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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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lich dem Spielraum weiterer zwischen Negierung und Ständen zu pflegender
Vereinbarung, unter nachdrücklicher Empfehlung der gutachtlichen Porschläge
des Ausschusses, zu überlassen sein. Bei Einwendungen der Stände gegen
neue Vorschläge der Regierung dürste "der Widerspruch diesfällig besondere
Beachtung verdienen." Nun sei im Ausschußbericht, der die einzelnen Diffe-
renzpunkte aus Gründen sowol des Rechts als der Nützlichkeit und Zweckmä¬
ßigkeit "in höchst anerkennenswerter Weise" beleuchte, zwar mehrfach aus die
Verfassung von 1831 Bezug genommen, aber in der angedeuteten Richtung
kein consequentes Verfahren eingehalten worden, vielmehr vorzugsweise nur
die Näthlichkeit und Zweckmäßigkeit der in Frage stehenden Bestimmungen zur
Geltung gekommen. Dem Bunde sei zwar das Recht und die Füglichkeit un¬
bestritten zu wahren, auch in dieser Richtung dein in dem Beschluß von 1852
gemachten Vorbehalte Folge zu geben, derselbe betrete aber doch damit ein
Gebiet, das außerhalb des eigentlichen Zweckes seiner Dazwischenkamst liege
und auf welchem die Möglichkeit sehr weit aus einander gehender Ansichten
eine rasche Erledigung nicht in nahe Aussicht stelle, während der Bund, wenn
er den eben entwickelten Gang einschlage, einen sicheren Anhalt für die Entschei¬
dung gewinne, indem er lediglich eine authentische Interpretation seines Be¬
schlusses von 1852 und zwar eine solche voranstelle, welche ihre Begründung
den demselben vorangehenden und folgenden Verhandlungen am Bundestag
finde. -- Wann würde wol nach diesem Votum die neue Verfassung feststehen?
Bleibt einstweilen und bis die Vereinbarungen zwischen Negierung und Stän¬
den zu Staude gekommen, die Verfassung von 1852 in Kraft? Wären damit
uicht die Begehren der Kammern ack gr^eas Klüemäas vertagt? Und warum
sind diejenigen Bestimmungen, über welche zwischen Regierung und Stauden
Einverständniß herrscht, endgiltig festgestellt, da doch diesen Ständen ein Recht
der Zustimmung ebensowenig vom Bundestag zugesprochen werden kann als
ein Recht der Ablehnung, und da die Erklärung der Stände als ein Ganzes
"ufgcfnßt sein soll, und folglich über keinen Punkt wirklich Einverständniß
herrscht?

Auch Sachsen-Meiningen und Altenburg betrachten den Beschluß
von 1852, obwol für sich nicht daran betheiligt, als Grundlage für die weitere
Behandlung der Angelegenheit, suchen aber die'Aufgabe der B.-V. mehr all¬
gemein in der Vermittlung einer Einigung zwischen der Regierung und der
nach der Verfassung von 1852 berufenen Stände, und schlagen zu dem Zwecke
Abordnung eines Commissärs mit der Anweisung, vor, der Negierung hinsicht¬
lich der noch vorhandenen Differenzen "möglichstes Entgegenkommen an¬
zuempfehlen". Nach der Ansicht dieser Regierungen würde, so lange die land¬
ständische Erklärung mit dem Zusatz abgegeben sei. daß sie als ein Ganzes
und nur als ein Ganzes aufgefaßt werden solle, ein bindender Ausspruch der


lich dem Spielraum weiterer zwischen Negierung und Ständen zu pflegender
Vereinbarung, unter nachdrücklicher Empfehlung der gutachtlichen Porschläge
des Ausschusses, zu überlassen sein. Bei Einwendungen der Stände gegen
neue Vorschläge der Regierung dürste „der Widerspruch diesfällig besondere
Beachtung verdienen." Nun sei im Ausschußbericht, der die einzelnen Diffe-
renzpunkte aus Gründen sowol des Rechts als der Nützlichkeit und Zweckmä¬
ßigkeit „in höchst anerkennenswerter Weise" beleuchte, zwar mehrfach aus die
Verfassung von 1831 Bezug genommen, aber in der angedeuteten Richtung
kein consequentes Verfahren eingehalten worden, vielmehr vorzugsweise nur
die Näthlichkeit und Zweckmäßigkeit der in Frage stehenden Bestimmungen zur
Geltung gekommen. Dem Bunde sei zwar das Recht und die Füglichkeit un¬
bestritten zu wahren, auch in dieser Richtung dein in dem Beschluß von 1852
gemachten Vorbehalte Folge zu geben, derselbe betrete aber doch damit ein
Gebiet, das außerhalb des eigentlichen Zweckes seiner Dazwischenkamst liege
und auf welchem die Möglichkeit sehr weit aus einander gehender Ansichten
eine rasche Erledigung nicht in nahe Aussicht stelle, während der Bund, wenn
er den eben entwickelten Gang einschlage, einen sicheren Anhalt für die Entschei¬
dung gewinne, indem er lediglich eine authentische Interpretation seines Be¬
schlusses von 1852 und zwar eine solche voranstelle, welche ihre Begründung
den demselben vorangehenden und folgenden Verhandlungen am Bundestag
finde. — Wann würde wol nach diesem Votum die neue Verfassung feststehen?
Bleibt einstweilen und bis die Vereinbarungen zwischen Negierung und Stän¬
den zu Staude gekommen, die Verfassung von 1852 in Kraft? Wären damit
uicht die Begehren der Kammern ack gr^eas Klüemäas vertagt? Und warum
sind diejenigen Bestimmungen, über welche zwischen Regierung und Stauden
Einverständniß herrscht, endgiltig festgestellt, da doch diesen Ständen ein Recht
der Zustimmung ebensowenig vom Bundestag zugesprochen werden kann als
ein Recht der Ablehnung, und da die Erklärung der Stände als ein Ganzes
"ufgcfnßt sein soll, und folglich über keinen Punkt wirklich Einverständniß
herrscht?

Auch Sachsen-Meiningen und Altenburg betrachten den Beschluß
von 1852, obwol für sich nicht daran betheiligt, als Grundlage für die weitere
Behandlung der Angelegenheit, suchen aber die'Aufgabe der B.-V. mehr all¬
gemein in der Vermittlung einer Einigung zwischen der Regierung und der
nach der Verfassung von 1852 berufenen Stände, und schlagen zu dem Zwecke
Abordnung eines Commissärs mit der Anweisung, vor, der Negierung hinsicht¬
lich der noch vorhandenen Differenzen „möglichstes Entgegenkommen an¬
zuempfehlen". Nach der Ansicht dieser Regierungen würde, so lange die land¬
ständische Erklärung mit dem Zusatz abgegeben sei. daß sie als ein Ganzes
und nur als ein Ganzes aufgefaßt werden solle, ein bindender Ausspruch der


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[0057] lich dem Spielraum weiterer zwischen Negierung und Ständen zu pflegender Vereinbarung, unter nachdrücklicher Empfehlung der gutachtlichen Porschläge des Ausschusses, zu überlassen sein. Bei Einwendungen der Stände gegen neue Vorschläge der Regierung dürste „der Widerspruch diesfällig besondere Beachtung verdienen." Nun sei im Ausschußbericht, der die einzelnen Diffe- renzpunkte aus Gründen sowol des Rechts als der Nützlichkeit und Zweckmä¬ ßigkeit „in höchst anerkennenswerter Weise" beleuchte, zwar mehrfach aus die Verfassung von 1831 Bezug genommen, aber in der angedeuteten Richtung kein consequentes Verfahren eingehalten worden, vielmehr vorzugsweise nur die Näthlichkeit und Zweckmäßigkeit der in Frage stehenden Bestimmungen zur Geltung gekommen. Dem Bunde sei zwar das Recht und die Füglichkeit un¬ bestritten zu wahren, auch in dieser Richtung dein in dem Beschluß von 1852 gemachten Vorbehalte Folge zu geben, derselbe betrete aber doch damit ein Gebiet, das außerhalb des eigentlichen Zweckes seiner Dazwischenkamst liege und auf welchem die Möglichkeit sehr weit aus einander gehender Ansichten eine rasche Erledigung nicht in nahe Aussicht stelle, während der Bund, wenn er den eben entwickelten Gang einschlage, einen sicheren Anhalt für die Entschei¬ dung gewinne, indem er lediglich eine authentische Interpretation seines Be¬ schlusses von 1852 und zwar eine solche voranstelle, welche ihre Begründung den demselben vorangehenden und folgenden Verhandlungen am Bundestag finde. — Wann würde wol nach diesem Votum die neue Verfassung feststehen? Bleibt einstweilen und bis die Vereinbarungen zwischen Negierung und Stän¬ den zu Staude gekommen, die Verfassung von 1852 in Kraft? Wären damit uicht die Begehren der Kammern ack gr^eas Klüemäas vertagt? Und warum sind diejenigen Bestimmungen, über welche zwischen Regierung und Stauden Einverständniß herrscht, endgiltig festgestellt, da doch diesen Ständen ein Recht der Zustimmung ebensowenig vom Bundestag zugesprochen werden kann als ein Recht der Ablehnung, und da die Erklärung der Stände als ein Ganzes "ufgcfnßt sein soll, und folglich über keinen Punkt wirklich Einverständniß herrscht? Auch Sachsen-Meiningen und Altenburg betrachten den Beschluß von 1852, obwol für sich nicht daran betheiligt, als Grundlage für die weitere Behandlung der Angelegenheit, suchen aber die'Aufgabe der B.-V. mehr all¬ gemein in der Vermittlung einer Einigung zwischen der Regierung und der nach der Verfassung von 1852 berufenen Stände, und schlagen zu dem Zwecke Abordnung eines Commissärs mit der Anweisung, vor, der Negierung hinsicht¬ lich der noch vorhandenen Differenzen „möglichstes Entgegenkommen an¬ zuempfehlen". Nach der Ansicht dieser Regierungen würde, so lange die land¬ ständische Erklärung mit dem Zusatz abgegeben sei. daß sie als ein Ganzes und nur als ein Ganzes aufgefaßt werden solle, ein bindender Ausspruch der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/57>, abgerufen am 26.06.2024.