Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.meiste Freiheit herrscht. Blos Gustav Adolph hatte als Führer eines Ratio- Im Jahre 1681 erließ der Kurfürst eine Mustcrordnnng. nach welcher meiste Freiheit herrscht. Blos Gustav Adolph hatte als Führer eines Ratio- Im Jahre 1681 erließ der Kurfürst eine Mustcrordnnng. nach welcher <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0220" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108942"/> <p xml:id="ID_630" prev="#ID_629"> meiste Freiheit herrscht. Blos Gustav Adolph hatte als Führer eines Ratio-<lb/> nalhccres strengen Gehorsam und Zucht in seinen, Lager. „Spiel und Saus<lb/> und Braus wurde nicht gelitten; Dirnen ließ er gar nicht Passiren, mußten<lb/> sie gleich zur Kirche führen und wurden wir manchmal ein wenig munter,<lb/> so tänzelt er uns selbst vom Gaul herunter." heißt es über jene Zeit.<lb/> Auch der große Kurfürst wollte aus seinem Heere keine Geißel sür sein Land<lb/> machen; strenge Disciplin war es, was er zuerst einführte. Er wurde selbst<lb/> Kriegsoberst und ließ die Werbung für seine Rechnung gehen. Die früheren<lb/> Mißbräuche und Gewaltthätigkeiten der Werbeoffiziere wurde» durch strenge<lb/> Befehle abgeschafft. Jeder Wcrbeoffizier erhielt eine besondere Werbebestallung,<lb/> womit er sich bei den Landcsvbrigkeiten aufweise» mußte; und die Mann¬<lb/> schaften, welche sie sandten, vertheilte der Kurfürst selbst unter seine Regimen¬<lb/> ter, denen er Obersten und Hauptleute gab. Die Obersten erhielten leinen<lb/> andern Einfluß auf die Bildung des Regiments, als daß sie es vollständig<lb/> erhalten mußte», wobei ihnen auf jede 10 Mann die Löhnung des elften als<lb/> Werbegeld zu gute kam. Früher übte der Oberst, dem das Regiment gehörte,<lb/> eine große Macht in demselben, ja eine größere als der Landesherr, weil jeder<lb/> Mann im Regimente von ihm abhängig war: diese Macht war »um gebrochen.<lb/> Auch wurde das System der Käuflichkeit der Offiziersstelle beseitigt, da der<lb/> Kurfürst zu allen Stellen ernannte. Indem nun alle Offiziere vom Fähndrich<lb/> bis zum Obersten unmittelbar vom Kurfürsten abhingen, konnte der Grund zu<lb/> jener Mannszucht gelegt werden, durch die sich die brandenburger Truppen später<lb/> so vorteilhaft auszeichneten. Der Diensteid wurde jetzt auf die Fahne des<lb/> Heeres geleistet und die Truppen waren ihrem Obersten dnrch keine besondern<lb/> Pflichten mehr verbunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_631" next="#ID_632"> Im Jahre 1681 erließ der Kurfürst eine Mustcrordnnng. nach welcher<lb/> jedes Regiment von drei Commissarien inspicirt wurde, und die mit einer un¬<lb/> gemeinen Sachkenntnis abgefaßt ist. Diese Musterung geschah im Frieden<lb/> alle zwei Jahre, im Kriege bei der Eröffnung und beim Schlüsse der jährlichen<lb/> Campagne. Die Stärke des Heeres war beim Tode des großen Kurfürsten<lb/> 23 Bataillone Infanterie, 6 Bataillone Gardeinfantcrie, 32 Schwadronen<lb/> Kürassiere. 8 Compagnien Dragoner und 13 Garnisvncompagnien. Hierzu<lb/> kamen noch 300 Mann Artillerie, so daß die Stärke des ganzen Heeres<lb/> 28500 Mann betrug. Ein für die damalige Zeit so bedeutendes Heer erfor¬<lb/> derte schon eine bedeutende Ausgabe. Als nach dem Frieden von Se. Ger¬<lb/> main die Truppen wieder auf den Friedenssuß gesetzt wurden, beliefen sich<lb/> die Ausgaben für die Armee jährlich über eine Million Thaler, und zwar:<lb/> Für das ganze Fußvolk 531,873 Thlr., sür ein Infanterieregiment 49,644 Thlr.;<lb/> sür die gesammte Reiterei 231,024 Thlr., für ein Reiterregiment 28,296 Thlr.;<lb/> sür die Dragoner 72,144 Thlr., für die Garnisvntruppen 208,572 Thlr.; für</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0220]
meiste Freiheit herrscht. Blos Gustav Adolph hatte als Führer eines Ratio-
nalhccres strengen Gehorsam und Zucht in seinen, Lager. „Spiel und Saus
und Braus wurde nicht gelitten; Dirnen ließ er gar nicht Passiren, mußten
sie gleich zur Kirche führen und wurden wir manchmal ein wenig munter,
so tänzelt er uns selbst vom Gaul herunter." heißt es über jene Zeit.
Auch der große Kurfürst wollte aus seinem Heere keine Geißel sür sein Land
machen; strenge Disciplin war es, was er zuerst einführte. Er wurde selbst
Kriegsoberst und ließ die Werbung für seine Rechnung gehen. Die früheren
Mißbräuche und Gewaltthätigkeiten der Werbeoffiziere wurde» durch strenge
Befehle abgeschafft. Jeder Wcrbeoffizier erhielt eine besondere Werbebestallung,
womit er sich bei den Landcsvbrigkeiten aufweise» mußte; und die Mann¬
schaften, welche sie sandten, vertheilte der Kurfürst selbst unter seine Regimen¬
ter, denen er Obersten und Hauptleute gab. Die Obersten erhielten leinen
andern Einfluß auf die Bildung des Regiments, als daß sie es vollständig
erhalten mußte», wobei ihnen auf jede 10 Mann die Löhnung des elften als
Werbegeld zu gute kam. Früher übte der Oberst, dem das Regiment gehörte,
eine große Macht in demselben, ja eine größere als der Landesherr, weil jeder
Mann im Regimente von ihm abhängig war: diese Macht war »um gebrochen.
Auch wurde das System der Käuflichkeit der Offiziersstelle beseitigt, da der
Kurfürst zu allen Stellen ernannte. Indem nun alle Offiziere vom Fähndrich
bis zum Obersten unmittelbar vom Kurfürsten abhingen, konnte der Grund zu
jener Mannszucht gelegt werden, durch die sich die brandenburger Truppen später
so vorteilhaft auszeichneten. Der Diensteid wurde jetzt auf die Fahne des
Heeres geleistet und die Truppen waren ihrem Obersten dnrch keine besondern
Pflichten mehr verbunden.
Im Jahre 1681 erließ der Kurfürst eine Mustcrordnnng. nach welcher
jedes Regiment von drei Commissarien inspicirt wurde, und die mit einer un¬
gemeinen Sachkenntnis abgefaßt ist. Diese Musterung geschah im Frieden
alle zwei Jahre, im Kriege bei der Eröffnung und beim Schlüsse der jährlichen
Campagne. Die Stärke des Heeres war beim Tode des großen Kurfürsten
23 Bataillone Infanterie, 6 Bataillone Gardeinfantcrie, 32 Schwadronen
Kürassiere. 8 Compagnien Dragoner und 13 Garnisvncompagnien. Hierzu
kamen noch 300 Mann Artillerie, so daß die Stärke des ganzen Heeres
28500 Mann betrug. Ein für die damalige Zeit so bedeutendes Heer erfor¬
derte schon eine bedeutende Ausgabe. Als nach dem Frieden von Se. Ger¬
main die Truppen wieder auf den Friedenssuß gesetzt wurden, beliefen sich
die Ausgaben für die Armee jährlich über eine Million Thaler, und zwar:
Für das ganze Fußvolk 531,873 Thlr., sür ein Infanterieregiment 49,644 Thlr.;
sür die gesammte Reiterei 231,024 Thlr., für ein Reiterregiment 28,296 Thlr.;
sür die Dragoner 72,144 Thlr., für die Garnisvntruppen 208,572 Thlr.; für
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