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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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wen zu haben, und nicht die Befugnis, zu besitzen, wie die Unterthanen der
Pforte, so auch die Schützlinge fremder Consulate von dem Verkauf ihrer
Liegenschaften abzuhalten.

Trotzdem war die Angelegenheit noch nicht ohne Haken, Der von Mcin-
surof zu Gunsten der Actiengesellschaft entworfene Plan erfreute sich in Peters¬
burg nur geringen Anklangs. und allmälig wagte die Synode, sich wärmer
des Bisthums anzunehmen. Auch fragte sichs, ob die Pforte, welche soeben
'hre Abneigung gegen ein Festsetzen der Nüssen in Palästina dadurch zu er¬
kennen gegeben hatte, daß sie die von der Gesandtschaft zu Konstantinopel be¬
gehrte Erlaubniß zu dem beabsichtigten Straßenbau von Jaffa nach Jerusalem
nicht ertheilte, die Errichtung von Gebäuden ans dem ganz in dem Festungs-
rayou von Jerusalem gelegenen Terrain gestatten würde. Daß die Diplomatie,
welche die Uebergriffe des Civilgcnerals verdrossen hatte, sich mit besonderm
Eifer der Sache annehmen werde, ließ sich nicht erwarten.

Um diese doppelte Schwierigkeit zu heben, bot ein günstiger Zufall das
wirksamste Mittel. Der Großadmiral Großfürst Konstantin kreuzte eben, an¬
scheinend zwecklos, im Mittelmeere; vermochte man diesen einflußreichen Prinzen,
Jerusalem und Konstantinopel zu besuchen, so schien der Erfolg gesichert. Man-
surof, welchen der Consulatsverweser von den Vorfüllen in der heiligen Stadt
fortwährend auf dem Laufenden erhielt, befand sich in dein hohen Gefolge;
dem gewandten Manne gelang es unschwer, das lebhafte Gemüth des jugend¬
lichen Fürsten für eine Reise nach Palästina zu gewinnen, welche, nachdem die
Erlaubniß des Kaisers eingetroffen, im Mai 1859 angetreten wurde.

Wie in demselben Monat der Prinz mit seiner Gemahlin in Jaffa landete,
wie er sich, escortirt von 300 nnifonnirten Mariniers, nach der heiligen Stadt
begab, daselbst von blumenstreuenden Pilgerinnen und den sämmtlichen in
Gala gekleideten BeHorden empfangen und feierlich nach der für ihn in
dem griechischen Patriarchate vorbereiteten Wohnung geleitet wurde, ist in
diesen Blättern ausführlich berichtet worden. Wir haben es hier weniger
damit, als mit den Beziehungen der Anwesenheit des Kaiserbruders zu den
politisch religiösen Stiftungen Rußlands im gelobten Lande zu thun. Daß
den letztern die Reise gelte, konnte von vorn herein Niemandem zweifelhaft
sein; die Pfortenminister waren so lebhaft davon durchdrungen und besorgten
soviel Unheil sowol von dem Diensteifer ihrer nach Jmperialen lüsternen Pro-
vincialbeamten, als auch von der niedern griechischen Geistlichkeit zu Jerusalem,
daß sie eiligst den Chef dieser, den eben in Konstantinopel befindlichen Pa¬
triarchen, als vorzugsweise in antirussischen Gesinnungen bewährten Mann,
auf einer großherrlichen Fregatte nach Palästina sandten, angeblich um die
hohen Reisenden zu bewillkommnen, in Wirklichkeit aber, um die Ergebnisse der
Reise auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken. Man dachte, der Groß-


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wen zu haben, und nicht die Befugnis, zu besitzen, wie die Unterthanen der
Pforte, so auch die Schützlinge fremder Consulate von dem Verkauf ihrer
Liegenschaften abzuhalten.

Trotzdem war die Angelegenheit noch nicht ohne Haken, Der von Mcin-
surof zu Gunsten der Actiengesellschaft entworfene Plan erfreute sich in Peters¬
burg nur geringen Anklangs. und allmälig wagte die Synode, sich wärmer
des Bisthums anzunehmen. Auch fragte sichs, ob die Pforte, welche soeben
'hre Abneigung gegen ein Festsetzen der Nüssen in Palästina dadurch zu er¬
kennen gegeben hatte, daß sie die von der Gesandtschaft zu Konstantinopel be¬
gehrte Erlaubniß zu dem beabsichtigten Straßenbau von Jaffa nach Jerusalem
nicht ertheilte, die Errichtung von Gebäuden ans dem ganz in dem Festungs-
rayou von Jerusalem gelegenen Terrain gestatten würde. Daß die Diplomatie,
welche die Uebergriffe des Civilgcnerals verdrossen hatte, sich mit besonderm
Eifer der Sache annehmen werde, ließ sich nicht erwarten.

Um diese doppelte Schwierigkeit zu heben, bot ein günstiger Zufall das
wirksamste Mittel. Der Großadmiral Großfürst Konstantin kreuzte eben, an¬
scheinend zwecklos, im Mittelmeere; vermochte man diesen einflußreichen Prinzen,
Jerusalem und Konstantinopel zu besuchen, so schien der Erfolg gesichert. Man-
surof, welchen der Consulatsverweser von den Vorfüllen in der heiligen Stadt
fortwährend auf dem Laufenden erhielt, befand sich in dein hohen Gefolge;
dem gewandten Manne gelang es unschwer, das lebhafte Gemüth des jugend¬
lichen Fürsten für eine Reise nach Palästina zu gewinnen, welche, nachdem die
Erlaubniß des Kaisers eingetroffen, im Mai 1859 angetreten wurde.

Wie in demselben Monat der Prinz mit seiner Gemahlin in Jaffa landete,
wie er sich, escortirt von 300 nnifonnirten Mariniers, nach der heiligen Stadt
begab, daselbst von blumenstreuenden Pilgerinnen und den sämmtlichen in
Gala gekleideten BeHorden empfangen und feierlich nach der für ihn in
dem griechischen Patriarchate vorbereiteten Wohnung geleitet wurde, ist in
diesen Blättern ausführlich berichtet worden. Wir haben es hier weniger
damit, als mit den Beziehungen der Anwesenheit des Kaiserbruders zu den
politisch religiösen Stiftungen Rußlands im gelobten Lande zu thun. Daß
den letztern die Reise gelte, konnte von vorn herein Niemandem zweifelhaft
sein; die Pfortenminister waren so lebhaft davon durchdrungen und besorgten
soviel Unheil sowol von dem Diensteifer ihrer nach Jmperialen lüsternen Pro-
vincialbeamten, als auch von der niedern griechischen Geistlichkeit zu Jerusalem,
daß sie eiligst den Chef dieser, den eben in Konstantinopel befindlichen Pa¬
triarchen, als vorzugsweise in antirussischen Gesinnungen bewährten Mann,
auf einer großherrlichen Fregatte nach Palästina sandten, angeblich um die
hohen Reisenden zu bewillkommnen, in Wirklichkeit aber, um die Ergebnisse der
Reise auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken. Man dachte, der Groß-


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[0271] wen zu haben, und nicht die Befugnis, zu besitzen, wie die Unterthanen der Pforte, so auch die Schützlinge fremder Consulate von dem Verkauf ihrer Liegenschaften abzuhalten. Trotzdem war die Angelegenheit noch nicht ohne Haken, Der von Mcin- surof zu Gunsten der Actiengesellschaft entworfene Plan erfreute sich in Peters¬ burg nur geringen Anklangs. und allmälig wagte die Synode, sich wärmer des Bisthums anzunehmen. Auch fragte sichs, ob die Pforte, welche soeben 'hre Abneigung gegen ein Festsetzen der Nüssen in Palästina dadurch zu er¬ kennen gegeben hatte, daß sie die von der Gesandtschaft zu Konstantinopel be¬ gehrte Erlaubniß zu dem beabsichtigten Straßenbau von Jaffa nach Jerusalem nicht ertheilte, die Errichtung von Gebäuden ans dem ganz in dem Festungs- rayou von Jerusalem gelegenen Terrain gestatten würde. Daß die Diplomatie, welche die Uebergriffe des Civilgcnerals verdrossen hatte, sich mit besonderm Eifer der Sache annehmen werde, ließ sich nicht erwarten. Um diese doppelte Schwierigkeit zu heben, bot ein günstiger Zufall das wirksamste Mittel. Der Großadmiral Großfürst Konstantin kreuzte eben, an¬ scheinend zwecklos, im Mittelmeere; vermochte man diesen einflußreichen Prinzen, Jerusalem und Konstantinopel zu besuchen, so schien der Erfolg gesichert. Man- surof, welchen der Consulatsverweser von den Vorfüllen in der heiligen Stadt fortwährend auf dem Laufenden erhielt, befand sich in dein hohen Gefolge; dem gewandten Manne gelang es unschwer, das lebhafte Gemüth des jugend¬ lichen Fürsten für eine Reise nach Palästina zu gewinnen, welche, nachdem die Erlaubniß des Kaisers eingetroffen, im Mai 1859 angetreten wurde. Wie in demselben Monat der Prinz mit seiner Gemahlin in Jaffa landete, wie er sich, escortirt von 300 nnifonnirten Mariniers, nach der heiligen Stadt begab, daselbst von blumenstreuenden Pilgerinnen und den sämmtlichen in Gala gekleideten BeHorden empfangen und feierlich nach der für ihn in dem griechischen Patriarchate vorbereiteten Wohnung geleitet wurde, ist in diesen Blättern ausführlich berichtet worden. Wir haben es hier weniger damit, als mit den Beziehungen der Anwesenheit des Kaiserbruders zu den politisch religiösen Stiftungen Rußlands im gelobten Lande zu thun. Daß den letztern die Reise gelte, konnte von vorn herein Niemandem zweifelhaft sein; die Pfortenminister waren so lebhaft davon durchdrungen und besorgten soviel Unheil sowol von dem Diensteifer ihrer nach Jmperialen lüsternen Pro- vincialbeamten, als auch von der niedern griechischen Geistlichkeit zu Jerusalem, daß sie eiligst den Chef dieser, den eben in Konstantinopel befindlichen Pa¬ triarchen, als vorzugsweise in antirussischen Gesinnungen bewährten Mann, auf einer großherrlichen Fregatte nach Palästina sandten, angeblich um die hohen Reisenden zu bewillkommnen, in Wirklichkeit aber, um die Ergebnisse der Reise auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken. Man dachte, der Groß- 33 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/271>, abgerufen am 24.07.2024.