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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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Positionen, als Gruben, Häusern etc. rings um das Werk postirt und lagen
so zu sagen schon im Rücken der Unsrigen;, zwar schlugen die braven Oestreicher
den ersten Sturm nochmals ab, allein-da derselbe sofort wiederholt wurde,
und den Unsrigen die Geschützmnnition mangelte, so wurde das Werk endlich
genommen. Indem die Oestreicher von den zwei Compagnien Schweizern,
welche ihnen zu Hilfe geschickt worden, nicht genügend unterstützt wurden, so
mußten sie, um nicht vollständig abgeschnitten zu werden, die Redoute räumen.
Einige Geschütze, die man nicht fortbringen konnte, wurden vernagelt, die Ar¬
tillerie zog unter der sie deckenden Infanterie schleunigst nach der Stadt ab.
Der Verlust dieses Werks ist bei jeder Belagerung von höchstem Einfluß.
Monte Pulito bildet seiner dominirenden Lage wegen den eigentlichen Schlüssel
zu Ancona, und deshalb Hütte man ihn stärker befestige." müssen. Dazu
fehlte aber Lamoriciöre die Zeit und man mußte sich mit der einfachen pro¬
visorisch gebauten Redoute begnügen. Die Nachtheile zeigten sich sogleich;
denn in wenigen Stunden hatten die Sardinier dort eine Batterie großen Be¬
lagerungsgeschützes aufgepflanzt, welche unser Mauerwerk am Castell und Monte
Capuccino übel zurichtete. Gegen Abend wurde ein Sturm auf die Lünette
San Stefano gewagt. Ich hatte selbst Gelegenheit, den Sturm mit abschla¬
gen zu helfen, indem meine Compagnie heute dort kleine Reparaturen aus¬
geführt hatte. Unser Werk war zur Vertheidigung besser gelegen, denn sowol
Monte Gardetto und Monte Capuccino als auch Campo trincerato und das Castell
secundirten uns so vortrefflich, daß die Leichen des durch das coupirte Terrain
nnter dem Schutze der dort liegenden Hüuser kühn vordringenden Feindes bald
wie gesäet dort lagen. Wir jagten die Feinde mit Kartätschen und dem Klein¬
gewehrfeuer des dritten Bataillons der östreichischen Bersaglieri zurück, welches
letztere einen kühnen Ausfall machte. Der Feind zog sich auf Monte Pulito
zurück, von wo aus er uns mit seinen Batterien wirksam beschoß. Die Er¬
müdung der Unsrigen hatte einen hohen Grad erreicht. -- Von meiner Com¬
pagnie desertirte heute ein Theil der Italiener, die übrigen schienen auch keine
große Courage zu haben. --

Die Nacht war auf dieser Seite Ruhe, dagegen von der Nordseite ein
fürchterliches Bombardement gegen das Castell. die Batterie der Porta Pia
und die crenelirte Stadtmauer, so wie gegen den dortigen Stadttheil. -- Das
Lazarett), welches schon seit vorgestern brannte, und so gut als möglich durch
unsre Mariniers ausgeräumt worden war, war voll Piemontesen. welche ein
Kleingewehrfeuer gegen die hinter der crenelirten Mauer stehenden Artillerie-
bedcckungsmannschaften unterhielten. Die ganze Vorstadt war voller Feinde.
Jedoch verloren wir dort nicht einen einzigen Mann.

Am 28. hatten wir viel zu leiden vom Monte Pulito her. -- Gegen
Mittag singen die Schiffe an zu dampfen, und wir hofften mit ihnen die


Positionen, als Gruben, Häusern etc. rings um das Werk postirt und lagen
so zu sagen schon im Rücken der Unsrigen;, zwar schlugen die braven Oestreicher
den ersten Sturm nochmals ab, allein-da derselbe sofort wiederholt wurde,
und den Unsrigen die Geschützmnnition mangelte, so wurde das Werk endlich
genommen. Indem die Oestreicher von den zwei Compagnien Schweizern,
welche ihnen zu Hilfe geschickt worden, nicht genügend unterstützt wurden, so
mußten sie, um nicht vollständig abgeschnitten zu werden, die Redoute räumen.
Einige Geschütze, die man nicht fortbringen konnte, wurden vernagelt, die Ar¬
tillerie zog unter der sie deckenden Infanterie schleunigst nach der Stadt ab.
Der Verlust dieses Werks ist bei jeder Belagerung von höchstem Einfluß.
Monte Pulito bildet seiner dominirenden Lage wegen den eigentlichen Schlüssel
zu Ancona, und deshalb Hütte man ihn stärker befestige.» müssen. Dazu
fehlte aber Lamoriciöre die Zeit und man mußte sich mit der einfachen pro¬
visorisch gebauten Redoute begnügen. Die Nachtheile zeigten sich sogleich;
denn in wenigen Stunden hatten die Sardinier dort eine Batterie großen Be¬
lagerungsgeschützes aufgepflanzt, welche unser Mauerwerk am Castell und Monte
Capuccino übel zurichtete. Gegen Abend wurde ein Sturm auf die Lünette
San Stefano gewagt. Ich hatte selbst Gelegenheit, den Sturm mit abschla¬
gen zu helfen, indem meine Compagnie heute dort kleine Reparaturen aus¬
geführt hatte. Unser Werk war zur Vertheidigung besser gelegen, denn sowol
Monte Gardetto und Monte Capuccino als auch Campo trincerato und das Castell
secundirten uns so vortrefflich, daß die Leichen des durch das coupirte Terrain
nnter dem Schutze der dort liegenden Hüuser kühn vordringenden Feindes bald
wie gesäet dort lagen. Wir jagten die Feinde mit Kartätschen und dem Klein¬
gewehrfeuer des dritten Bataillons der östreichischen Bersaglieri zurück, welches
letztere einen kühnen Ausfall machte. Der Feind zog sich auf Monte Pulito
zurück, von wo aus er uns mit seinen Batterien wirksam beschoß. Die Er¬
müdung der Unsrigen hatte einen hohen Grad erreicht. — Von meiner Com¬
pagnie desertirte heute ein Theil der Italiener, die übrigen schienen auch keine
große Courage zu haben. —

Die Nacht war auf dieser Seite Ruhe, dagegen von der Nordseite ein
fürchterliches Bombardement gegen das Castell. die Batterie der Porta Pia
und die crenelirte Stadtmauer, so wie gegen den dortigen Stadttheil. — Das
Lazarett), welches schon seit vorgestern brannte, und so gut als möglich durch
unsre Mariniers ausgeräumt worden war, war voll Piemontesen. welche ein
Kleingewehrfeuer gegen die hinter der crenelirten Mauer stehenden Artillerie-
bedcckungsmannschaften unterhielten. Die ganze Vorstadt war voller Feinde.
Jedoch verloren wir dort nicht einen einzigen Mann.

Am 28. hatten wir viel zu leiden vom Monte Pulito her. — Gegen
Mittag singen die Schiffe an zu dampfen, und wir hofften mit ihnen die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/483>, abgerufen am 15.01.2025.