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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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einbrachten als die Pachtgelder der Staatsgruben. Die Bergleute waren fast
alle Sklaven und ihr Schicksal mag kläglich genug gewesen sein. "Die zu
den Bergmerken bestimmten Sklaven", sagt Diodor, "bringen ihren Herren
unendlichen Nutzen; da sie aber beständig fortarbeiten müssen, so daß sie
weder Tag noch Nacht rechte Ruhe haben können, sonder" immer wieder von
neuem durch Schläge zur Arbeit ermuntert werden, so sterben die meisten in
sehr kurzer Zeit, und diejenigen, welche bei festerer Körperkonstitution länger
leben, wünschen sich wohl hundertmal den Tod. um des mühseligen Lebens,
welchem sie ausgesetzt sind, nur endlich los zu werden." Die Verpachtung
der Bergwerke, sowie eines Theils der Marmor- und Wetzsteinbrüchc und der
Salinen dauerte auch unter der Monarchie fort, nur mit dem Unterschiede,
daß sich die Kaiser nach und nach alle Goldbergwerke erwarben, die schon im
ersten Jahrhunderte n. Chr. wenig mein ergiebigen spanischen Silbergruben
an Privatpersonen veräußerten und die veränderlichen Pachtgelder in eine feste
Abgabe von 10 Prozent verwandelten. Selbst die zum Bergbau verurtheilten
Sträflinge wurden später zuweilen den Aktiencompagnien übergeben und ein
wahres Nertschinsk soll in dieser Beziehung Sandarake am schwarzen Meere
(Bithynien) gewesen sein, wo Sandarach gegraben wurde und nach Strabo
die 200 Arbeiter durch die Arsenikdünste vergiftet wie die Fliegen wegstarben.
Auch in den Salinen, deren Pächter zugleich das Hcizüngsmaterial für die
Bäder lieferten, wurden die Verbrecher, namentlich Frauen, gleichsam als In¬
ventar den Gesellschaften überlassen. Erst spät wurden eigene Bergbcamte
angestellt, unter deren Aufsicht Sklaven und Tagelöhner für unmittelbare Rech¬
nung des Staates arbeiteten.

Daß endlich auch die Zölle an die Meistbietenden versteigert wurden
und dadurch in die Hände von Kapitalistengescllschaften kamen, ist bereits
erwähnt worden. In der Königszcit scheint die Ein- und Ausfuhr mit Ab¬
gaben belastet gewesen zu sein. Der erste römische Freihandelsmann, der
sie abschaffte, war Valerius Poplicola. Und so blieb Rom und Italien
lange Zeit frei, während man in allen eroberten Ländern theils die bestehen¬
den Zölle in römisches Staatseigenthum verwandelte, theils neue Zölle ein¬
führte. Erst 179 v. Chr. bekam Rom die Zölle wieder und behielt sie nach
einer kurzen Unterbrechung von Cäsars Zeit bis in die späteste Periode.
Alle Handelswaaren und Luxusartikel waren mit Aus- und Eingcingsstcuern be¬
legt, nicht aber die zum Privatgebrauch bestimmten Gegenstände des gewöhn¬
lichen Lebens. Cicero z. B. nennt unter den Artikeln, die von Sicilien aus
Exportzoll entrichten mußten, und an welchen die Zollpächtcr Sictliens durch
die Dcfraudationcn des Verres allein im Hafen von Syrakus über 3000 Thlr.
eingebüßt hatten: Gold, Silber, Elfenbein, Purpur, Malteser Teppiche, Stoffe
aller Art, kostbare Gefäße, Getreide, Honig; und ein freilich unvollständiger


einbrachten als die Pachtgelder der Staatsgruben. Die Bergleute waren fast
alle Sklaven und ihr Schicksal mag kläglich genug gewesen sein. „Die zu
den Bergmerken bestimmten Sklaven", sagt Diodor, „bringen ihren Herren
unendlichen Nutzen; da sie aber beständig fortarbeiten müssen, so daß sie
weder Tag noch Nacht rechte Ruhe haben können, sonder» immer wieder von
neuem durch Schläge zur Arbeit ermuntert werden, so sterben die meisten in
sehr kurzer Zeit, und diejenigen, welche bei festerer Körperkonstitution länger
leben, wünschen sich wohl hundertmal den Tod. um des mühseligen Lebens,
welchem sie ausgesetzt sind, nur endlich los zu werden." Die Verpachtung
der Bergwerke, sowie eines Theils der Marmor- und Wetzsteinbrüchc und der
Salinen dauerte auch unter der Monarchie fort, nur mit dem Unterschiede,
daß sich die Kaiser nach und nach alle Goldbergwerke erwarben, die schon im
ersten Jahrhunderte n. Chr. wenig mein ergiebigen spanischen Silbergruben
an Privatpersonen veräußerten und die veränderlichen Pachtgelder in eine feste
Abgabe von 10 Prozent verwandelten. Selbst die zum Bergbau verurtheilten
Sträflinge wurden später zuweilen den Aktiencompagnien übergeben und ein
wahres Nertschinsk soll in dieser Beziehung Sandarake am schwarzen Meere
(Bithynien) gewesen sein, wo Sandarach gegraben wurde und nach Strabo
die 200 Arbeiter durch die Arsenikdünste vergiftet wie die Fliegen wegstarben.
Auch in den Salinen, deren Pächter zugleich das Hcizüngsmaterial für die
Bäder lieferten, wurden die Verbrecher, namentlich Frauen, gleichsam als In¬
ventar den Gesellschaften überlassen. Erst spät wurden eigene Bergbcamte
angestellt, unter deren Aufsicht Sklaven und Tagelöhner für unmittelbare Rech¬
nung des Staates arbeiteten.

Daß endlich auch die Zölle an die Meistbietenden versteigert wurden
und dadurch in die Hände von Kapitalistengescllschaften kamen, ist bereits
erwähnt worden. In der Königszcit scheint die Ein- und Ausfuhr mit Ab¬
gaben belastet gewesen zu sein. Der erste römische Freihandelsmann, der
sie abschaffte, war Valerius Poplicola. Und so blieb Rom und Italien
lange Zeit frei, während man in allen eroberten Ländern theils die bestehen¬
den Zölle in römisches Staatseigenthum verwandelte, theils neue Zölle ein¬
führte. Erst 179 v. Chr. bekam Rom die Zölle wieder und behielt sie nach
einer kurzen Unterbrechung von Cäsars Zeit bis in die späteste Periode.
Alle Handelswaaren und Luxusartikel waren mit Aus- und Eingcingsstcuern be¬
legt, nicht aber die zum Privatgebrauch bestimmten Gegenstände des gewöhn¬
lichen Lebens. Cicero z. B. nennt unter den Artikeln, die von Sicilien aus
Exportzoll entrichten mußten, und an welchen die Zollpächtcr Sictliens durch
die Dcfraudationcn des Verres allein im Hafen von Syrakus über 3000 Thlr.
eingebüßt hatten: Gold, Silber, Elfenbein, Purpur, Malteser Teppiche, Stoffe
aller Art, kostbare Gefäße, Getreide, Honig; und ein freilich unvollständiger


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[0406] einbrachten als die Pachtgelder der Staatsgruben. Die Bergleute waren fast alle Sklaven und ihr Schicksal mag kläglich genug gewesen sein. „Die zu den Bergmerken bestimmten Sklaven", sagt Diodor, „bringen ihren Herren unendlichen Nutzen; da sie aber beständig fortarbeiten müssen, so daß sie weder Tag noch Nacht rechte Ruhe haben können, sonder» immer wieder von neuem durch Schläge zur Arbeit ermuntert werden, so sterben die meisten in sehr kurzer Zeit, und diejenigen, welche bei festerer Körperkonstitution länger leben, wünschen sich wohl hundertmal den Tod. um des mühseligen Lebens, welchem sie ausgesetzt sind, nur endlich los zu werden." Die Verpachtung der Bergwerke, sowie eines Theils der Marmor- und Wetzsteinbrüchc und der Salinen dauerte auch unter der Monarchie fort, nur mit dem Unterschiede, daß sich die Kaiser nach und nach alle Goldbergwerke erwarben, die schon im ersten Jahrhunderte n. Chr. wenig mein ergiebigen spanischen Silbergruben an Privatpersonen veräußerten und die veränderlichen Pachtgelder in eine feste Abgabe von 10 Prozent verwandelten. Selbst die zum Bergbau verurtheilten Sträflinge wurden später zuweilen den Aktiencompagnien übergeben und ein wahres Nertschinsk soll in dieser Beziehung Sandarake am schwarzen Meere (Bithynien) gewesen sein, wo Sandarach gegraben wurde und nach Strabo die 200 Arbeiter durch die Arsenikdünste vergiftet wie die Fliegen wegstarben. Auch in den Salinen, deren Pächter zugleich das Hcizüngsmaterial für die Bäder lieferten, wurden die Verbrecher, namentlich Frauen, gleichsam als In¬ ventar den Gesellschaften überlassen. Erst spät wurden eigene Bergbcamte angestellt, unter deren Aufsicht Sklaven und Tagelöhner für unmittelbare Rech¬ nung des Staates arbeiteten. Daß endlich auch die Zölle an die Meistbietenden versteigert wurden und dadurch in die Hände von Kapitalistengescllschaften kamen, ist bereits erwähnt worden. In der Königszcit scheint die Ein- und Ausfuhr mit Ab¬ gaben belastet gewesen zu sein. Der erste römische Freihandelsmann, der sie abschaffte, war Valerius Poplicola. Und so blieb Rom und Italien lange Zeit frei, während man in allen eroberten Ländern theils die bestehen¬ den Zölle in römisches Staatseigenthum verwandelte, theils neue Zölle ein¬ führte. Erst 179 v. Chr. bekam Rom die Zölle wieder und behielt sie nach einer kurzen Unterbrechung von Cäsars Zeit bis in die späteste Periode. Alle Handelswaaren und Luxusartikel waren mit Aus- und Eingcingsstcuern be¬ legt, nicht aber die zum Privatgebrauch bestimmten Gegenstände des gewöhn¬ lichen Lebens. Cicero z. B. nennt unter den Artikeln, die von Sicilien aus Exportzoll entrichten mußten, und an welchen die Zollpächtcr Sictliens durch die Dcfraudationcn des Verres allein im Hafen von Syrakus über 3000 Thlr. eingebüßt hatten: Gold, Silber, Elfenbein, Purpur, Malteser Teppiche, Stoffe aller Art, kostbare Gefäße, Getreide, Honig; und ein freilich unvollständiger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/406>, abgerufen am 25.08.2024.