Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

davon trifft man die Tafeln des Mengtseu und dreier seiner Hauptschüler,
die als Weise zweiten Ranges gelten, noch weiter entfernt die Tafeln von 102
andern Gelehrten, die in die dritte Klasse verehrungswerther Weisen gestellt
sind. Auch vor diesem Tempel, stehen zwei Pnysang oder Triumphbogen, de¬
ren Bestimmung ist, das Andenken von Personen beiderlei Geschlechts zu er¬
halten, welche sich durch Tugend, Wissen oder wichtige dem Staat geleistete
Dienste ausgezeichnet haben.

Sonst sind hier noch zu erwähnen: der Tempel des Polarsterns (Siam
Mikong), eine türkische Moschee, ein großer Buddhistentempel, die russische
Marienkirche, sieben Bonzenklöster, mehre Gerichtshöfe, die Gebäude der Mi¬
nisterien des Auswärtigen (Lifan Thuan), der Ceremonien (Lipu). der Finan¬
zen (Hupu), des Kriegs (Pingpu), der Justiz tHingpu) und der öffentlichen
Arbeiten (Kongbu), sowie das Gouverneurs- und Polizeigebäude.

Sodann befinden sich hier in der Manschurenstadt die fremden Gesandt¬
schaften: die russische Mission, der Hof der Koreaner und der Hof der Mon¬
golen.

Endlich mag noch der außerhalb der Mauer des Neitsching und zwar
vor dem einen nördlichen Thor gelegne äußerst prachtvolle Tempel Tithan er¬
wähnt werden, der einen Raum von fast 200 Schritt ins Gevierte bedeckt,
und auf dessen Altar der Kaiser zu gewissen Zeiten des Jahres der frucht¬
bringenden Erde zu opfern hat.

Wir betrachten nun kurz die chinesische Stadt, welche eine Fläche
von 15 englischen Quadratmeilen bedeckt, und von der im Allgemeinen gilt,
daß sie weniger gerade und schöne Straßen und überhaupt ein weniger vor¬
nehmes Ansehen als die der Mandschu hat. Das Hauptthor, welches in
dieselbe führt, ist das Südthor. Der Mittelbogen desselben ist nur für den Kai¬
ser offen. Von hier geht eine gerade und sehr breite gepflasterte Straße mit¬
ten durch die Stadt bis an deren Nordende. Dieselbe ist ebenfalls zu beiden
Seiten mit Läden gesäumt. Die Mnndschusoldaten haben nicht das Recht,
in diesem Theil Pekings über Nacht zu bleiben. In fast allen Gassen gibt
es hier Garküchen, Wirthshäuser und unzählige von jenen "Blumenhäusern",
wo die Bajaderen von Sudscha. einer Stadt, die sich durch die Schönheit ih¬
rer Mädchen und ihre Gesckicklichkeit in der Abrichtung von Dirnen auszeichnet,
sich aufhalten. In dein Wailotsching wohnen ferner die Komödianten, die
Taschenspieler, die Seiltänzer, die Thierbändiger. kurz das ganze fahrende Volk
der Hauptstadt. Sodann trifft man hier eine Menge von Spielhöllen. End¬
lich aber befinden sich in diesen Quartieren auch mehre Marktplatze und ver¬
schiedene große Fabriken, besonders von Thon- und Glaswaaren.

Hier ist sodnnn die Richtstätte Pekings. Die Hinrichtung wird durch
Kopfabschneiden vollzogen. Gewöhnliche Verbrecher thut man nur im Herbst


davon trifft man die Tafeln des Mengtseu und dreier seiner Hauptschüler,
die als Weise zweiten Ranges gelten, noch weiter entfernt die Tafeln von 102
andern Gelehrten, die in die dritte Klasse verehrungswerther Weisen gestellt
sind. Auch vor diesem Tempel, stehen zwei Pnysang oder Triumphbogen, de¬
ren Bestimmung ist, das Andenken von Personen beiderlei Geschlechts zu er¬
halten, welche sich durch Tugend, Wissen oder wichtige dem Staat geleistete
Dienste ausgezeichnet haben.

Sonst sind hier noch zu erwähnen: der Tempel des Polarsterns (Siam
Mikong), eine türkische Moschee, ein großer Buddhistentempel, die russische
Marienkirche, sieben Bonzenklöster, mehre Gerichtshöfe, die Gebäude der Mi¬
nisterien des Auswärtigen (Lifan Thuan), der Ceremonien (Lipu). der Finan¬
zen (Hupu), des Kriegs (Pingpu), der Justiz tHingpu) und der öffentlichen
Arbeiten (Kongbu), sowie das Gouverneurs- und Polizeigebäude.

Sodann befinden sich hier in der Manschurenstadt die fremden Gesandt¬
schaften: die russische Mission, der Hof der Koreaner und der Hof der Mon¬
golen.

Endlich mag noch der außerhalb der Mauer des Neitsching und zwar
vor dem einen nördlichen Thor gelegne äußerst prachtvolle Tempel Tithan er¬
wähnt werden, der einen Raum von fast 200 Schritt ins Gevierte bedeckt,
und auf dessen Altar der Kaiser zu gewissen Zeiten des Jahres der frucht¬
bringenden Erde zu opfern hat.

Wir betrachten nun kurz die chinesische Stadt, welche eine Fläche
von 15 englischen Quadratmeilen bedeckt, und von der im Allgemeinen gilt,
daß sie weniger gerade und schöne Straßen und überhaupt ein weniger vor¬
nehmes Ansehen als die der Mandschu hat. Das Hauptthor, welches in
dieselbe führt, ist das Südthor. Der Mittelbogen desselben ist nur für den Kai¬
ser offen. Von hier geht eine gerade und sehr breite gepflasterte Straße mit¬
ten durch die Stadt bis an deren Nordende. Dieselbe ist ebenfalls zu beiden
Seiten mit Läden gesäumt. Die Mnndschusoldaten haben nicht das Recht,
in diesem Theil Pekings über Nacht zu bleiben. In fast allen Gassen gibt
es hier Garküchen, Wirthshäuser und unzählige von jenen „Blumenhäusern",
wo die Bajaderen von Sudscha. einer Stadt, die sich durch die Schönheit ih¬
rer Mädchen und ihre Gesckicklichkeit in der Abrichtung von Dirnen auszeichnet,
sich aufhalten. In dein Wailotsching wohnen ferner die Komödianten, die
Taschenspieler, die Seiltänzer, die Thierbändiger. kurz das ganze fahrende Volk
der Hauptstadt. Sodann trifft man hier eine Menge von Spielhöllen. End¬
lich aber befinden sich in diesen Quartieren auch mehre Marktplatze und ver¬
schiedene große Fabriken, besonders von Thon- und Glaswaaren.

Hier ist sodnnn die Richtstätte Pekings. Die Hinrichtung wird durch
Kopfabschneiden vollzogen. Gewöhnliche Verbrecher thut man nur im Herbst


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0433" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110781"/>
          <p xml:id="ID_1314" prev="#ID_1313"> davon trifft man die Tafeln des Mengtseu und dreier seiner Hauptschüler,<lb/>
die als Weise zweiten Ranges gelten, noch weiter entfernt die Tafeln von 102<lb/>
andern Gelehrten, die in die dritte Klasse verehrungswerther Weisen gestellt<lb/>
sind. Auch vor diesem Tempel, stehen zwei Pnysang oder Triumphbogen, de¬<lb/>
ren Bestimmung ist, das Andenken von Personen beiderlei Geschlechts zu er¬<lb/>
halten, welche sich durch Tugend, Wissen oder wichtige dem Staat geleistete<lb/>
Dienste ausgezeichnet haben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1315"> Sonst sind hier noch zu erwähnen: der Tempel des Polarsterns (Siam<lb/>
Mikong), eine türkische Moschee, ein großer Buddhistentempel, die russische<lb/>
Marienkirche, sieben Bonzenklöster, mehre Gerichtshöfe, die Gebäude der Mi¬<lb/>
nisterien des Auswärtigen (Lifan Thuan), der Ceremonien (Lipu). der Finan¬<lb/>
zen (Hupu), des Kriegs (Pingpu), der Justiz tHingpu) und der öffentlichen<lb/>
Arbeiten (Kongbu), sowie das Gouverneurs- und Polizeigebäude.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1316"> Sodann befinden sich hier in der Manschurenstadt die fremden Gesandt¬<lb/>
schaften: die russische Mission, der Hof der Koreaner und der Hof der Mon¬<lb/>
golen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1317"> Endlich mag noch der außerhalb der Mauer des Neitsching und zwar<lb/>
vor dem einen nördlichen Thor gelegne äußerst prachtvolle Tempel Tithan er¬<lb/>
wähnt werden, der einen Raum von fast 200 Schritt ins Gevierte bedeckt,<lb/>
und auf dessen Altar der Kaiser zu gewissen Zeiten des Jahres der frucht¬<lb/>
bringenden Erde zu opfern hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1318"> Wir betrachten nun kurz die chinesische Stadt, welche eine Fläche<lb/>
von 15 englischen Quadratmeilen bedeckt, und von der im Allgemeinen gilt,<lb/>
daß sie weniger gerade und schöne Straßen und überhaupt ein weniger vor¬<lb/>
nehmes Ansehen als die der Mandschu hat. Das Hauptthor, welches in<lb/>
dieselbe führt, ist das Südthor. Der Mittelbogen desselben ist nur für den Kai¬<lb/>
ser offen. Von hier geht eine gerade und sehr breite gepflasterte Straße mit¬<lb/>
ten durch die Stadt bis an deren Nordende. Dieselbe ist ebenfalls zu beiden<lb/>
Seiten mit Läden gesäumt. Die Mnndschusoldaten haben nicht das Recht,<lb/>
in diesem Theil Pekings über Nacht zu bleiben. In fast allen Gassen gibt<lb/>
es hier Garküchen, Wirthshäuser und unzählige von jenen &#x201E;Blumenhäusern",<lb/>
wo die Bajaderen von Sudscha. einer Stadt, die sich durch die Schönheit ih¬<lb/>
rer Mädchen und ihre Gesckicklichkeit in der Abrichtung von Dirnen auszeichnet,<lb/>
sich aufhalten. In dein Wailotsching wohnen ferner die Komödianten, die<lb/>
Taschenspieler, die Seiltänzer, die Thierbändiger. kurz das ganze fahrende Volk<lb/>
der Hauptstadt. Sodann trifft man hier eine Menge von Spielhöllen. End¬<lb/>
lich aber befinden sich in diesen Quartieren auch mehre Marktplatze und ver¬<lb/>
schiedene große Fabriken, besonders von Thon- und Glaswaaren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1319" next="#ID_1320"> Hier ist sodnnn die Richtstätte Pekings. Die Hinrichtung wird durch<lb/>
Kopfabschneiden vollzogen.  Gewöhnliche Verbrecher thut man nur im Herbst</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0433] davon trifft man die Tafeln des Mengtseu und dreier seiner Hauptschüler, die als Weise zweiten Ranges gelten, noch weiter entfernt die Tafeln von 102 andern Gelehrten, die in die dritte Klasse verehrungswerther Weisen gestellt sind. Auch vor diesem Tempel, stehen zwei Pnysang oder Triumphbogen, de¬ ren Bestimmung ist, das Andenken von Personen beiderlei Geschlechts zu er¬ halten, welche sich durch Tugend, Wissen oder wichtige dem Staat geleistete Dienste ausgezeichnet haben. Sonst sind hier noch zu erwähnen: der Tempel des Polarsterns (Siam Mikong), eine türkische Moschee, ein großer Buddhistentempel, die russische Marienkirche, sieben Bonzenklöster, mehre Gerichtshöfe, die Gebäude der Mi¬ nisterien des Auswärtigen (Lifan Thuan), der Ceremonien (Lipu). der Finan¬ zen (Hupu), des Kriegs (Pingpu), der Justiz tHingpu) und der öffentlichen Arbeiten (Kongbu), sowie das Gouverneurs- und Polizeigebäude. Sodann befinden sich hier in der Manschurenstadt die fremden Gesandt¬ schaften: die russische Mission, der Hof der Koreaner und der Hof der Mon¬ golen. Endlich mag noch der außerhalb der Mauer des Neitsching und zwar vor dem einen nördlichen Thor gelegne äußerst prachtvolle Tempel Tithan er¬ wähnt werden, der einen Raum von fast 200 Schritt ins Gevierte bedeckt, und auf dessen Altar der Kaiser zu gewissen Zeiten des Jahres der frucht¬ bringenden Erde zu opfern hat. Wir betrachten nun kurz die chinesische Stadt, welche eine Fläche von 15 englischen Quadratmeilen bedeckt, und von der im Allgemeinen gilt, daß sie weniger gerade und schöne Straßen und überhaupt ein weniger vor¬ nehmes Ansehen als die der Mandschu hat. Das Hauptthor, welches in dieselbe führt, ist das Südthor. Der Mittelbogen desselben ist nur für den Kai¬ ser offen. Von hier geht eine gerade und sehr breite gepflasterte Straße mit¬ ten durch die Stadt bis an deren Nordende. Dieselbe ist ebenfalls zu beiden Seiten mit Läden gesäumt. Die Mnndschusoldaten haben nicht das Recht, in diesem Theil Pekings über Nacht zu bleiben. In fast allen Gassen gibt es hier Garküchen, Wirthshäuser und unzählige von jenen „Blumenhäusern", wo die Bajaderen von Sudscha. einer Stadt, die sich durch die Schönheit ih¬ rer Mädchen und ihre Gesckicklichkeit in der Abrichtung von Dirnen auszeichnet, sich aufhalten. In dein Wailotsching wohnen ferner die Komödianten, die Taschenspieler, die Seiltänzer, die Thierbändiger. kurz das ganze fahrende Volk der Hauptstadt. Sodann trifft man hier eine Menge von Spielhöllen. End¬ lich aber befinden sich in diesen Quartieren auch mehre Marktplatze und ver¬ schiedene große Fabriken, besonders von Thon- und Glaswaaren. Hier ist sodnnn die Richtstätte Pekings. Die Hinrichtung wird durch Kopfabschneiden vollzogen. Gewöhnliche Verbrecher thut man nur im Herbst

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/433
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/433>, abgerufen am 15.01.2025.