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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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ausathmen dürfen, aber nun aus Dürftigkeit umzukommen in Gefahr sind; in
Westfalen, in den katholischen Theilen Hannovers, in Bayern, in Frankreich,
ja man kann sagen in der ganzen Welt, wo in einzelnen Orten evangelische
Gemeinden außer allem Verbände mit dem lebensfähigen und sicher wohnen¬
den Theilen der protestantischen Kirche leben. Wir sagen: So antwortet der
Verein; -- denn eben das wird als einer der wichtigsten Erfolge seiner Thätigkeit
angesehen werden müssen, daß es durch dieselbe an den Tag gekommen ist,
in welchem Zustande sich die zerstreuten Theile unsrer evangelischen Kirche be¬
finden; und wenn seit mehren Jahren der preußische Oberkirchenrath die be¬
sondere Erforschung der Verhältnisse der Evangelischen in den vorhin genann¬
ten preußischen Provinzen, sowie eine jährliche Landeskirchencollecte zur Be¬
friedigung der sich dabei ergebenden Bedürfnisse veranlaßt hat, so wird schwerlich
zu bestreikn sein, daß die durch die Wirksamkeit des Gustav-Adolf Vereins an das
Licht gebrachten Schäden den Impuls dazu gegeben haben. Ja das unver¬
kennbar in Vielen erwachte Interesse an der Sicherung und Kräftigung der
protestantischen Kirche, und die davon zeugende besondere Thätigkeit vieler
Einzelnen innerhalb und außerhalb des Vereins zur Gründung von Kirchen,
Schulen, Friedhöfen u. f. w. aus eignen Mitteln, zur Gründung von, den
großen Zweck des Vereins fördernden Stiftungen, die regere Aufmerksamkeit
auf die Symptome eines sich wieder regenden gemeinsamen Bewußtseins der
Evangelischen, es wird ohnstreitig zum großen Theil der, wenn auch bis jetzt
noch unzulänglichen, dennoch im Vergleich mit allen bisherigen, großartig zu
nennenden Lebensregung des evangelischen Gemeinbewußtseins im Gustav-Adolf
Verein zuzuschreiben sein. Und wenn sich, wie zu hoffen ist, hieraus immer Mehreren
die lebendige Ueberzeugung aufdrängen muß, daß sich die evangelische Kirche
gegen die fortgesetzten Angriffe der schon durch die Wucht ihrer Masse, außerdem
aber auch mit noch andern Kräften wirkenden katholischen schlechterdings nur
zu erhalten vermag durch einen kräftigen, bis in ihre entferntesten Glieder
dringenden, hilfreichen Gemeingeist, durch diesen aber auch gewiß, und so auch
allein nicht nur erst zu bestehen verdient, sondern noch als das Salz der Erde
sich zu erweisen haben wird: so wird also auch dazu der Gustav-Adolf Verein die
mittelbare Veranlassung gewesen sein! Wenn es endlich Jedermann weiß, daß
der Mensch der Noth und dem Elend zuletzt sicherer unterliegt, als der Gewalt,
indem Gewalt die Kraft und den Muth des Widerstandes weckt, Noth und
Elend aber beide allmcilig lähmt, daß mithin in dem nun bekannt gewordenen
Nothstande vieler Hunderte von evangelischen Gemeinden eine viel größere
Gefahr des gewissen, wenn auch unter Umständen langsamen Untergangs liegt,
als in den furchtbarsten Verfolgungen früherer Zeiten: so wird auch hieraus
die Bedeutung der Vereinswirksamkeit erhellen, indem mit der Nothwendigkeit
derselben zugleich dieses einleuchtet, daß die durch die Liebesthätigkeit des


ausathmen dürfen, aber nun aus Dürftigkeit umzukommen in Gefahr sind; in
Westfalen, in den katholischen Theilen Hannovers, in Bayern, in Frankreich,
ja man kann sagen in der ganzen Welt, wo in einzelnen Orten evangelische
Gemeinden außer allem Verbände mit dem lebensfähigen und sicher wohnen¬
den Theilen der protestantischen Kirche leben. Wir sagen: So antwortet der
Verein; — denn eben das wird als einer der wichtigsten Erfolge seiner Thätigkeit
angesehen werden müssen, daß es durch dieselbe an den Tag gekommen ist,
in welchem Zustande sich die zerstreuten Theile unsrer evangelischen Kirche be¬
finden; und wenn seit mehren Jahren der preußische Oberkirchenrath die be¬
sondere Erforschung der Verhältnisse der Evangelischen in den vorhin genann¬
ten preußischen Provinzen, sowie eine jährliche Landeskirchencollecte zur Be¬
friedigung der sich dabei ergebenden Bedürfnisse veranlaßt hat, so wird schwerlich
zu bestreikn sein, daß die durch die Wirksamkeit des Gustav-Adolf Vereins an das
Licht gebrachten Schäden den Impuls dazu gegeben haben. Ja das unver¬
kennbar in Vielen erwachte Interesse an der Sicherung und Kräftigung der
protestantischen Kirche, und die davon zeugende besondere Thätigkeit vieler
Einzelnen innerhalb und außerhalb des Vereins zur Gründung von Kirchen,
Schulen, Friedhöfen u. f. w. aus eignen Mitteln, zur Gründung von, den
großen Zweck des Vereins fördernden Stiftungen, die regere Aufmerksamkeit
auf die Symptome eines sich wieder regenden gemeinsamen Bewußtseins der
Evangelischen, es wird ohnstreitig zum großen Theil der, wenn auch bis jetzt
noch unzulänglichen, dennoch im Vergleich mit allen bisherigen, großartig zu
nennenden Lebensregung des evangelischen Gemeinbewußtseins im Gustav-Adolf
Verein zuzuschreiben sein. Und wenn sich, wie zu hoffen ist, hieraus immer Mehreren
die lebendige Ueberzeugung aufdrängen muß, daß sich die evangelische Kirche
gegen die fortgesetzten Angriffe der schon durch die Wucht ihrer Masse, außerdem
aber auch mit noch andern Kräften wirkenden katholischen schlechterdings nur
zu erhalten vermag durch einen kräftigen, bis in ihre entferntesten Glieder
dringenden, hilfreichen Gemeingeist, durch diesen aber auch gewiß, und so auch
allein nicht nur erst zu bestehen verdient, sondern noch als das Salz der Erde
sich zu erweisen haben wird: so wird also auch dazu der Gustav-Adolf Verein die
mittelbare Veranlassung gewesen sein! Wenn es endlich Jedermann weiß, daß
der Mensch der Noth und dem Elend zuletzt sicherer unterliegt, als der Gewalt,
indem Gewalt die Kraft und den Muth des Widerstandes weckt, Noth und
Elend aber beide allmcilig lähmt, daß mithin in dem nun bekannt gewordenen
Nothstande vieler Hunderte von evangelischen Gemeinden eine viel größere
Gefahr des gewissen, wenn auch unter Umständen langsamen Untergangs liegt,
als in den furchtbarsten Verfolgungen früherer Zeiten: so wird auch hieraus
die Bedeutung der Vereinswirksamkeit erhellen, indem mit der Nothwendigkeit
derselben zugleich dieses einleuchtet, daß die durch die Liebesthätigkeit des


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/57>, abgerufen am 24.07.2024.