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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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riß des Consuls enthielten und einen purpurnen oder goldenen Rand hatten.
Anstatt weißer, mit Purpur verbrämter Kleider trug der Consul die eigentlich
zu Jupiters Garderobe gehörenden Triumphalgewünder, purpurfarbig und
mit Gold gestickt oder besetzt. Besonders die Tunica zeichnete sich durch die
Pracht der Stickerei aus, indem auf ihr Palmen und menschliche Figuren
ausgeführt waren. Der Kaiser Gratian schenkte seinem Lehrer Ausonius ein
Unterkleid mit dem eingewirkten Bilde seines Vaters Konstantins und aus
des tapfern Stilichos Kleide denkt sich der Dichter Claudian ein Gemälde,
das vier Hochzeiten darstellte. Daher starrten und knisterten diese Gewänder
von Gold und man kann sich von der Last derselben eine Vorstellung ma¬
chen, wenn man hört, daß das Gold an den Kleidern der Tochter Stilichos,
der Kaiserin Maria, deren Grab man im 16. Jahrhunderte öffnete, 36 Pfund
wog! -- In der Hand führten die Konsuln einen elfenbeinernen Scepter mit
einem Adler an der Spitze und an den Füßen weiße, später goldene Schuhe.
So fehlte zur Vervollständigung des Triumphalaufzuges nur zweierlei: der
große goldene Kranz vom Haupte Jupiters, weicher von einem Sklaven über
den Triumphator gehalten wurde und der hohe, vergoldete Prachtwagen, in
welchem derselbe zu stehen pflegte; doch wurde auch dieser Auszeichnungen
der Consul theilhaftig, wenn er am dritten Januar, vor Beginn der Spiele,
die Götterbilder in den Circus Maximus führte. Am Neujahrstage gingen
aber die Consuln dennoch nicht zu Fuße auf das Capitol, sondern erschienen
auf einem von stämmigen Sklaven getragenen, mit Silber und Gold verzier¬
ten Tragsessel. Sonst blieb die Ordnung und Zusammensetzung des Zuges
wol dieselbe. Nur die Lictoren umwanden später, wie beim Triumphe, ihre
vergoldeten, mit rothen Riemen geschnürten Fahnen mit Lorbeer und wagten
es auch, die blitzenden Beile in dieselben zu stecken, die man früher aus Ach¬
tung vor der Volkssouveränetät nur im Lager zu zeigen pflegte; und die
weiße Toga der Senatoren und Bürger erinnerte deutlicher als früher an
einen Festtag, da die Nationaltracht im gewöhnlichen Leben immer mehr
außer Gebrauch kam. Sobald sich aber die Procession in Bewegung setzte,
war die Volksmenge noch dichter, der Lärm und das Drängen noch viel stür¬
mischer als in der alten Zeit, nicht, weil die Theilnahme oder auch nur die
Neugier zugenommen hatte, sondern weil die Consuln Geld unter das Volk
streuten. Da hierin Einer den Andern an Freigebigkeit überbot, behielt ein
Gesetz des Kaisers Theodosius Goldmünzen dem Kaiser vor und bestimmte
als größtes Silberstück beim Geldauswcrsen eine Münze von ungefähr zehn
Silbergroschen. Endlich wurde aber der Skandal am Neujahrstage manchen
Regenten lästig. Man schlug sich mit Steinen und Stöcken, und wer so
glücklich war etwas zu erHaschen, brachte nichts mit nach Hause, sondern ver¬
jubelte es an demselben Tage. So schafften denn Valentinian der Dritte


riß des Consuls enthielten und einen purpurnen oder goldenen Rand hatten.
Anstatt weißer, mit Purpur verbrämter Kleider trug der Consul die eigentlich
zu Jupiters Garderobe gehörenden Triumphalgewünder, purpurfarbig und
mit Gold gestickt oder besetzt. Besonders die Tunica zeichnete sich durch die
Pracht der Stickerei aus, indem auf ihr Palmen und menschliche Figuren
ausgeführt waren. Der Kaiser Gratian schenkte seinem Lehrer Ausonius ein
Unterkleid mit dem eingewirkten Bilde seines Vaters Konstantins und aus
des tapfern Stilichos Kleide denkt sich der Dichter Claudian ein Gemälde,
das vier Hochzeiten darstellte. Daher starrten und knisterten diese Gewänder
von Gold und man kann sich von der Last derselben eine Vorstellung ma¬
chen, wenn man hört, daß das Gold an den Kleidern der Tochter Stilichos,
der Kaiserin Maria, deren Grab man im 16. Jahrhunderte öffnete, 36 Pfund
wog! — In der Hand führten die Konsuln einen elfenbeinernen Scepter mit
einem Adler an der Spitze und an den Füßen weiße, später goldene Schuhe.
So fehlte zur Vervollständigung des Triumphalaufzuges nur zweierlei: der
große goldene Kranz vom Haupte Jupiters, weicher von einem Sklaven über
den Triumphator gehalten wurde und der hohe, vergoldete Prachtwagen, in
welchem derselbe zu stehen pflegte; doch wurde auch dieser Auszeichnungen
der Consul theilhaftig, wenn er am dritten Januar, vor Beginn der Spiele,
die Götterbilder in den Circus Maximus führte. Am Neujahrstage gingen
aber die Consuln dennoch nicht zu Fuße auf das Capitol, sondern erschienen
auf einem von stämmigen Sklaven getragenen, mit Silber und Gold verzier¬
ten Tragsessel. Sonst blieb die Ordnung und Zusammensetzung des Zuges
wol dieselbe. Nur die Lictoren umwanden später, wie beim Triumphe, ihre
vergoldeten, mit rothen Riemen geschnürten Fahnen mit Lorbeer und wagten
es auch, die blitzenden Beile in dieselben zu stecken, die man früher aus Ach¬
tung vor der Volkssouveränetät nur im Lager zu zeigen pflegte; und die
weiße Toga der Senatoren und Bürger erinnerte deutlicher als früher an
einen Festtag, da die Nationaltracht im gewöhnlichen Leben immer mehr
außer Gebrauch kam. Sobald sich aber die Procession in Bewegung setzte,
war die Volksmenge noch dichter, der Lärm und das Drängen noch viel stür¬
mischer als in der alten Zeit, nicht, weil die Theilnahme oder auch nur die
Neugier zugenommen hatte, sondern weil die Consuln Geld unter das Volk
streuten. Da hierin Einer den Andern an Freigebigkeit überbot, behielt ein
Gesetz des Kaisers Theodosius Goldmünzen dem Kaiser vor und bestimmte
als größtes Silberstück beim Geldauswcrsen eine Münze von ungefähr zehn
Silbergroschen. Endlich wurde aber der Skandal am Neujahrstage manchen
Regenten lästig. Man schlug sich mit Steinen und Stöcken, und wer so
glücklich war etwas zu erHaschen, brachte nichts mit nach Hause, sondern ver¬
jubelte es an demselben Tage. So schafften denn Valentinian der Dritte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/40>, abgerufen am 23.07.2024.