Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Zeitungen in ihrem Ton gegen Deutschland und Preußen gleichen einer Rotte von Aber dabei dürfen wir nicht stehn bleiben; wir müssen fragen: wer hat den Der Lärm will folgendes sagen: Ihr Preußen! wenn ihr durch Begünstigung Und warum macht man deshalb solchen Lärm statt es einfach zu sagen? -- Die Politik des jetzigen englischen Ministeriums in Bezug auf Italien liegt Nun erfolgt die Tcplitzer Zusammenkunft, und die Preußische Zeitung beeifert Wie gesagt! die Ungezogenheit der englischen Presse muß uns empören, aber "Wenn ein armer Neffe den reichen Onkel streichelt, sagt die Times, so knöpft Zeitungen in ihrem Ton gegen Deutschland und Preußen gleichen einer Rotte von Aber dabei dürfen wir nicht stehn bleiben; wir müssen fragen: wer hat den Der Lärm will folgendes sagen: Ihr Preußen! wenn ihr durch Begünstigung Und warum macht man deshalb solchen Lärm statt es einfach zu sagen? — Die Politik des jetzigen englischen Ministeriums in Bezug auf Italien liegt Nun erfolgt die Tcplitzer Zusammenkunft, und die Preußische Zeitung beeifert Wie gesagt! die Ungezogenheit der englischen Presse muß uns empören, aber „Wenn ein armer Neffe den reichen Onkel streichelt, sagt die Times, so knöpft <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0246" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110594"/> <p xml:id="ID_684" prev="#ID_683"> Zeitungen in ihrem Ton gegen Deutschland und Preußen gleichen einer Rotte von<lb/> Gassenbuben, die sich durch unmäßigen Genuß von Branntwein und durch Geheul<lb/> auf den Straßen in einen Zustand halber Verrücktheit versetzt haben, so ist das noch<lb/> gelinde ausgedrückt. —</p><lb/> <p xml:id="ID_685"> Aber dabei dürfen wir nicht stehn bleiben; wir müssen fragen: wer hat den<lb/> Lärm eigentlich angestiftet? und was hat er zu bedeuten? denn daß Capitain Mac¬<lb/> donald nur der Vorwand ist, das merkt doch auch am Ende ein deutscher Doctrinär.</p><lb/> <p xml:id="ID_686"> Der Lärm will folgendes sagen: Ihr Preußen! wenn ihr durch Begünstigung<lb/> der östreichischen Politik in Italien euch die Franzosen auf den Hals hetzt, so seid<lb/> ihr in einem ganz ungeheuern Irrthum, wenn ihr glaubt, von uns auch nur einen<lb/> Schilling zu erhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_687"> Und warum macht man deshalb solchen Lärm statt es einfach zu sagen? —<lb/> Weil man in Berlin zuweilen zwar das Gras wachsen hört, aber taub bleibt, wenn<lb/> in der Entfernung einer Stunde die Kanonen los gehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_688"> Die Politik des jetzigen englischen Ministeriums in Bezug auf Italien liegt<lb/> wahrlich Jedem klar am Tage, der, anstatt auf das Wachsen des Grases zu lauschen,<lb/> die Augen aufmacht. Offner kann man nicht die Politik eines Staats begünstigen,<lb/> ohne grcidezu Krieg anzufangen, als England die Politik Victor Emcinucls begün¬<lb/> stigt hat, Wenn der Kaiser der Franzosen die Italiener gewähren läßt, so ist der<lb/> englische Einfluß dabei nicht das unbedeutendste Moment gewesen. Dem Kaiser ist<lb/> ein starker italienischer Staat an feiner Grenze äußerst unbequem, aber er sieht die<lb/> heilige Allianz sich gegenüber, und zieht es vor, mit den Italienern und Engländern<lb/> derselben zu begegnen, als ohne sie. Die letzte Note Lord Russell's nach Turin wider¬<lb/> spricht nicht dieser Ansicht, sondern bestätigt sie: denn die Warnung an die Piemon-<lb/> tesen, im gegenwärtigen Augenblick Venedig nicht anzugreifen, ist die Warnung eines<lb/> Freundes.</p><lb/> <p xml:id="ID_689"> Nun erfolgt die Tcplitzer Zusammenkunft, und die Preußische Zeitung beeifert<lb/> sich zu erklären, daß zwischen den Ansichten der beiden Monarchen sich eine ganz<lb/> wunderbare stauncnswürdigc Uebereinstimmung gefunden habe. Ueber diese Erklärung<lb/> ist niemand so verwundert gewesen, als die östreichische Presse selbst, die eine Zeitlang<lb/> ganz sprachlos dasaß. Der Coblenzer Zusammenkunft folgte eine zwar nicht so<lb/> warme Erklärung, aber es wird doch auch von einer bedeutenden Uebereinstimmung<lb/> geredet, und unmittelbar darauf wird die bekannte Note nach Turin geschickt, mit<lb/> einem noch stärkern Kommentar der preußischen Zeitung. — Kann man es nun<lb/> im Grunde dem englischen Volke verargen, wenn es wild wird? Wie! fragt es ^ich,<lb/> Preußen findet sich mit Oestreich in einer stauncnswürdigen Uebereinstimmung, und<lb/> unser Ministerium soll an dieser Uebereinstimmung mitschuldig sein? Werden wir<lb/> denn von Verräthern regiert? — Wenn aber nicht, so —</p><lb/> <p xml:id="ID_690"> Wie gesagt! die Ungezogenheit der englischen Presse muß uns empören, aber<lb/> begreifen können wir sie vollständig. — Freilich wird man feine Distinctionen ma¬<lb/> chen, wie weit, und wie weit nicht u. f. w. — Aber Engländer, Oestreicher, Ita¬<lb/> liener verstehn sich auf solche Spitzfindigkeiten nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_691" next="#ID_692"> „Wenn ein armer Neffe den reichen Onkel streichelt, sagt die Times, so knöpft<lb/> dieser seine Taschen zu." Das ist grob und paßt nicht für unsern Fall; aber wir<lb/> möchten einen andern Satz aufstellen. — Wenn ein Deutscher sagt: ein.? Nation</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0246]
Zeitungen in ihrem Ton gegen Deutschland und Preußen gleichen einer Rotte von
Gassenbuben, die sich durch unmäßigen Genuß von Branntwein und durch Geheul
auf den Straßen in einen Zustand halber Verrücktheit versetzt haben, so ist das noch
gelinde ausgedrückt. —
Aber dabei dürfen wir nicht stehn bleiben; wir müssen fragen: wer hat den
Lärm eigentlich angestiftet? und was hat er zu bedeuten? denn daß Capitain Mac¬
donald nur der Vorwand ist, das merkt doch auch am Ende ein deutscher Doctrinär.
Der Lärm will folgendes sagen: Ihr Preußen! wenn ihr durch Begünstigung
der östreichischen Politik in Italien euch die Franzosen auf den Hals hetzt, so seid
ihr in einem ganz ungeheuern Irrthum, wenn ihr glaubt, von uns auch nur einen
Schilling zu erhalten.
Und warum macht man deshalb solchen Lärm statt es einfach zu sagen? —
Weil man in Berlin zuweilen zwar das Gras wachsen hört, aber taub bleibt, wenn
in der Entfernung einer Stunde die Kanonen los gehn.
Die Politik des jetzigen englischen Ministeriums in Bezug auf Italien liegt
wahrlich Jedem klar am Tage, der, anstatt auf das Wachsen des Grases zu lauschen,
die Augen aufmacht. Offner kann man nicht die Politik eines Staats begünstigen,
ohne grcidezu Krieg anzufangen, als England die Politik Victor Emcinucls begün¬
stigt hat, Wenn der Kaiser der Franzosen die Italiener gewähren läßt, so ist der
englische Einfluß dabei nicht das unbedeutendste Moment gewesen. Dem Kaiser ist
ein starker italienischer Staat an feiner Grenze äußerst unbequem, aber er sieht die
heilige Allianz sich gegenüber, und zieht es vor, mit den Italienern und Engländern
derselben zu begegnen, als ohne sie. Die letzte Note Lord Russell's nach Turin wider¬
spricht nicht dieser Ansicht, sondern bestätigt sie: denn die Warnung an die Piemon-
tesen, im gegenwärtigen Augenblick Venedig nicht anzugreifen, ist die Warnung eines
Freundes.
Nun erfolgt die Tcplitzer Zusammenkunft, und die Preußische Zeitung beeifert
sich zu erklären, daß zwischen den Ansichten der beiden Monarchen sich eine ganz
wunderbare stauncnswürdigc Uebereinstimmung gefunden habe. Ueber diese Erklärung
ist niemand so verwundert gewesen, als die östreichische Presse selbst, die eine Zeitlang
ganz sprachlos dasaß. Der Coblenzer Zusammenkunft folgte eine zwar nicht so
warme Erklärung, aber es wird doch auch von einer bedeutenden Uebereinstimmung
geredet, und unmittelbar darauf wird die bekannte Note nach Turin geschickt, mit
einem noch stärkern Kommentar der preußischen Zeitung. — Kann man es nun
im Grunde dem englischen Volke verargen, wenn es wild wird? Wie! fragt es ^ich,
Preußen findet sich mit Oestreich in einer stauncnswürdigen Uebereinstimmung, und
unser Ministerium soll an dieser Uebereinstimmung mitschuldig sein? Werden wir
denn von Verräthern regiert? — Wenn aber nicht, so —
Wie gesagt! die Ungezogenheit der englischen Presse muß uns empören, aber
begreifen können wir sie vollständig. — Freilich wird man feine Distinctionen ma¬
chen, wie weit, und wie weit nicht u. f. w. — Aber Engländer, Oestreicher, Ita¬
liener verstehn sich auf solche Spitzfindigkeiten nicht.
„Wenn ein armer Neffe den reichen Onkel streichelt, sagt die Times, so knöpft
dieser seine Taschen zu." Das ist grob und paßt nicht für unsern Fall; aber wir
möchten einen andern Satz aufstellen. — Wenn ein Deutscher sagt: ein.? Nation
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