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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Petition, welche eine öffentliche Angelegenheit behandelt, ist bei Strafe
verboten.

Die Stände Schleswigs haben sich über die Unerträglichkeit der durch
die angeführten Verfügungen geschaffenen Zustände mit der größten Energie
ausgesprochen. Es hat nicht das Mindeste geholfen. Sie verwendeten sich
für die Rechte der Landesuniversität. Vergebens! Sie baten um Preßfrei-
heit, und die Regierung ließ ihnen in Worten, die offenbaren Hohn enthielten,
erklären, die Bitte würde erfüllt werden, falls sie sich besserten, falls sie ge¬
wisse Rechte aufgaben, die den Dänen ein Dorn im Auge sind. Sie ver¬
suchten eine Ministcranklage, und der servile Präsident, der mit alleiniger
Ausnahme der Sprachfrage bei allen Gelegenheiten auf die Seite der Negie¬
rung und der dänischen Minorität trat und letzterer die gröbsten Ausschreitun-
gen gestattete, während er der Majorität nach Möglichkeit den Mund schloß,
wußte das Unternehmen zu vereiteln. Sie gedachte ihre Klagen in der Adresse,
die wir in Vorstehendem umschrieben haben, an den König zu bringen, und
auch dieser Versuch wurde durch den Vorsitzenden hintertrieben, ja die Regie¬
rung machte sogar Miene, die 26 Unterzeichner der Adresse gerichtlich ver¬
folgen zu lassen. Ist dies bis jetzt unterblieben, so hat die Polizei wenig¬
stens aus das Eifrigste nach solchen gefahndet, welche diesen Meinungs- und
Willensausdruck der Landesvertretung im Druck verbreitet hatten.

Damit im Zusammenhang standen die Untersuchungen, welche mehreren
an die Stände gerichteten Adressen von Einwohnern der Städte Schleswig
und Eckernförde galten. Der königliche Commissär glaubte darin verbreche¬
rische Wünsche ausgedrückt, er forderte vom Präsidenten die Auslieferung der¬
selben, und dieser war charakterlos genug, sie ohne Zwang von'Seiten der
Regierung, ohne Erlaubniß von Seiten der Ständeversammlung und ohne
Rücksicht auf die darin liegende Verletzung des Petitionsrcchts sofort auszu-
folgen und so der Polizei als Helfershelfer zu dienen. Da es sehr lehrreich
ist, der letztern aus ihren Gängen zu folgen, so widmen wir den wichtigsten
unter den nun eingeleiteten Untersuchungen eine ausführliche Darstellung.
Vorher aber geben wir die betreffenden Adressen und einige Auszüge aus den
Expectorationen der dänischen Minorität, die dazu dienen mögen, zu zeigen,
mit was sür unfläthigen Gesellen die Majorität sich herumzuschlagen hat.


Die vom 24. Januar 1860 datirte Adresse aus Eckernförde lautete:
"Hohe Ständeversammlung!

"Mit ernster freudiger Erwartung begrüßt das Land Ihr erneutes Zusam¬
mentreten. Eine schwere Zeit ist über uns dahin gegangen. Arges haben
wir erduldet, fast Unerträgliches ertragen, aber der Muth des Volkes ist nicht
gebrochen.

Nur noch inniger hat das Mißgeschick der letzten Jahre in uns die Ueber-


Petition, welche eine öffentliche Angelegenheit behandelt, ist bei Strafe
verboten.

Die Stände Schleswigs haben sich über die Unerträglichkeit der durch
die angeführten Verfügungen geschaffenen Zustände mit der größten Energie
ausgesprochen. Es hat nicht das Mindeste geholfen. Sie verwendeten sich
für die Rechte der Landesuniversität. Vergebens! Sie baten um Preßfrei-
heit, und die Regierung ließ ihnen in Worten, die offenbaren Hohn enthielten,
erklären, die Bitte würde erfüllt werden, falls sie sich besserten, falls sie ge¬
wisse Rechte aufgaben, die den Dänen ein Dorn im Auge sind. Sie ver¬
suchten eine Ministcranklage, und der servile Präsident, der mit alleiniger
Ausnahme der Sprachfrage bei allen Gelegenheiten auf die Seite der Negie¬
rung und der dänischen Minorität trat und letzterer die gröbsten Ausschreitun-
gen gestattete, während er der Majorität nach Möglichkeit den Mund schloß,
wußte das Unternehmen zu vereiteln. Sie gedachte ihre Klagen in der Adresse,
die wir in Vorstehendem umschrieben haben, an den König zu bringen, und
auch dieser Versuch wurde durch den Vorsitzenden hintertrieben, ja die Regie¬
rung machte sogar Miene, die 26 Unterzeichner der Adresse gerichtlich ver¬
folgen zu lassen. Ist dies bis jetzt unterblieben, so hat die Polizei wenig¬
stens aus das Eifrigste nach solchen gefahndet, welche diesen Meinungs- und
Willensausdruck der Landesvertretung im Druck verbreitet hatten.

Damit im Zusammenhang standen die Untersuchungen, welche mehreren
an die Stände gerichteten Adressen von Einwohnern der Städte Schleswig
und Eckernförde galten. Der königliche Commissär glaubte darin verbreche¬
rische Wünsche ausgedrückt, er forderte vom Präsidenten die Auslieferung der¬
selben, und dieser war charakterlos genug, sie ohne Zwang von'Seiten der
Regierung, ohne Erlaubniß von Seiten der Ständeversammlung und ohne
Rücksicht auf die darin liegende Verletzung des Petitionsrcchts sofort auszu-
folgen und so der Polizei als Helfershelfer zu dienen. Da es sehr lehrreich
ist, der letztern aus ihren Gängen zu folgen, so widmen wir den wichtigsten
unter den nun eingeleiteten Untersuchungen eine ausführliche Darstellung.
Vorher aber geben wir die betreffenden Adressen und einige Auszüge aus den
Expectorationen der dänischen Minorität, die dazu dienen mögen, zu zeigen,
mit was sür unfläthigen Gesellen die Majorität sich herumzuschlagen hat.


Die vom 24. Januar 1860 datirte Adresse aus Eckernförde lautete:
„Hohe Ständeversammlung!

„Mit ernster freudiger Erwartung begrüßt das Land Ihr erneutes Zusam¬
mentreten. Eine schwere Zeit ist über uns dahin gegangen. Arges haben
wir erduldet, fast Unerträgliches ertragen, aber der Muth des Volkes ist nicht
gebrochen.

Nur noch inniger hat das Mißgeschick der letzten Jahre in uns die Ueber-


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[0498] Petition, welche eine öffentliche Angelegenheit behandelt, ist bei Strafe verboten. Die Stände Schleswigs haben sich über die Unerträglichkeit der durch die angeführten Verfügungen geschaffenen Zustände mit der größten Energie ausgesprochen. Es hat nicht das Mindeste geholfen. Sie verwendeten sich für die Rechte der Landesuniversität. Vergebens! Sie baten um Preßfrei- heit, und die Regierung ließ ihnen in Worten, die offenbaren Hohn enthielten, erklären, die Bitte würde erfüllt werden, falls sie sich besserten, falls sie ge¬ wisse Rechte aufgaben, die den Dänen ein Dorn im Auge sind. Sie ver¬ suchten eine Ministcranklage, und der servile Präsident, der mit alleiniger Ausnahme der Sprachfrage bei allen Gelegenheiten auf die Seite der Negie¬ rung und der dänischen Minorität trat und letzterer die gröbsten Ausschreitun- gen gestattete, während er der Majorität nach Möglichkeit den Mund schloß, wußte das Unternehmen zu vereiteln. Sie gedachte ihre Klagen in der Adresse, die wir in Vorstehendem umschrieben haben, an den König zu bringen, und auch dieser Versuch wurde durch den Vorsitzenden hintertrieben, ja die Regie¬ rung machte sogar Miene, die 26 Unterzeichner der Adresse gerichtlich ver¬ folgen zu lassen. Ist dies bis jetzt unterblieben, so hat die Polizei wenig¬ stens aus das Eifrigste nach solchen gefahndet, welche diesen Meinungs- und Willensausdruck der Landesvertretung im Druck verbreitet hatten. Damit im Zusammenhang standen die Untersuchungen, welche mehreren an die Stände gerichteten Adressen von Einwohnern der Städte Schleswig und Eckernförde galten. Der königliche Commissär glaubte darin verbreche¬ rische Wünsche ausgedrückt, er forderte vom Präsidenten die Auslieferung der¬ selben, und dieser war charakterlos genug, sie ohne Zwang von'Seiten der Regierung, ohne Erlaubniß von Seiten der Ständeversammlung und ohne Rücksicht auf die darin liegende Verletzung des Petitionsrcchts sofort auszu- folgen und so der Polizei als Helfershelfer zu dienen. Da es sehr lehrreich ist, der letztern aus ihren Gängen zu folgen, so widmen wir den wichtigsten unter den nun eingeleiteten Untersuchungen eine ausführliche Darstellung. Vorher aber geben wir die betreffenden Adressen und einige Auszüge aus den Expectorationen der dänischen Minorität, die dazu dienen mögen, zu zeigen, mit was sür unfläthigen Gesellen die Majorität sich herumzuschlagen hat. Die vom 24. Januar 1860 datirte Adresse aus Eckernförde lautete: „Hohe Ständeversammlung! „Mit ernster freudiger Erwartung begrüßt das Land Ihr erneutes Zusam¬ mentreten. Eine schwere Zeit ist über uns dahin gegangen. Arges haben wir erduldet, fast Unerträgliches ertragen, aber der Muth des Volkes ist nicht gebrochen. Nur noch inniger hat das Mißgeschick der letzten Jahre in uns die Ueber-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/498>, abgerufen am 25.07.2024.