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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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neben dem Verzeichnis der Blätter und den Lebensnachrichten der Künstler
für jede Gruppe eine historische Einleitung, welche in gedrängter, aber ver¬
ständlicher Darstellung die Hauptzüge der Kunstentwicklrmg schildert und in
vielfach anregender Weise auf ihren Zusammenhang mit den weltgeschicht¬
lichen Zuständen hindeutet, -- An der Hand des Katalogs die Zimmer durch-
wandelnd durchlebt der Beschauer die Geschichte der Malerei in eurer Klarheit,
wie sie noch nirgends erreicht werden konnte und für das wachsende Verständ¬
niß an der tiefen Bedeutung der Kunstgeschichte lassen sich an diese Samm¬
lung die schönsten Hoffnungen knüpfen.

Darstellungen nach antiken Wand- und Vasenmalereien bedecken als Vor¬
bereitung der christlichen Malerei die Wände des nach dem zweiten Stock füh¬
renden Treppenhauses, an welche in der "Einleitenden Gruppe" die frühesten
christlichen Malereien vom 4. bis -13. Jahrhundert. Malereien der römischen
Katakomben und die Werte des leblosen byzantinischen Stils sich anschließen.
In die Mitte der Zimmerreihe eingetreten, empfängt uns die italienische
Schule, als die erste Trägerin des christlichen Kunsigeistes. welche in 15 Gruppen
die Meister des 13. und 14. Jahrhunderts mit ihren anfangs byzantinisiren-
den, dann unter Giotto's Einfluß und in den Werken des Camposanto zu
Pisa sich im freien Stil entfaltenden Werken, den frommen Fiesole, die flo-
rentiner Realisten, die Vorbereitung und dann den Gipfel der Kunstblüte in
Perugino Francia, Michel Angelo, Leonardo, Rafael -- welchem drei Gruppen
ausschließlich gewidmet -- Tizian und Correggio, die Schüler und Nachfolger
der großen Meister. Luini, Giulio Romano und die Kupferstecherschule Marc.
Antons, die Zeiten des Manierismus und Eklekticismus und den baldigen Ver¬
fall vorführt. -- Naturgemäß schließt sich in einer Gruppe die an italienischen
Realismus anknüpfende spanische Schule an, und hierauf die ebenfalls durch
Nicolas Poussin an italienischem Einflüsse selbstständig gewordene franzö¬
sische Schule, deren 9 Gruppen Poussin und die Hofkünstler unter Ludwig dem
Vierzehnten, Le Brun und Le Sueur, die großen Porträtmaler und Kupfer¬
stecher des 18. Jahrhunderts, die Landschaft, die Genremalerei mit den Kunst¬
verfall der Rococozeit, dann die classischen Bestrebungen Davids und seiner
Schule, die Historienmalerei der Kaiserzeit und der afrikanischen Kriege und die
reiche neueste Kunstthätigkeit in allen ihren Zweigen bis zur Nadirung und
Lithographie enthalten. Zwei Gruppen führen die den Franzosen verwandten
neueren Belgier und Holländer vor.

Hier am Ende der Zimmerreihe angelangt, kehren wir nach dem Eintritts-
zimmcr zurück, von welchem ausgehend in der entgegengesetzten Reihe wir die
Kunst der germanischen Völker in entsprechender Weise durchwandern. Vier
Gruppen schildern die deutsche und niederländische Malerei des 14. und
15. Jahrhunderts, die van Eyks. Memling, die Meister der rheinischen und


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neben dem Verzeichnis der Blätter und den Lebensnachrichten der Künstler
für jede Gruppe eine historische Einleitung, welche in gedrängter, aber ver¬
ständlicher Darstellung die Hauptzüge der Kunstentwicklrmg schildert und in
vielfach anregender Weise auf ihren Zusammenhang mit den weltgeschicht¬
lichen Zuständen hindeutet, — An der Hand des Katalogs die Zimmer durch-
wandelnd durchlebt der Beschauer die Geschichte der Malerei in eurer Klarheit,
wie sie noch nirgends erreicht werden konnte und für das wachsende Verständ¬
niß an der tiefen Bedeutung der Kunstgeschichte lassen sich an diese Samm¬
lung die schönsten Hoffnungen knüpfen.

Darstellungen nach antiken Wand- und Vasenmalereien bedecken als Vor¬
bereitung der christlichen Malerei die Wände des nach dem zweiten Stock füh¬
renden Treppenhauses, an welche in der „Einleitenden Gruppe" die frühesten
christlichen Malereien vom 4. bis -13. Jahrhundert. Malereien der römischen
Katakomben und die Werte des leblosen byzantinischen Stils sich anschließen.
In die Mitte der Zimmerreihe eingetreten, empfängt uns die italienische
Schule, als die erste Trägerin des christlichen Kunsigeistes. welche in 15 Gruppen
die Meister des 13. und 14. Jahrhunderts mit ihren anfangs byzantinisiren-
den, dann unter Giotto's Einfluß und in den Werken des Camposanto zu
Pisa sich im freien Stil entfaltenden Werken, den frommen Fiesole, die flo-
rentiner Realisten, die Vorbereitung und dann den Gipfel der Kunstblüte in
Perugino Francia, Michel Angelo, Leonardo, Rafael — welchem drei Gruppen
ausschließlich gewidmet — Tizian und Correggio, die Schüler und Nachfolger
der großen Meister. Luini, Giulio Romano und die Kupferstecherschule Marc.
Antons, die Zeiten des Manierismus und Eklekticismus und den baldigen Ver¬
fall vorführt. — Naturgemäß schließt sich in einer Gruppe die an italienischen
Realismus anknüpfende spanische Schule an, und hierauf die ebenfalls durch
Nicolas Poussin an italienischem Einflüsse selbstständig gewordene franzö¬
sische Schule, deren 9 Gruppen Poussin und die Hofkünstler unter Ludwig dem
Vierzehnten, Le Brun und Le Sueur, die großen Porträtmaler und Kupfer¬
stecher des 18. Jahrhunderts, die Landschaft, die Genremalerei mit den Kunst¬
verfall der Rococozeit, dann die classischen Bestrebungen Davids und seiner
Schule, die Historienmalerei der Kaiserzeit und der afrikanischen Kriege und die
reiche neueste Kunstthätigkeit in allen ihren Zweigen bis zur Nadirung und
Lithographie enthalten. Zwei Gruppen führen die den Franzosen verwandten
neueren Belgier und Holländer vor.

Hier am Ende der Zimmerreihe angelangt, kehren wir nach dem Eintritts-
zimmcr zurück, von welchem ausgehend in der entgegengesetzten Reihe wir die
Kunst der germanischen Völker in entsprechender Weise durchwandern. Vier
Gruppen schildern die deutsche und niederländische Malerei des 14. und
15. Jahrhunderts, die van Eyks. Memling, die Meister der rheinischen und


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[0287] neben dem Verzeichnis der Blätter und den Lebensnachrichten der Künstler für jede Gruppe eine historische Einleitung, welche in gedrängter, aber ver¬ ständlicher Darstellung die Hauptzüge der Kunstentwicklrmg schildert und in vielfach anregender Weise auf ihren Zusammenhang mit den weltgeschicht¬ lichen Zuständen hindeutet, — An der Hand des Katalogs die Zimmer durch- wandelnd durchlebt der Beschauer die Geschichte der Malerei in eurer Klarheit, wie sie noch nirgends erreicht werden konnte und für das wachsende Verständ¬ niß an der tiefen Bedeutung der Kunstgeschichte lassen sich an diese Samm¬ lung die schönsten Hoffnungen knüpfen. Darstellungen nach antiken Wand- und Vasenmalereien bedecken als Vor¬ bereitung der christlichen Malerei die Wände des nach dem zweiten Stock füh¬ renden Treppenhauses, an welche in der „Einleitenden Gruppe" die frühesten christlichen Malereien vom 4. bis -13. Jahrhundert. Malereien der römischen Katakomben und die Werte des leblosen byzantinischen Stils sich anschließen. In die Mitte der Zimmerreihe eingetreten, empfängt uns die italienische Schule, als die erste Trägerin des christlichen Kunsigeistes. welche in 15 Gruppen die Meister des 13. und 14. Jahrhunderts mit ihren anfangs byzantinisiren- den, dann unter Giotto's Einfluß und in den Werken des Camposanto zu Pisa sich im freien Stil entfaltenden Werken, den frommen Fiesole, die flo- rentiner Realisten, die Vorbereitung und dann den Gipfel der Kunstblüte in Perugino Francia, Michel Angelo, Leonardo, Rafael — welchem drei Gruppen ausschließlich gewidmet — Tizian und Correggio, die Schüler und Nachfolger der großen Meister. Luini, Giulio Romano und die Kupferstecherschule Marc. Antons, die Zeiten des Manierismus und Eklekticismus und den baldigen Ver¬ fall vorführt. — Naturgemäß schließt sich in einer Gruppe die an italienischen Realismus anknüpfende spanische Schule an, und hierauf die ebenfalls durch Nicolas Poussin an italienischem Einflüsse selbstständig gewordene franzö¬ sische Schule, deren 9 Gruppen Poussin und die Hofkünstler unter Ludwig dem Vierzehnten, Le Brun und Le Sueur, die großen Porträtmaler und Kupfer¬ stecher des 18. Jahrhunderts, die Landschaft, die Genremalerei mit den Kunst¬ verfall der Rococozeit, dann die classischen Bestrebungen Davids und seiner Schule, die Historienmalerei der Kaiserzeit und der afrikanischen Kriege und die reiche neueste Kunstthätigkeit in allen ihren Zweigen bis zur Nadirung und Lithographie enthalten. Zwei Gruppen führen die den Franzosen verwandten neueren Belgier und Holländer vor. Hier am Ende der Zimmerreihe angelangt, kehren wir nach dem Eintritts- zimmcr zurück, von welchem ausgehend in der entgegengesetzten Reihe wir die Kunst der germanischen Völker in entsprechender Weise durchwandern. Vier Gruppen schildern die deutsche und niederländische Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts, die van Eyks. Memling, die Meister der rheinischen und 35*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/287>, abgerufen am 21.06.2024.