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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Linien verwiesen wird. Außer einigen Hauptstraßen eignet sich für den Trans¬
port von Artillerie nicht einmal in den Ebnen, geschweige denn im Gebirge
ein Weg. Rechnet man dazu die Schwierigkeit, sich in den Bergen zu ver-
proviantiren, sich in den zahlreichen Seiten- und Qucrthülern. zwischen den
dichten Rebengittern und in den ausgedehnten Wäldern zurecht zu finden, so
ergibt sich von selbst, daß größere militärische Operationen hier schwer durch¬
zuführen sind. Dies gilt nicht nur von dem Apennin, der die Mitte des
Landes einnimmt, sondern auch von den dcsileereichen Vorbergen zu beiden
Seiten desselben. In den Ebnen fehlt es zwar nicht so sehr an Wegen, aber
nur wenige der letztern widerstehen den Regengüssen, welche hier mit großem
Ungestüm auftreten; dann aber begegnen Truppenbewegungen hier ähnlichen
Schwierigkeiten wie in Oberitalien, indem zwar die zahlreichen Bewässer¬
ungsgräben jener Gegenden fehlen, dafür aber nur sehr wenige Brücken vor¬
handen und die Gebirgswasser heftigen Anschwellungen unterworfen sind, die
alle Furten ungangbar machen.

Bezieht sich dies vorzüglich auf die südlichen Striche im Westen, so bietet
der Osten,andere und nicht weniger beachtenswerthe Hindernisse für den gro¬
ßen Krieg. Ganz Apulien leidet an Wasserarmuth und ist infolge dessen zum
Theil Steppe. Die Bevölkerung kann hier nur bei der den Südländern eignen
Mäßigkeit bestehn. sie gruppirt sich in bevölkerten Städten und Flecken, Dör-
fer finden sich in der Regel nur zwei oder drei auf der Quadratmeile, ebenso
selten Meierhöfe. Jene Städte und Flecken sind Mittelpunkte oasenartig an¬
gebauter Landschaften, zwischen denen meilenweite, öde, einsame Flüchen sich
dehnen. Nur der Feldherr, der Gelegenheit hat, sich im Voraus große Ma¬
gazine anzulegen, dürfte dieses Kriegstheater ohne Furcht vor Schaden mit
beträchtlichen Truppenmassen betreten.

Hinsichtlich der Co inmuniea lion en ist zunächst zu bemerken, daß ein
auf die Landesvertheidigung berechnetes Eisenbahnsystem nicht existirt. indem
sich zur Anlage von Schienenwegen nur die Küstenebneu eignen und Quer-
bahncn von Meer zu Meer bei der Natur der Mitte des Landes eine Un¬
möglichkeit sind. Bis jetzt hat Neapel nur zwei Eisenbahnen, beide auf der
Westseite: die von der Hauptstadt nördlich, nach dem aler Meilen entfernten Capua
und die von ebenda südlich, nach Salerno führende, welche letztere sechs Meilen
lang ist.

Die übrigen Hauptcommunicationen für die Bewegung von Armeen be¬
stehen in den beiden großen Straßen längs der beiden Küsten, der
westlichen und der östlichen, und in vier Que rcommun i nati o ne n
zur Verbindung zwischen diesen Küsten, indeß eignet sich von letzteren für den
Transport schwerer Artillerie wol nur die eine, welche Neapel mit Manfredo-
nia im Capitanat verbindet.


Linien verwiesen wird. Außer einigen Hauptstraßen eignet sich für den Trans¬
port von Artillerie nicht einmal in den Ebnen, geschweige denn im Gebirge
ein Weg. Rechnet man dazu die Schwierigkeit, sich in den Bergen zu ver-
proviantiren, sich in den zahlreichen Seiten- und Qucrthülern. zwischen den
dichten Rebengittern und in den ausgedehnten Wäldern zurecht zu finden, so
ergibt sich von selbst, daß größere militärische Operationen hier schwer durch¬
zuführen sind. Dies gilt nicht nur von dem Apennin, der die Mitte des
Landes einnimmt, sondern auch von den dcsileereichen Vorbergen zu beiden
Seiten desselben. In den Ebnen fehlt es zwar nicht so sehr an Wegen, aber
nur wenige der letztern widerstehen den Regengüssen, welche hier mit großem
Ungestüm auftreten; dann aber begegnen Truppenbewegungen hier ähnlichen
Schwierigkeiten wie in Oberitalien, indem zwar die zahlreichen Bewässer¬
ungsgräben jener Gegenden fehlen, dafür aber nur sehr wenige Brücken vor¬
handen und die Gebirgswasser heftigen Anschwellungen unterworfen sind, die
alle Furten ungangbar machen.

Bezieht sich dies vorzüglich auf die südlichen Striche im Westen, so bietet
der Osten,andere und nicht weniger beachtenswerthe Hindernisse für den gro¬
ßen Krieg. Ganz Apulien leidet an Wasserarmuth und ist infolge dessen zum
Theil Steppe. Die Bevölkerung kann hier nur bei der den Südländern eignen
Mäßigkeit bestehn. sie gruppirt sich in bevölkerten Städten und Flecken, Dör-
fer finden sich in der Regel nur zwei oder drei auf der Quadratmeile, ebenso
selten Meierhöfe. Jene Städte und Flecken sind Mittelpunkte oasenartig an¬
gebauter Landschaften, zwischen denen meilenweite, öde, einsame Flüchen sich
dehnen. Nur der Feldherr, der Gelegenheit hat, sich im Voraus große Ma¬
gazine anzulegen, dürfte dieses Kriegstheater ohne Furcht vor Schaden mit
beträchtlichen Truppenmassen betreten.

Hinsichtlich der Co inmuniea lion en ist zunächst zu bemerken, daß ein
auf die Landesvertheidigung berechnetes Eisenbahnsystem nicht existirt. indem
sich zur Anlage von Schienenwegen nur die Küstenebneu eignen und Quer-
bahncn von Meer zu Meer bei der Natur der Mitte des Landes eine Un¬
möglichkeit sind. Bis jetzt hat Neapel nur zwei Eisenbahnen, beide auf der
Westseite: die von der Hauptstadt nördlich, nach dem aler Meilen entfernten Capua
und die von ebenda südlich, nach Salerno führende, welche letztere sechs Meilen
lang ist.

Die übrigen Hauptcommunicationen für die Bewegung von Armeen be¬
stehen in den beiden großen Straßen längs der beiden Küsten, der
westlichen und der östlichen, und in vier Que rcommun i nati o ne n
zur Verbindung zwischen diesen Küsten, indeß eignet sich von letzteren für den
Transport schwerer Artillerie wol nur die eine, welche Neapel mit Manfredo-
nia im Capitanat verbindet.


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[0424] Linien verwiesen wird. Außer einigen Hauptstraßen eignet sich für den Trans¬ port von Artillerie nicht einmal in den Ebnen, geschweige denn im Gebirge ein Weg. Rechnet man dazu die Schwierigkeit, sich in den Bergen zu ver- proviantiren, sich in den zahlreichen Seiten- und Qucrthülern. zwischen den dichten Rebengittern und in den ausgedehnten Wäldern zurecht zu finden, so ergibt sich von selbst, daß größere militärische Operationen hier schwer durch¬ zuführen sind. Dies gilt nicht nur von dem Apennin, der die Mitte des Landes einnimmt, sondern auch von den dcsileereichen Vorbergen zu beiden Seiten desselben. In den Ebnen fehlt es zwar nicht so sehr an Wegen, aber nur wenige der letztern widerstehen den Regengüssen, welche hier mit großem Ungestüm auftreten; dann aber begegnen Truppenbewegungen hier ähnlichen Schwierigkeiten wie in Oberitalien, indem zwar die zahlreichen Bewässer¬ ungsgräben jener Gegenden fehlen, dafür aber nur sehr wenige Brücken vor¬ handen und die Gebirgswasser heftigen Anschwellungen unterworfen sind, die alle Furten ungangbar machen. Bezieht sich dies vorzüglich auf die südlichen Striche im Westen, so bietet der Osten,andere und nicht weniger beachtenswerthe Hindernisse für den gro¬ ßen Krieg. Ganz Apulien leidet an Wasserarmuth und ist infolge dessen zum Theil Steppe. Die Bevölkerung kann hier nur bei der den Südländern eignen Mäßigkeit bestehn. sie gruppirt sich in bevölkerten Städten und Flecken, Dör- fer finden sich in der Regel nur zwei oder drei auf der Quadratmeile, ebenso selten Meierhöfe. Jene Städte und Flecken sind Mittelpunkte oasenartig an¬ gebauter Landschaften, zwischen denen meilenweite, öde, einsame Flüchen sich dehnen. Nur der Feldherr, der Gelegenheit hat, sich im Voraus große Ma¬ gazine anzulegen, dürfte dieses Kriegstheater ohne Furcht vor Schaden mit beträchtlichen Truppenmassen betreten. Hinsichtlich der Co inmuniea lion en ist zunächst zu bemerken, daß ein auf die Landesvertheidigung berechnetes Eisenbahnsystem nicht existirt. indem sich zur Anlage von Schienenwegen nur die Küstenebneu eignen und Quer- bahncn von Meer zu Meer bei der Natur der Mitte des Landes eine Un¬ möglichkeit sind. Bis jetzt hat Neapel nur zwei Eisenbahnen, beide auf der Westseite: die von der Hauptstadt nördlich, nach dem aler Meilen entfernten Capua und die von ebenda südlich, nach Salerno führende, welche letztere sechs Meilen lang ist. Die übrigen Hauptcommunicationen für die Bewegung von Armeen be¬ stehen in den beiden großen Straßen längs der beiden Küsten, der westlichen und der östlichen, und in vier Que rcommun i nati o ne n zur Verbindung zwischen diesen Küsten, indeß eignet sich von letzteren für den Transport schwerer Artillerie wol nur die eine, welche Neapel mit Manfredo- nia im Capitanat verbindet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/424>, abgerufen am 25.07.2024.