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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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ist seit zehn Jahren unter den Deutschen stärker geworden. Alles, was diesem
Gefühle zusagt, wird die Nation für sich haben, und dahin gehört der Han-
delsl'und, wenn er als ein Einigungselement sich in festen Formen
dauernd gestaltet, nachdem er Zähigkeit genug bewiesen hat, Versuche zur
Spaltung und Verwirrung abzuweisen.

Der Bundestag wird ein wirksames Veto nicht einlegen, wenn der Zoll¬
verein sich bereit erklärt, in einem deutschen Bundesstaate aufzugehn. Hat
doch die hohe Bundesversammlung und haben sämmtliche Glieder des deut¬
schen Bundes die Verfassung desselben für reformbedürftig im höchsten Grade
erklärt. Die Vereins.rcgicrungcn aber sind sich ohne Zweifel bewußt, daß
ihre Verbindung nicht gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Bundes¬
staates gerichtet, also nach Art. 11 der Bundesacte erlaubt ist Dasselbe
Bewußtsein haben sich gewiß die 29 deutschen Regierungen bewahrt, welche
seiner Zeit auf Grund des nämlichen Artikels das Bündniß vom 2t>. Mai
1849 mit ihren Bundespflichten vereinbar gefunden haben.

Man glaubt in manchen deutschen Landen immer noch Verheißungen un¬
erfüllt lassen zu dürfen, welche die Nation in die Verfassung zu setzen ver¬
sprachen, äußere Gefahren zu bestelln und ihren Interessen Beachtung zu
verschaffen. Man hält an Einrichtungen fest, die sich zu nichts Gutem taug¬
lich erwiesen haben. Es fehlt nicht an Mahnungen. -- wir meinen nicht in
Worten, sondern in Ereignissen -- an das Nothwendige zu denken, ehe es
zu spät wird, und nicht länger die dargebotene starke Hand der Regierung
des größten deutschen Staates für die Abstellung der schreiendsten Uebelstände
abzuweisen. Aber was wir vermissen, das ist die praktische Richtung in den
Bestrebungen für bessere Einigung des deutschen Vaterlandes. Neben den er¬
freulichen Kundgebungen für die Einheit möchten wir vereinte Kräfte für die
Vervollkommnung des bestehenden, der Reform bedürftigen Handelsbundes
wirken sehn. Geschieht dies, dann werden in dem Zeitpunkte, in welchem
über die Erneuerung der Zollverträge entschieden werden muß, die Ministerien
und dieKammern derjenigen deutschen Staaten, welche früher der revolutio-
nären Politik des Fürsten Schwarzenberg folgten, den Weg der Reform mit
Preußen gehn. Wir behalten uns vor, im nächsten Heft auf die Bestimmungen
der Verträge, welche eine Abänderung oder Erweiterung wünschen lassen, aus¬
führlich einzugehn.




ist seit zehn Jahren unter den Deutschen stärker geworden. Alles, was diesem
Gefühle zusagt, wird die Nation für sich haben, und dahin gehört der Han-
delsl'und, wenn er als ein Einigungselement sich in festen Formen
dauernd gestaltet, nachdem er Zähigkeit genug bewiesen hat, Versuche zur
Spaltung und Verwirrung abzuweisen.

Der Bundestag wird ein wirksames Veto nicht einlegen, wenn der Zoll¬
verein sich bereit erklärt, in einem deutschen Bundesstaate aufzugehn. Hat
doch die hohe Bundesversammlung und haben sämmtliche Glieder des deut¬
schen Bundes die Verfassung desselben für reformbedürftig im höchsten Grade
erklärt. Die Vereins.rcgicrungcn aber sind sich ohne Zweifel bewußt, daß
ihre Verbindung nicht gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Bundes¬
staates gerichtet, also nach Art. 11 der Bundesacte erlaubt ist Dasselbe
Bewußtsein haben sich gewiß die 29 deutschen Regierungen bewahrt, welche
seiner Zeit auf Grund des nämlichen Artikels das Bündniß vom 2t>. Mai
1849 mit ihren Bundespflichten vereinbar gefunden haben.

Man glaubt in manchen deutschen Landen immer noch Verheißungen un¬
erfüllt lassen zu dürfen, welche die Nation in die Verfassung zu setzen ver¬
sprachen, äußere Gefahren zu bestelln und ihren Interessen Beachtung zu
verschaffen. Man hält an Einrichtungen fest, die sich zu nichts Gutem taug¬
lich erwiesen haben. Es fehlt nicht an Mahnungen. — wir meinen nicht in
Worten, sondern in Ereignissen — an das Nothwendige zu denken, ehe es
zu spät wird, und nicht länger die dargebotene starke Hand der Regierung
des größten deutschen Staates für die Abstellung der schreiendsten Uebelstände
abzuweisen. Aber was wir vermissen, das ist die praktische Richtung in den
Bestrebungen für bessere Einigung des deutschen Vaterlandes. Neben den er¬
freulichen Kundgebungen für die Einheit möchten wir vereinte Kräfte für die
Vervollkommnung des bestehenden, der Reform bedürftigen Handelsbundes
wirken sehn. Geschieht dies, dann werden in dem Zeitpunkte, in welchem
über die Erneuerung der Zollverträge entschieden werden muß, die Ministerien
und dieKammern derjenigen deutschen Staaten, welche früher der revolutio-
nären Politik des Fürsten Schwarzenberg folgten, den Weg der Reform mit
Preußen gehn. Wir behalten uns vor, im nächsten Heft auf die Bestimmungen
der Verträge, welche eine Abänderung oder Erweiterung wünschen lassen, aus¬
führlich einzugehn.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/23>, abgerufen am 15.01.2025.