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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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raken Mannes, was aber nicht von Dauer war. Hassenpflug schickte ihn ins
Erfurter Parlament; später ist er eins der eifrigsten Mitglieder der neuen
Ritterkammer geworden und geblieben.

Schriftführer sind die Herren von Heßberg und von Münchhausen, Ab¬
geordnete der Ritterschaften an der Schwalm und im Schaumburgischcn.
Der letzte ist erst dies Mal statt des bekannten Herrn v. Edeishcim, des Ver¬
treters der Hanauer Adclssnmilien, gewählt worden, was in sofern besonders
bemerkenswert!) ist, als v. Edelsheim, das begabteste Mitglied der Kammer,
aus dem vorigen Landtage wiederholt vermieden hat, in der Verfassungs¬
angelegenheit klar Partei zu ergreifen.

Außer diesen fünf ritterschaftlichen Mitgliedern sitzen noch die vier Abge¬
ordneten des Fuldaer reichsunmittelbaren Adels, der Ritterschaften an der
Werra und an der Fulda, und der Stifter Kaufungen und Wetter, nämlich
die Herrn v. Geyso, v. Keudell, Bodo Trotte zu Jmshausen und O. Trott zu
Solz, in der ersten Kammer. Nimmt man dazu den Erbmarschall von Riedesel,
welcher Vorsteher der gestimmten althessischem Ritterschaft ist, so zählt die
Kammer zehn ritterschastliche Mitglieder, welche den übrigen Bestandtheilen
gegenüber als eine geschlossene und ständige Mehrheit erscheinen, und zwar
um so mehr, als ein Theil der übrigen Mitglieder nur selten an den Ver¬
handlungen Theil nimmt und die Kammer schon bei zwölf Anwesenden'be¬
schlußfähig ist.

Zu den übrigen Bestandtheilen gehören die Prinzen des kurfürstlichen
Hauses sür eine jede apanagirte Linie, ferner die Häupter der Standesherrlichen
Familien, sodann der Vicekanzler der Universität Marburg, der katholische
Bischof von Fulda und die drei protestantischen Superintendenten zu Kassel,
Marburg und Hanau. Diese letzten und der Vicekanzler helfen gewöhnlich
die Kammer beschlußfähig machen, während die Prinzen und Standesherrn
sich vertreten lassen können, aber wiederum nur durch Standesgenossen oder
durch Angehörige der Ritterschaften. Es ist also klar, daß die Gesammtheit
der Ritterschaft und des Adels, ja in den meisten Fällen schon die althessische
Ritterschaft allein, das entschiedenste Uebergewicht hat. Zugleich erhellt, daß
die erste Kammer fast ganz aus den bevorrechtigten Bestandtheilen der Stünde¬
versammlung von 1831 gebildet worden ist. Neu hinzugekommen sind be¬
sonders die drei Superintendenten und der katholische Landesbischof, welcher
sich aber beharrlich fern hält.

Die zweite Kammer besteht, wie die Ständeversammlungen von 1831
und 184"), aus ni Abgeordneten der Städte und 1K Abgeordneten der Land¬
gemeinden; statt der bevorrechteten Mitglieder von 1831 und der 16 Höchst-
bcsteuerten von 1849 sind 16 Vertreter von Höchstbcgüterten oder großen
GrundbesilM'n, welche weder zur Ritterschaft noch zu den Gemeindebehörden


raken Mannes, was aber nicht von Dauer war. Hassenpflug schickte ihn ins
Erfurter Parlament; später ist er eins der eifrigsten Mitglieder der neuen
Ritterkammer geworden und geblieben.

Schriftführer sind die Herren von Heßberg und von Münchhausen, Ab¬
geordnete der Ritterschaften an der Schwalm und im Schaumburgischcn.
Der letzte ist erst dies Mal statt des bekannten Herrn v. Edeishcim, des Ver¬
treters der Hanauer Adclssnmilien, gewählt worden, was in sofern besonders
bemerkenswert!) ist, als v. Edelsheim, das begabteste Mitglied der Kammer,
aus dem vorigen Landtage wiederholt vermieden hat, in der Verfassungs¬
angelegenheit klar Partei zu ergreifen.

Außer diesen fünf ritterschaftlichen Mitgliedern sitzen noch die vier Abge¬
ordneten des Fuldaer reichsunmittelbaren Adels, der Ritterschaften an der
Werra und an der Fulda, und der Stifter Kaufungen und Wetter, nämlich
die Herrn v. Geyso, v. Keudell, Bodo Trotte zu Jmshausen und O. Trott zu
Solz, in der ersten Kammer. Nimmt man dazu den Erbmarschall von Riedesel,
welcher Vorsteher der gestimmten althessischem Ritterschaft ist, so zählt die
Kammer zehn ritterschastliche Mitglieder, welche den übrigen Bestandtheilen
gegenüber als eine geschlossene und ständige Mehrheit erscheinen, und zwar
um so mehr, als ein Theil der übrigen Mitglieder nur selten an den Ver¬
handlungen Theil nimmt und die Kammer schon bei zwölf Anwesenden'be¬
schlußfähig ist.

Zu den übrigen Bestandtheilen gehören die Prinzen des kurfürstlichen
Hauses sür eine jede apanagirte Linie, ferner die Häupter der Standesherrlichen
Familien, sodann der Vicekanzler der Universität Marburg, der katholische
Bischof von Fulda und die drei protestantischen Superintendenten zu Kassel,
Marburg und Hanau. Diese letzten und der Vicekanzler helfen gewöhnlich
die Kammer beschlußfähig machen, während die Prinzen und Standesherrn
sich vertreten lassen können, aber wiederum nur durch Standesgenossen oder
durch Angehörige der Ritterschaften. Es ist also klar, daß die Gesammtheit
der Ritterschaft und des Adels, ja in den meisten Fällen schon die althessische
Ritterschaft allein, das entschiedenste Uebergewicht hat. Zugleich erhellt, daß
die erste Kammer fast ganz aus den bevorrechtigten Bestandtheilen der Stünde¬
versammlung von 1831 gebildet worden ist. Neu hinzugekommen sind be¬
sonders die drei Superintendenten und der katholische Landesbischof, welcher
sich aber beharrlich fern hält.

Die zweite Kammer besteht, wie die Ständeversammlungen von 1831
und 184«), aus ni Abgeordneten der Städte und 1K Abgeordneten der Land¬
gemeinden; statt der bevorrechteten Mitglieder von 1831 und der 16 Höchst-
bcsteuerten von 1849 sind 16 Vertreter von Höchstbcgüterten oder großen
GrundbesilM'n, welche weder zur Ritterschaft noch zu den Gemeindebehörden


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[0379] raken Mannes, was aber nicht von Dauer war. Hassenpflug schickte ihn ins Erfurter Parlament; später ist er eins der eifrigsten Mitglieder der neuen Ritterkammer geworden und geblieben. Schriftführer sind die Herren von Heßberg und von Münchhausen, Ab¬ geordnete der Ritterschaften an der Schwalm und im Schaumburgischcn. Der letzte ist erst dies Mal statt des bekannten Herrn v. Edeishcim, des Ver¬ treters der Hanauer Adclssnmilien, gewählt worden, was in sofern besonders bemerkenswert!) ist, als v. Edelsheim, das begabteste Mitglied der Kammer, aus dem vorigen Landtage wiederholt vermieden hat, in der Verfassungs¬ angelegenheit klar Partei zu ergreifen. Außer diesen fünf ritterschaftlichen Mitgliedern sitzen noch die vier Abge¬ ordneten des Fuldaer reichsunmittelbaren Adels, der Ritterschaften an der Werra und an der Fulda, und der Stifter Kaufungen und Wetter, nämlich die Herrn v. Geyso, v. Keudell, Bodo Trotte zu Jmshausen und O. Trott zu Solz, in der ersten Kammer. Nimmt man dazu den Erbmarschall von Riedesel, welcher Vorsteher der gestimmten althessischem Ritterschaft ist, so zählt die Kammer zehn ritterschastliche Mitglieder, welche den übrigen Bestandtheilen gegenüber als eine geschlossene und ständige Mehrheit erscheinen, und zwar um so mehr, als ein Theil der übrigen Mitglieder nur selten an den Ver¬ handlungen Theil nimmt und die Kammer schon bei zwölf Anwesenden'be¬ schlußfähig ist. Zu den übrigen Bestandtheilen gehören die Prinzen des kurfürstlichen Hauses sür eine jede apanagirte Linie, ferner die Häupter der Standesherrlichen Familien, sodann der Vicekanzler der Universität Marburg, der katholische Bischof von Fulda und die drei protestantischen Superintendenten zu Kassel, Marburg und Hanau. Diese letzten und der Vicekanzler helfen gewöhnlich die Kammer beschlußfähig machen, während die Prinzen und Standesherrn sich vertreten lassen können, aber wiederum nur durch Standesgenossen oder durch Angehörige der Ritterschaften. Es ist also klar, daß die Gesammtheit der Ritterschaft und des Adels, ja in den meisten Fällen schon die althessische Ritterschaft allein, das entschiedenste Uebergewicht hat. Zugleich erhellt, daß die erste Kammer fast ganz aus den bevorrechtigten Bestandtheilen der Stünde¬ versammlung von 1831 gebildet worden ist. Neu hinzugekommen sind be¬ sonders die drei Superintendenten und der katholische Landesbischof, welcher sich aber beharrlich fern hält. Die zweite Kammer besteht, wie die Ständeversammlungen von 1831 und 184«), aus ni Abgeordneten der Städte und 1K Abgeordneten der Land¬ gemeinden; statt der bevorrechteten Mitglieder von 1831 und der 16 Höchst- bcsteuerten von 1849 sind 16 Vertreter von Höchstbcgüterten oder großen GrundbesilM'n, welche weder zur Ritterschaft noch zu den Gemeindebehörden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/379>, abgerufen am 16.01.2025.