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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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scheinen begriffen zu haben, daß in der Frage ein großer Krieg verborgen liegt,
der nur durch Befriedigung der Ansprüche Deutschlands zu verhüten ist. eng¬
lische Diplomaten haben über die Verhältnisse in Schleswig berichtet, wie wir
nur wünschen konnten. Jetzt kommt dazu noch die Schrift einer Gesellschaft,
die sich sehr entschieden gegen das Londoner Protokoll erklärt.

Das Lancashire-Foreign-Affairs-Committee, eine Anzahl von Leuten,
die sich aus bloßer Lust und Liebe mit den Fragen auswärtiger Politik be¬
schäftigen, hat in fünf Abhandlungen die Schleswig-holsteinische Frage in dem
Lichte erörtert, daß hinter der Redensart von der Nothwendigkeit der Erhal¬
tung der dänischen Monarchie das Interesse Rußlands steht. Sie sagen uns
damit eben nichts Neues, aber sie treffen damit den Punkt, wo Englands Inter¬
esse mit dem unsern zusammenfällt, und wenn ihre Darstellung durchschlüge,
so wäre in der That eine Umstimmung der öffentlichen Meinung in England
ZU hoffen. Es ist darum bedauerlich, daß Urquhart. der das Haupt dieser Gesell¬
schaft ist. sich durch seine thörichten Anklagen gegen Palmerston um allen Credit
gebracht hat. Wenn er hier einmal im Wesentlichen Recht hat, so ist der Um¬
stand, daß er sich der Sache annimmt (auch sein Organ, die "Free Preß" wirkt
lebhaft für dieselbe. D. Red,), eher von Schaden, als von Nutzen für uns.

Die erste Abhandlung gibt die Gründe an, weshalb das Londoner
Protokoll vom 8. Mai 1852 aufgehoben und solche anderweite Maßregeln er¬
griffen werden sollten, welche nothwendig sind, um die Vereinigung der Krone"
von Dänemark und Rußland auf demselben Haupte zu verhindern. Die
zweite bespricht den Commissionsbericht des dänischen Reichstags über die kö¬
nigliche Botschaft vom 4. October 1852 in Betreff der Thronfolge, eine Bot¬
schaft, die bekanntlich lebhaften und langdauernden Widerstand bei dem Reichs¬
tag fand. Die dritte zeigt, wie am 3. Juni 1853 im Oberhause und am
l2. August desselben Jahres im Unterhause die Interpellationen hinsichtlich
Schleswig-Holsteins mit Ausflüchten, die betreffenden Papiere nähmen eooo,
Folioseiten ein. wären ohne Interesse, lohnten den Druck nicht, u. s. w. be¬
antwortet wurden. In der vierten Mittheilung erhalten wir die Korrespon¬
denz des Committee mit Lord Malmesbury. dem Unterzeichner des Londoner
Protokolls, in welcher letzterer läugnet, daß durch jenes Abkommen dem Peters¬
burger Hofe die Nachfolge in Dänemark und Schleswig-Holstein gesichert
worden sei. Der fünfte Abschnitt endlich gibt eine Denkschrift Usedoms, in
welcher dem König von Preußen abgerathen wird, in die Aenderung der
Thronfolge in Dänemark zu willigen.

Der erste Abschnitt versucht zunächst den Ursprung des Londoner Proto¬
kolls nachzuweisen, und wir heben daraus die folgende Stelle als Probe der
Auffassung der Sache durch die Gesellschaft hervor.

.,Der Prinz, welcher nach dem Protokoll Dänemark und die Herzogthü-


scheinen begriffen zu haben, daß in der Frage ein großer Krieg verborgen liegt,
der nur durch Befriedigung der Ansprüche Deutschlands zu verhüten ist. eng¬
lische Diplomaten haben über die Verhältnisse in Schleswig berichtet, wie wir
nur wünschen konnten. Jetzt kommt dazu noch die Schrift einer Gesellschaft,
die sich sehr entschieden gegen das Londoner Protokoll erklärt.

Das Lancashire-Foreign-Affairs-Committee, eine Anzahl von Leuten,
die sich aus bloßer Lust und Liebe mit den Fragen auswärtiger Politik be¬
schäftigen, hat in fünf Abhandlungen die Schleswig-holsteinische Frage in dem
Lichte erörtert, daß hinter der Redensart von der Nothwendigkeit der Erhal¬
tung der dänischen Monarchie das Interesse Rußlands steht. Sie sagen uns
damit eben nichts Neues, aber sie treffen damit den Punkt, wo Englands Inter¬
esse mit dem unsern zusammenfällt, und wenn ihre Darstellung durchschlüge,
so wäre in der That eine Umstimmung der öffentlichen Meinung in England
ZU hoffen. Es ist darum bedauerlich, daß Urquhart. der das Haupt dieser Gesell¬
schaft ist. sich durch seine thörichten Anklagen gegen Palmerston um allen Credit
gebracht hat. Wenn er hier einmal im Wesentlichen Recht hat, so ist der Um¬
stand, daß er sich der Sache annimmt (auch sein Organ, die „Free Preß" wirkt
lebhaft für dieselbe. D. Red,), eher von Schaden, als von Nutzen für uns.

Die erste Abhandlung gibt die Gründe an, weshalb das Londoner
Protokoll vom 8. Mai 1852 aufgehoben und solche anderweite Maßregeln er¬
griffen werden sollten, welche nothwendig sind, um die Vereinigung der Krone»
von Dänemark und Rußland auf demselben Haupte zu verhindern. Die
zweite bespricht den Commissionsbericht des dänischen Reichstags über die kö¬
nigliche Botschaft vom 4. October 1852 in Betreff der Thronfolge, eine Bot¬
schaft, die bekanntlich lebhaften und langdauernden Widerstand bei dem Reichs¬
tag fand. Die dritte zeigt, wie am 3. Juni 1853 im Oberhause und am
l2. August desselben Jahres im Unterhause die Interpellationen hinsichtlich
Schleswig-Holsteins mit Ausflüchten, die betreffenden Papiere nähmen eooo,
Folioseiten ein. wären ohne Interesse, lohnten den Druck nicht, u. s. w. be¬
antwortet wurden. In der vierten Mittheilung erhalten wir die Korrespon¬
denz des Committee mit Lord Malmesbury. dem Unterzeichner des Londoner
Protokolls, in welcher letzterer läugnet, daß durch jenes Abkommen dem Peters¬
burger Hofe die Nachfolge in Dänemark und Schleswig-Holstein gesichert
worden sei. Der fünfte Abschnitt endlich gibt eine Denkschrift Usedoms, in
welcher dem König von Preußen abgerathen wird, in die Aenderung der
Thronfolge in Dänemark zu willigen.

Der erste Abschnitt versucht zunächst den Ursprung des Londoner Proto¬
kolls nachzuweisen, und wir heben daraus die folgende Stelle als Probe der
Auffassung der Sache durch die Gesellschaft hervor.

.,Der Prinz, welcher nach dem Protokoll Dänemark und die Herzogthü-


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[0129] scheinen begriffen zu haben, daß in der Frage ein großer Krieg verborgen liegt, der nur durch Befriedigung der Ansprüche Deutschlands zu verhüten ist. eng¬ lische Diplomaten haben über die Verhältnisse in Schleswig berichtet, wie wir nur wünschen konnten. Jetzt kommt dazu noch die Schrift einer Gesellschaft, die sich sehr entschieden gegen das Londoner Protokoll erklärt. Das Lancashire-Foreign-Affairs-Committee, eine Anzahl von Leuten, die sich aus bloßer Lust und Liebe mit den Fragen auswärtiger Politik be¬ schäftigen, hat in fünf Abhandlungen die Schleswig-holsteinische Frage in dem Lichte erörtert, daß hinter der Redensart von der Nothwendigkeit der Erhal¬ tung der dänischen Monarchie das Interesse Rußlands steht. Sie sagen uns damit eben nichts Neues, aber sie treffen damit den Punkt, wo Englands Inter¬ esse mit dem unsern zusammenfällt, und wenn ihre Darstellung durchschlüge, so wäre in der That eine Umstimmung der öffentlichen Meinung in England ZU hoffen. Es ist darum bedauerlich, daß Urquhart. der das Haupt dieser Gesell¬ schaft ist. sich durch seine thörichten Anklagen gegen Palmerston um allen Credit gebracht hat. Wenn er hier einmal im Wesentlichen Recht hat, so ist der Um¬ stand, daß er sich der Sache annimmt (auch sein Organ, die „Free Preß" wirkt lebhaft für dieselbe. D. Red,), eher von Schaden, als von Nutzen für uns. Die erste Abhandlung gibt die Gründe an, weshalb das Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852 aufgehoben und solche anderweite Maßregeln er¬ griffen werden sollten, welche nothwendig sind, um die Vereinigung der Krone» von Dänemark und Rußland auf demselben Haupte zu verhindern. Die zweite bespricht den Commissionsbericht des dänischen Reichstags über die kö¬ nigliche Botschaft vom 4. October 1852 in Betreff der Thronfolge, eine Bot¬ schaft, die bekanntlich lebhaften und langdauernden Widerstand bei dem Reichs¬ tag fand. Die dritte zeigt, wie am 3. Juni 1853 im Oberhause und am l2. August desselben Jahres im Unterhause die Interpellationen hinsichtlich Schleswig-Holsteins mit Ausflüchten, die betreffenden Papiere nähmen eooo, Folioseiten ein. wären ohne Interesse, lohnten den Druck nicht, u. s. w. be¬ antwortet wurden. In der vierten Mittheilung erhalten wir die Korrespon¬ denz des Committee mit Lord Malmesbury. dem Unterzeichner des Londoner Protokolls, in welcher letzterer läugnet, daß durch jenes Abkommen dem Peters¬ burger Hofe die Nachfolge in Dänemark und Schleswig-Holstein gesichert worden sei. Der fünfte Abschnitt endlich gibt eine Denkschrift Usedoms, in welcher dem König von Preußen abgerathen wird, in die Aenderung der Thronfolge in Dänemark zu willigen. Der erste Abschnitt versucht zunächst den Ursprung des Londoner Proto¬ kolls nachzuweisen, und wir heben daraus die folgende Stelle als Probe der Auffassung der Sache durch die Gesellschaft hervor. .,Der Prinz, welcher nach dem Protokoll Dänemark und die Herzogthü-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/129>, abgerufen am 28.09.2024.