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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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die Stadt, wie die Kämpfe von 1348 bewiesen, vollständig, sie können sie
binnen wenigen Tagen in einen Trümmerhaufen verwandeln. Garibaldi
würde seine Hauptbattericn auf dem Amphitheater von Hügeln über der Unter¬
stadt anlegen müssen. Seine Kugeln würden über die letztere weg gehen und
bis zur Citadelle etwa 1500, bis zum Fort San Salvatore 2800 bis 3000
Fuß haben. Ohne sehr schwere (oder gezogene) Geschütze würde er gegen die
Truppen Neapels wenig ausrichten*) und daß dieselben, wenn sie ihm nichts
Wesentliches anhaben könnten, wenigstens die Stadt in Brand und Schutt
schießen würden, ist nach den Vorgängen in Palermo und dem barbarischen
Bombardement von Messina im September 1848 als sicher anzunehmen.

Messina ist seit dem Erdbeben von 1783. welches den größten Theil der
Stadt zerstörte, regelmäßig gebaut. Die mit Lavablöcken gepflasterten Stra¬
ßen sind breit und grade, die Häuser meist zweistöckig, massiv und fast durch-
gehends mit Balkonen geschmückt. Die schönsten Straßen sind außer der mit
Springbrunnen und Bildsäulen verzierten, mit verschiedenen Palästen verschö¬
nerten Marina der Corso, die Strada Ferdinands und die Strada Austriaca.
Kirchen besitzt die Stadt gegen fünfzig, von denen die alte, von den Norman¬
nen im zwölften Jahrhundert erbaute Kathedrale die interessanteste ist. Die¬
selbe ist eines der ältesten Denkmale gothischer Baukunst, düster und schwer¬
fällig. Das Innere zeigt schöne Mosaiken, Granitsäulen, die von einem
antiken Neptunstempel stammen, eine alte Kanzel und einen sehr reich ver¬
zierten Hauptaltar, welcher der sogenannten saers, Istterg, (einem Briefe der
Jungfrau Maria an die Messinesen) geweiht ist. Unter den übrigen Kirchen
sind auch einige griechische. Daß es an Mönchs- und Nonnenklöstern nicht
mangelt, versteht sich bei einer süditalienischen Stadt von selbst. Eines der
schönsten Klöster ist das dem San Grcgorio gewidmete, von welchem man die
prächtigste Aussicht auf den Golf und die Küste von Calabrien mit ihren
Dörfern und Städten und auf die im Süden hinziehenden pelorischen Ge¬
birge hat, aus deren zerklüfteten Felsgipfeln man die Trümmer von drei
mittelalterlichen Burgen, San Salvatore, Griffone und Gonzaga erblickt.

Andere Gebäude von Interesse sind der königliche Palast, der des Erz-
bischofs. der^des Senats oder das Rathhaus, die Loggia oder Börse, das
theologische Seminar, das große Hospital und das Haupttheater. Der Platz
vor der Kathedrale ist mit der Reiterstatue Karls des Zweiten geschmückt.
Die bedeutendsten wissenschaftlichen Anstalten Messinas sind: die königliche
carolinische Akademie, eine Art Universität mit den Facultäten der Juris¬
prudenz, der Philosophie, der Medicin und der schönen Wissenschaften; serner



') Nach neuern Berichten verfügt Garibcildi über 12 gezogne Geschütze schwersten Kalibers
und neuester Construction.

die Stadt, wie die Kämpfe von 1348 bewiesen, vollständig, sie können sie
binnen wenigen Tagen in einen Trümmerhaufen verwandeln. Garibaldi
würde seine Hauptbattericn auf dem Amphitheater von Hügeln über der Unter¬
stadt anlegen müssen. Seine Kugeln würden über die letztere weg gehen und
bis zur Citadelle etwa 1500, bis zum Fort San Salvatore 2800 bis 3000
Fuß haben. Ohne sehr schwere (oder gezogene) Geschütze würde er gegen die
Truppen Neapels wenig ausrichten*) und daß dieselben, wenn sie ihm nichts
Wesentliches anhaben könnten, wenigstens die Stadt in Brand und Schutt
schießen würden, ist nach den Vorgängen in Palermo und dem barbarischen
Bombardement von Messina im September 1848 als sicher anzunehmen.

Messina ist seit dem Erdbeben von 1783. welches den größten Theil der
Stadt zerstörte, regelmäßig gebaut. Die mit Lavablöcken gepflasterten Stra¬
ßen sind breit und grade, die Häuser meist zweistöckig, massiv und fast durch-
gehends mit Balkonen geschmückt. Die schönsten Straßen sind außer der mit
Springbrunnen und Bildsäulen verzierten, mit verschiedenen Palästen verschö¬
nerten Marina der Corso, die Strada Ferdinands und die Strada Austriaca.
Kirchen besitzt die Stadt gegen fünfzig, von denen die alte, von den Norman¬
nen im zwölften Jahrhundert erbaute Kathedrale die interessanteste ist. Die¬
selbe ist eines der ältesten Denkmale gothischer Baukunst, düster und schwer¬
fällig. Das Innere zeigt schöne Mosaiken, Granitsäulen, die von einem
antiken Neptunstempel stammen, eine alte Kanzel und einen sehr reich ver¬
zierten Hauptaltar, welcher der sogenannten saers, Istterg, (einem Briefe der
Jungfrau Maria an die Messinesen) geweiht ist. Unter den übrigen Kirchen
sind auch einige griechische. Daß es an Mönchs- und Nonnenklöstern nicht
mangelt, versteht sich bei einer süditalienischen Stadt von selbst. Eines der
schönsten Klöster ist das dem San Grcgorio gewidmete, von welchem man die
prächtigste Aussicht auf den Golf und die Küste von Calabrien mit ihren
Dörfern und Städten und auf die im Süden hinziehenden pelorischen Ge¬
birge hat, aus deren zerklüfteten Felsgipfeln man die Trümmer von drei
mittelalterlichen Burgen, San Salvatore, Griffone und Gonzaga erblickt.

Andere Gebäude von Interesse sind der königliche Palast, der des Erz-
bischofs. der^des Senats oder das Rathhaus, die Loggia oder Börse, das
theologische Seminar, das große Hospital und das Haupttheater. Der Platz
vor der Kathedrale ist mit der Reiterstatue Karls des Zweiten geschmückt.
Die bedeutendsten wissenschaftlichen Anstalten Messinas sind: die königliche
carolinische Akademie, eine Art Universität mit den Facultäten der Juris¬
prudenz, der Philosophie, der Medicin und der schönen Wissenschaften; serner



') Nach neuern Berichten verfügt Garibcildi über 12 gezogne Geschütze schwersten Kalibers
und neuester Construction.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/68>, abgerufen am 24.07.2024.