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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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lich die königlichen Regierungen, ferner an die Provinzialschulcollegien, welche
die Oberaufsicht über die Gymnasien und die Realschulen erster Klasse führen,
endlich an die Rectoren und den Senat der Universitäten.

Für die Volksschulen ist seither verhältnißmäßig am Wenigsten in Be¬
treff der Turnübungen geschehen, wenn gleich schon seit einer Reihe von Jah¬
ren in den Seminarien, den Bildungsanstalten der Volksschullehrer, die küns¬
tigen Pädagogen die nöthigen Jnstructionen erhielten. Da aber bisher kein
ausdrückliches Gebot dafür bestanden, daß die Leibesübungen einen integriren-
den Theil des Volksunterrichts bilden sollten und die Einrichtungen, welche für
die Ausführung eines derartigen Zweckes erforderlich sind, immer einige Ko¬
sten verursachen, so ist, weil ein großer Theil der Communen, welche für die
Unterhaltung dieser Art Schulen auszukommen haben, zur Bewilligung eines
höheren Etats nur durch die äußerste Noth gezwungen werden kann, der
Unterricht in den Leibesübungen in den meisten Anstalten unterblieben. Jeld
werden die Geldmittel für die erste Einrichtung aufgebracht werden müssen,
und es wird sich dies um so eher ermöglichen lassen, da das Tur¬
nen an den Gerathen Nebensache, die Freiübungen die Hauptsache bilden sol¬
len. Es kommt nun darauf an, die Lehrer zu dieser pädagogischen Aufgabe
geschickt zu machen. Es werden demgemäß in der Verfügung verschiedne
Wege angegeben. Es wird die Frage aufgeworfen, ob nicht in der Central-
turnanstalt für im Amt befindliche Lehrer, welche besonders qualificirt er¬
scheinen, ein kürzerer Cursus von sechs Wochen eingerichtet werden könne,
oder ob nicht bereits angestellte Lehrer einen kürzeren Cursus behufs der
leiblichen Ausbildung in den Volksseminarien durchmachen können. So
vorgebildete Lehrer'sollen dann wieder einen Kreis anderer Lehrer ihrer näch¬
sten Umgebung unterrichten. Auch denkt die Verfügung an die vorläufige
Aushilfe durch Wanderlehrer, welche, für das Turnen vorgebildet, von Ort
zu Ort ziehen sollen, um ihre Kunst andern mitzutheilen. Man will, indem
man stets den militärischen Zweck im Auge hat, die Uebungen auf das Nö¬
thigste beschränken. Dieselben, heißt es in der gedachten Verfügung, sollen
überall in den einfachsten Formen und in aussüllbarer Begründung geHallen
werden, wozu sich namentlich die sogenannten Frei- und Ordnungsübungen
empfehlen, und wobei es Sache des Lehrers sein wird, durch richtige äußer¬
liche Gestaltung und durch Verbindung der Uebungen mit den Spielen der
Jugend dieser die nöthige Frische und die Lust zu körperlicher Anstrengung zu
ertheilen.

Mehr qls in den Volksschulen war für das Turnen bisher in den Gym¬
nasien und'Volksschulen geschehn. Bald nach Antritt seiner Regierung hatte
König Friedrich Wilhelm der Vierte die Wiederbelebung der Turnübungen ins
Auge gefaßt. Ein Bericht, welchen nach geschehner'Aufforderung die Minister


lich die königlichen Regierungen, ferner an die Provinzialschulcollegien, welche
die Oberaufsicht über die Gymnasien und die Realschulen erster Klasse führen,
endlich an die Rectoren und den Senat der Universitäten.

Für die Volksschulen ist seither verhältnißmäßig am Wenigsten in Be¬
treff der Turnübungen geschehen, wenn gleich schon seit einer Reihe von Jah¬
ren in den Seminarien, den Bildungsanstalten der Volksschullehrer, die küns¬
tigen Pädagogen die nöthigen Jnstructionen erhielten. Da aber bisher kein
ausdrückliches Gebot dafür bestanden, daß die Leibesübungen einen integriren-
den Theil des Volksunterrichts bilden sollten und die Einrichtungen, welche für
die Ausführung eines derartigen Zweckes erforderlich sind, immer einige Ko¬
sten verursachen, so ist, weil ein großer Theil der Communen, welche für die
Unterhaltung dieser Art Schulen auszukommen haben, zur Bewilligung eines
höheren Etats nur durch die äußerste Noth gezwungen werden kann, der
Unterricht in den Leibesübungen in den meisten Anstalten unterblieben. Jeld
werden die Geldmittel für die erste Einrichtung aufgebracht werden müssen,
und es wird sich dies um so eher ermöglichen lassen, da das Tur¬
nen an den Gerathen Nebensache, die Freiübungen die Hauptsache bilden sol¬
len. Es kommt nun darauf an, die Lehrer zu dieser pädagogischen Aufgabe
geschickt zu machen. Es werden demgemäß in der Verfügung verschiedne
Wege angegeben. Es wird die Frage aufgeworfen, ob nicht in der Central-
turnanstalt für im Amt befindliche Lehrer, welche besonders qualificirt er¬
scheinen, ein kürzerer Cursus von sechs Wochen eingerichtet werden könne,
oder ob nicht bereits angestellte Lehrer einen kürzeren Cursus behufs der
leiblichen Ausbildung in den Volksseminarien durchmachen können. So
vorgebildete Lehrer'sollen dann wieder einen Kreis anderer Lehrer ihrer näch¬
sten Umgebung unterrichten. Auch denkt die Verfügung an die vorläufige
Aushilfe durch Wanderlehrer, welche, für das Turnen vorgebildet, von Ort
zu Ort ziehen sollen, um ihre Kunst andern mitzutheilen. Man will, indem
man stets den militärischen Zweck im Auge hat, die Uebungen auf das Nö¬
thigste beschränken. Dieselben, heißt es in der gedachten Verfügung, sollen
überall in den einfachsten Formen und in aussüllbarer Begründung geHallen
werden, wozu sich namentlich die sogenannten Frei- und Ordnungsübungen
empfehlen, und wobei es Sache des Lehrers sein wird, durch richtige äußer¬
liche Gestaltung und durch Verbindung der Uebungen mit den Spielen der
Jugend dieser die nöthige Frische und die Lust zu körperlicher Anstrengung zu
ertheilen.

Mehr qls in den Volksschulen war für das Turnen bisher in den Gym¬
nasien und'Volksschulen geschehn. Bald nach Antritt seiner Regierung hatte
König Friedrich Wilhelm der Vierte die Wiederbelebung der Turnübungen ins
Auge gefaßt. Ein Bericht, welchen nach geschehner'Aufforderung die Minister


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[0307] lich die königlichen Regierungen, ferner an die Provinzialschulcollegien, welche die Oberaufsicht über die Gymnasien und die Realschulen erster Klasse führen, endlich an die Rectoren und den Senat der Universitäten. Für die Volksschulen ist seither verhältnißmäßig am Wenigsten in Be¬ treff der Turnübungen geschehen, wenn gleich schon seit einer Reihe von Jah¬ ren in den Seminarien, den Bildungsanstalten der Volksschullehrer, die küns¬ tigen Pädagogen die nöthigen Jnstructionen erhielten. Da aber bisher kein ausdrückliches Gebot dafür bestanden, daß die Leibesübungen einen integriren- den Theil des Volksunterrichts bilden sollten und die Einrichtungen, welche für die Ausführung eines derartigen Zweckes erforderlich sind, immer einige Ko¬ sten verursachen, so ist, weil ein großer Theil der Communen, welche für die Unterhaltung dieser Art Schulen auszukommen haben, zur Bewilligung eines höheren Etats nur durch die äußerste Noth gezwungen werden kann, der Unterricht in den Leibesübungen in den meisten Anstalten unterblieben. Jeld werden die Geldmittel für die erste Einrichtung aufgebracht werden müssen, und es wird sich dies um so eher ermöglichen lassen, da das Tur¬ nen an den Gerathen Nebensache, die Freiübungen die Hauptsache bilden sol¬ len. Es kommt nun darauf an, die Lehrer zu dieser pädagogischen Aufgabe geschickt zu machen. Es werden demgemäß in der Verfügung verschiedne Wege angegeben. Es wird die Frage aufgeworfen, ob nicht in der Central- turnanstalt für im Amt befindliche Lehrer, welche besonders qualificirt er¬ scheinen, ein kürzerer Cursus von sechs Wochen eingerichtet werden könne, oder ob nicht bereits angestellte Lehrer einen kürzeren Cursus behufs der leiblichen Ausbildung in den Volksseminarien durchmachen können. So vorgebildete Lehrer'sollen dann wieder einen Kreis anderer Lehrer ihrer näch¬ sten Umgebung unterrichten. Auch denkt die Verfügung an die vorläufige Aushilfe durch Wanderlehrer, welche, für das Turnen vorgebildet, von Ort zu Ort ziehen sollen, um ihre Kunst andern mitzutheilen. Man will, indem man stets den militärischen Zweck im Auge hat, die Uebungen auf das Nö¬ thigste beschränken. Dieselben, heißt es in der gedachten Verfügung, sollen überall in den einfachsten Formen und in aussüllbarer Begründung geHallen werden, wozu sich namentlich die sogenannten Frei- und Ordnungsübungen empfehlen, und wobei es Sache des Lehrers sein wird, durch richtige äußer¬ liche Gestaltung und durch Verbindung der Uebungen mit den Spielen der Jugend dieser die nöthige Frische und die Lust zu körperlicher Anstrengung zu ertheilen. Mehr qls in den Volksschulen war für das Turnen bisher in den Gym¬ nasien und'Volksschulen geschehn. Bald nach Antritt seiner Regierung hatte König Friedrich Wilhelm der Vierte die Wiederbelebung der Turnübungen ins Auge gefaßt. Ein Bericht, welchen nach geschehner'Aufforderung die Minister

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/307>, abgerufen am 15.01.2025.