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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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gefährlichen Verwicklungen vorzubeugen, bisweilen Schritte oder Aeußerungen
nöthig machen sollten, die scheinbar dem Interesse Ew. Mnj, oder Italiens
zuwiderlaufen.

V. E. Mein Vertrauen ist nul'edingt. so wie mein Dank ohne Grenzen
sein wird, wenn wir das Ziel erreichen,

N. Zu Ihrer weitern Beruhigung füge ich hinzu, das; mein Plan auf
vollständige Den'chführnng meines Programmes geht. Die Ehre meines Na¬
mens so wie mein politisches Interesse erfordern dies. Aber die reiflichste Er-
wn'gnug aller Verhältnisse -- vielleicht anch eine höhere Inspiration -- hat
mir klar gemacht, das! dieser Zweck sich auf einem andern Wege erreichen läßt,
als durch Fortseimng des Krieges -- auf einem Wege, der sicherer ist, und
der die Opfer an Blut und Geld, die der weitere Krieg fordern würde, un¬
nöthig macht. Um dies ein^nsehcu. werfen wir r>or allem einen Blick ans
unsere gegenwärtige Lage. Wir haben zwar bisher gesiegt. Wir haben vier
bedeutende Tresse" und zwei große Schlachten gewonnen ohne eine einzige
Niederlage zu erleiden. Wir haben fast die ganze Lombardei in Besijz genom¬
men, und dies alles in weniger als zwei Monaten. Das sind schöne Resul¬
tate, die Europa anstaunt und die in der Geschichte glänzen werden. Allein
wer bürgt uns^dasür, daß dieser Siegeslauf so fortdauern, daß nicht in den
nächsten Tagen eine verlorene Schlacht uns alle Früchte und allen Ruhm der
bisherigen Erfolge rauben wird? Wir dürfen nicht verkennen, daß wenn der
Krieg fortwährt, bei weitem der schwerste und gefährlichste Theil der Arbeit
noch übrig ist. Der Feind, obgleich geschlagen und zurückgedrängt, ist keines¬
wegs überwunden. Seine Macht ist noch ebenso stark als die unsrige. viel¬
leicht stärker, und was wir besonders beachten müssen, sie ist jei)t concentrirt.
während sie bisher, durch die unbegreifliche Ungeschicklichkeit ihrer Führer, stets
zersplittert war, wenn wir mit ihr zusammentrafen. Sie hat einen sichern
Rückhalt an vier gewaltigen Festungen, von denen zwei ersten Ranges sind;
während uns, im Fall einer Niederlage, nur ein eiliger Rückzug, eine Flucht
durch offenes Land bis zum Ticino oder gar bis Alessandria und Genua übrig
bliebe. Die Soldaten des Feindes sind tapfer, kräftig und standhaft. Wenn
wir sie bisher geschlagen haben, so ist dies, wie wir gar wohl wissen, großen-
theils ihren talentlosen Feldherren zuzuschreiben. Aber wie leicht findet sich
in der Noth der rechte Mann, zumal wir wissen, daß unter den östreichi¬
schen Generalen mehr als Einer ist, den wir achten, dem aber bisher die rechte
Stellung nicht gegönnt war. Fassen wir nun die Aufgabe, die zunächst vor¬
läge, näher ins Auge, so müßten wir nicht nur das feindliche Heer nochmals
im offnen Felde schlagen, sondern, nachdem dies gelungen, vier Festungen --
in welche der Feind nach Belieben ungeheuere Besaiumgen werfen kann --
belagern, beschießen, erstürmen, -- von dem schönen Venedig gar nicht zu


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gefährlichen Verwicklungen vorzubeugen, bisweilen Schritte oder Aeußerungen
nöthig machen sollten, die scheinbar dem Interesse Ew. Mnj, oder Italiens
zuwiderlaufen.

V. E. Mein Vertrauen ist nul'edingt. so wie mein Dank ohne Grenzen
sein wird, wenn wir das Ziel erreichen,

N. Zu Ihrer weitern Beruhigung füge ich hinzu, das; mein Plan auf
vollständige Den'chführnng meines Programmes geht. Die Ehre meines Na¬
mens so wie mein politisches Interesse erfordern dies. Aber die reiflichste Er-
wn'gnug aller Verhältnisse — vielleicht anch eine höhere Inspiration — hat
mir klar gemacht, das! dieser Zweck sich auf einem andern Wege erreichen läßt,
als durch Fortseimng des Krieges — auf einem Wege, der sicherer ist, und
der die Opfer an Blut und Geld, die der weitere Krieg fordern würde, un¬
nöthig macht. Um dies ein^nsehcu. werfen wir r>or allem einen Blick ans
unsere gegenwärtige Lage. Wir haben zwar bisher gesiegt. Wir haben vier
bedeutende Tresse» und zwei große Schlachten gewonnen ohne eine einzige
Niederlage zu erleiden. Wir haben fast die ganze Lombardei in Besijz genom¬
men, und dies alles in weniger als zwei Monaten. Das sind schöne Resul¬
tate, die Europa anstaunt und die in der Geschichte glänzen werden. Allein
wer bürgt uns^dasür, daß dieser Siegeslauf so fortdauern, daß nicht in den
nächsten Tagen eine verlorene Schlacht uns alle Früchte und allen Ruhm der
bisherigen Erfolge rauben wird? Wir dürfen nicht verkennen, daß wenn der
Krieg fortwährt, bei weitem der schwerste und gefährlichste Theil der Arbeit
noch übrig ist. Der Feind, obgleich geschlagen und zurückgedrängt, ist keines¬
wegs überwunden. Seine Macht ist noch ebenso stark als die unsrige. viel¬
leicht stärker, und was wir besonders beachten müssen, sie ist jei)t concentrirt.
während sie bisher, durch die unbegreifliche Ungeschicklichkeit ihrer Führer, stets
zersplittert war, wenn wir mit ihr zusammentrafen. Sie hat einen sichern
Rückhalt an vier gewaltigen Festungen, von denen zwei ersten Ranges sind;
während uns, im Fall einer Niederlage, nur ein eiliger Rückzug, eine Flucht
durch offenes Land bis zum Ticino oder gar bis Alessandria und Genua übrig
bliebe. Die Soldaten des Feindes sind tapfer, kräftig und standhaft. Wenn
wir sie bisher geschlagen haben, so ist dies, wie wir gar wohl wissen, großen-
theils ihren talentlosen Feldherren zuzuschreiben. Aber wie leicht findet sich
in der Noth der rechte Mann, zumal wir wissen, daß unter den östreichi¬
schen Generalen mehr als Einer ist, den wir achten, dem aber bisher die rechte
Stellung nicht gegönnt war. Fassen wir nun die Aufgabe, die zunächst vor¬
läge, näher ins Auge, so müßten wir nicht nur das feindliche Heer nochmals
im offnen Felde schlagen, sondern, nachdem dies gelungen, vier Festungen —
in welche der Feind nach Belieben ungeheuere Besaiumgen werfen kann —
belagern, beschießen, erstürmen, — von dem schönen Venedig gar nicht zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/255>, abgerufen am 23.07.2024.