schrieben, die hiernach in mehreren Tragkörben zur
Post an die Adressaten befördert wurden.

Ueber die letzte Epoche unseres Riesenprocesscs müssen wir kurz sein.
Im Jahre 1849 wurde der eximirte Gerichtsstand in Preußen aufgehoben,
und in Folge dieser Maßregel kehrte der Concurs in seine Wiege, Eisleben
zurück. Sämmtliche Acten wurden dahin versandt und dem dortigen Kreisge-
ncht die weitere Bearbeitung der Sache übertragen. Im Laufe der elf Jahre,
seit welchen die Angelegenheit hier schwebt, sind über einzelne und zwar über
die wichtigsten Liquidate Erkenntnisse zweiter Instanz aufgehoben und die
Sache von dem Tribunale zur Entscheidung an die erste Instanz zurückgewie¬
sen, sodcch der Proceßgang von Neuem durchzumachen war.

Soviel uns bekannt geworden, ist nun über alle streitigen Fragen rechts¬
kräftig entschieden und die Sache der Calculatur zugestellt, damit sie den
Vertheilungsplan entwerfe. Ferner hat man Schritte gethan, um die Activ-
wasse herbeizuschaffen, die größtenteils sich in den Händen Sachsens befindet
und in preußischen Staatsschuldschcinen angelegt ist. Ob die Herausgabe er-
folgt ist, wissen wir nicht, möchten es aber bezweifeln.

Wie man es mit dem sicher zur Masse gehörigen Fräuleinsstist in Artern
gehalten und ob der preußische Staat der Masse den Werth dieses in seinen
Grenzen nicht mehr erkennbaren Gutes ersetzt hat, ist uns gleichfalls unbekannt.
Dagegen hören wir. die Calculatur habe die Entdeckung gemacht, daß die
Erkenntnisse, welche den einzelnen Liquidanten Bruchtheile einer bestimmten
Summe — z. B. '«"/--« — zusprechen, nicht richtig sind, und daß die Brüche
andere Zähler und Nenner haben müssen. Es hat dies seinen Grund darin,
daß die jetzigen Liquidanten durch viele Generationen von den ursprünglichen
Gläubigern abstammen und die Abstammung sich so verzweigt hat. daß große


Grenzboten III. 1361. ^
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0275" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112245"/>
          <p xml:id="ID_906" prev="#ID_905"> staws causae anberaumt wurde. Die Termine wurden vom 26. August<lb/>
bis 25. November 1839 anberaumt, doch fielen mehrere davon aus, weil viele<lb/>
Acten, deren Einsicht den Sachwaltern der Parteien zu ihrer Information<lb/>
nöthig gewesen würe. nicht beschafft werden konnten, worauf am 16. No¬<lb/>
vember 1842 die Specialacten glücklich geschlossen wurden. In dem am<lb/>
8. Februar 1843 anberaumten Jnrotulationstermin wurden im Ganzen 259<lb/>
Acten verzeichnet und demnächst zur Abfassung einer vollständigen, die früheren<lb/>
Urtel entbehrlich machenden Locatorie verschütten. Es ist erfreulich hierbei<lb/>
melden zu können, daß die damit beauftragten Referenten das Schicksal ihrer<lb/>
Vorgänger in Wittenberg nicht getheilt haben, und von dem Actenstudium<lb/>
weder blind geworden noch gestorben sind, was gewiß nicht zu verwundern<lb/>
wäre, wenn man bedenkt, daß die mit der Reinschrift des Erkenntnisses so¬<lb/>
wie der Nebenvcrfügung wegen Ausfertigung und Insinuation desselben be¬<lb/>
schäftigten sieben Schreiber vom 9. August bis 28. Oktober daran zu thun<lb/>
hatten und 17.263 Seiten schrieben, die hiernach in mehreren Tragkörben zur<lb/>
Post an die Adressaten befördert wurden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_907"> Ueber die letzte Epoche unseres Riesenprocesscs müssen wir kurz sein.<lb/>
Im Jahre 1849 wurde der eximirte Gerichtsstand in Preußen aufgehoben,<lb/>
und in Folge dieser Maßregel kehrte der Concurs in seine Wiege, Eisleben<lb/>
zurück. Sämmtliche Acten wurden dahin versandt und dem dortigen Kreisge-<lb/>
ncht die weitere Bearbeitung der Sache übertragen. Im Laufe der elf Jahre,<lb/>
seit welchen die Angelegenheit hier schwebt, sind über einzelne und zwar über<lb/>
die wichtigsten Liquidate Erkenntnisse zweiter Instanz aufgehoben und die<lb/>
Sache von dem Tribunale zur Entscheidung an die erste Instanz zurückgewie¬<lb/>
sen, sodcch der Proceßgang von Neuem durchzumachen war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_908"> Soviel uns bekannt geworden, ist nun über alle streitigen Fragen rechts¬<lb/>
kräftig entschieden und die Sache der Calculatur zugestellt, damit sie den<lb/>
Vertheilungsplan entwerfe. Ferner hat man Schritte gethan, um die Activ-<lb/>
wasse herbeizuschaffen, die größtenteils sich in den Händen Sachsens befindet<lb/>
und in preußischen Staatsschuldschcinen angelegt ist. Ob die Herausgabe er-<lb/>
folgt ist, wissen wir nicht, möchten es aber bezweifeln.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_909" next="#ID_910"> Wie man es mit dem sicher zur Masse gehörigen Fräuleinsstist in Artern<lb/>
gehalten und ob der preußische Staat der Masse den Werth dieses in seinen<lb/>
Grenzen nicht mehr erkennbaren Gutes ersetzt hat, ist uns gleichfalls unbekannt.<lb/>
Dagegen hören wir. die Calculatur habe die Entdeckung gemacht, daß die<lb/>
Erkenntnisse, welche den einzelnen Liquidanten Bruchtheile einer bestimmten<lb/>
Summe &#x2014; z. B. '«"/--« &#x2014; zusprechen, nicht richtig sind, und daß die Brüche<lb/>
andere Zähler und Nenner haben müssen. Es hat dies seinen Grund darin,<lb/>
daß die jetzigen Liquidanten durch viele Generationen von den ursprünglichen<lb/>
Gläubigern abstammen und die Abstammung sich so verzweigt hat. daß große</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1361. ^</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0275] staws causae anberaumt wurde. Die Termine wurden vom 26. August bis 25. November 1839 anberaumt, doch fielen mehrere davon aus, weil viele Acten, deren Einsicht den Sachwaltern der Parteien zu ihrer Information nöthig gewesen würe. nicht beschafft werden konnten, worauf am 16. No¬ vember 1842 die Specialacten glücklich geschlossen wurden. In dem am 8. Februar 1843 anberaumten Jnrotulationstermin wurden im Ganzen 259 Acten verzeichnet und demnächst zur Abfassung einer vollständigen, die früheren Urtel entbehrlich machenden Locatorie verschütten. Es ist erfreulich hierbei melden zu können, daß die damit beauftragten Referenten das Schicksal ihrer Vorgänger in Wittenberg nicht getheilt haben, und von dem Actenstudium weder blind geworden noch gestorben sind, was gewiß nicht zu verwundern wäre, wenn man bedenkt, daß die mit der Reinschrift des Erkenntnisses so¬ wie der Nebenvcrfügung wegen Ausfertigung und Insinuation desselben be¬ schäftigten sieben Schreiber vom 9. August bis 28. Oktober daran zu thun hatten und 17.263 Seiten schrieben, die hiernach in mehreren Tragkörben zur Post an die Adressaten befördert wurden. Ueber die letzte Epoche unseres Riesenprocesscs müssen wir kurz sein. Im Jahre 1849 wurde der eximirte Gerichtsstand in Preußen aufgehoben, und in Folge dieser Maßregel kehrte der Concurs in seine Wiege, Eisleben zurück. Sämmtliche Acten wurden dahin versandt und dem dortigen Kreisge- ncht die weitere Bearbeitung der Sache übertragen. Im Laufe der elf Jahre, seit welchen die Angelegenheit hier schwebt, sind über einzelne und zwar über die wichtigsten Liquidate Erkenntnisse zweiter Instanz aufgehoben und die Sache von dem Tribunale zur Entscheidung an die erste Instanz zurückgewie¬ sen, sodcch der Proceßgang von Neuem durchzumachen war. Soviel uns bekannt geworden, ist nun über alle streitigen Fragen rechts¬ kräftig entschieden und die Sache der Calculatur zugestellt, damit sie den Vertheilungsplan entwerfe. Ferner hat man Schritte gethan, um die Activ- wasse herbeizuschaffen, die größtenteils sich in den Händen Sachsens befindet und in preußischen Staatsschuldschcinen angelegt ist. Ob die Herausgabe er- folgt ist, wissen wir nicht, möchten es aber bezweifeln. Wie man es mit dem sicher zur Masse gehörigen Fräuleinsstist in Artern gehalten und ob der preußische Staat der Masse den Werth dieses in seinen Grenzen nicht mehr erkennbaren Gutes ersetzt hat, ist uns gleichfalls unbekannt. Dagegen hören wir. die Calculatur habe die Entdeckung gemacht, daß die Erkenntnisse, welche den einzelnen Liquidanten Bruchtheile einer bestimmten Summe — z. B. '«"/--« — zusprechen, nicht richtig sind, und daß die Brüche andere Zähler und Nenner haben müssen. Es hat dies seinen Grund darin, daß die jetzigen Liquidanten durch viele Generationen von den ursprünglichen Gläubigern abstammen und die Abstammung sich so verzweigt hat. daß große Grenzboten III. 1361. ^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/275
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/275>, abgerufen am 01.07.2024.