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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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darnach erforderten Maas; dem andern gegenüber begeben oder sich als Obcr-
feldherr in irgend ein Abhängigkeitsverhültniß zur Vundesversannnlung sehen
werde. In der That ist auch die Ueberzeugung van der praktischen Unaus-
führbarkeit dieser Bestiiuinungeu jedesmal sofort in den Vordergrund getreten,
so oft die Verhältnisse sie auf den Kriegsfall drangen zu wollen schienen."
"Die k. Regierung hält es an der Zeit, daß. als oberstes Princip und ohne
deshalb eine> entsprechende Mitwirkung und Controlle der übrigen Bundesre¬
gierungen dabei ausschließen zu wollen, der Grundsah der doppelten (zwi¬
schen Oestreich und Preußen getheilten) Leitung für den Kriegsfall an die
Stelle der erwähnten Bestimmungen der Bundcskriegsverfassung gestellt, und
dieselbe von diesem Gesichtspunkt aus einer durchgreifenden Revision unterwor¬
fen werde." --

Der Antrag ist augenscheinlich nicht gegen Oestreich gerichtet: die
Macht desselben würde dadurch nicht verkleinert, und wenn Oestreich auf eine
Garantie seines Besitzstandes durch Preußen hofft, so ist Preußen nur dann
in der Lage sie zu leisten, wenn vorher die einzige Möglichkeit, sie wirksam
zu machen, d. h. die Revision der Bundevkriegsverfassung indem oben er¬
wähnten Sinn durchgesetzt, ist. -- Als einige Zeitungen die Zustimmung Oest¬
reichs meldeten, wunderte man sich nur, weil man nicht daran gewohnt ist,
von jener Seite gesunden Menschenverstand zu erwarte"; zeitig genug wurde
dann auch die Nachricht demcntirt.

Die zweite Forderung ist auch bereits gestellt: sie bezieht sich auf die
kurhessische Sache. In diesem Blatt ist von kundiger Feder diese Angelegen¬
heit schon mehrfach erörtert; als Ergänzung verweisen wir hauptsächlich auf
eine sehr inhaltreiche Schrift: "Der Bruch des Rechtes in Kurhessen. Ein Bei¬
trag zur Information der hohen deutschen Bundesversammlung. Berlin,
G. Reimer."*,) Hier haben wir nur eine einzelne Seite der Frage hervorzu¬
heben. -- Die Veränderung der kurhcssischen Verfassung durch gewaltsame Ein¬
legung baierischer Straftruppen bei den verfassungstreuen Bürgern hat zwar
zunächst das hessische Volk betroffen; die eigentliche Spitze war aber gegen
Preußen gerichtet. W>it Oestreich eine Versöhnung mit Preußen, so muß es
sich zunächst offen und entschieden von der damaligen Politik lossagen; es'
muß so mit der Reaktion brechen, daß kein Zweifel darüber übrig bleibt.
Zu der Forderung, daß Oestreich dem preußischen Antrag beitrctc, die Ver¬
fassung von 1831 mit Ausmerzung der gegen die Bundesgesetze verstoßen-



') Außerdem: "Was ist zu thun? Ein Wort eines Kurhessen an seine Mitbürger, auch
als Beitrag zur neuesten deutschen Geschichte. Frankfurt a. M., Knaster," -- "Die deutsche
Einheit und die kurhcssische Verfassung. Frankfurt a. M,. Knaster." -- "Die provisorischen
Gesetze in Kurhessen. Ein Beitrag zur Information des h. Bundestags, Braunschweig, Vie-
weg." -- "Herr Uhden und die kurhcssische Verfassung. Eine Appellation an die h, d' Bun¬
desversammlung. Leipzig, Veit,"

darnach erforderten Maas; dem andern gegenüber begeben oder sich als Obcr-
feldherr in irgend ein Abhängigkeitsverhültniß zur Vundesversannnlung sehen
werde. In der That ist auch die Ueberzeugung van der praktischen Unaus-
führbarkeit dieser Bestiiuinungeu jedesmal sofort in den Vordergrund getreten,
so oft die Verhältnisse sie auf den Kriegsfall drangen zu wollen schienen."
„Die k. Regierung hält es an der Zeit, daß. als oberstes Princip und ohne
deshalb eine> entsprechende Mitwirkung und Controlle der übrigen Bundesre¬
gierungen dabei ausschließen zu wollen, der Grundsah der doppelten (zwi¬
schen Oestreich und Preußen getheilten) Leitung für den Kriegsfall an die
Stelle der erwähnten Bestimmungen der Bundcskriegsverfassung gestellt, und
dieselbe von diesem Gesichtspunkt aus einer durchgreifenden Revision unterwor¬
fen werde." —

Der Antrag ist augenscheinlich nicht gegen Oestreich gerichtet: die
Macht desselben würde dadurch nicht verkleinert, und wenn Oestreich auf eine
Garantie seines Besitzstandes durch Preußen hofft, so ist Preußen nur dann
in der Lage sie zu leisten, wenn vorher die einzige Möglichkeit, sie wirksam
zu machen, d. h. die Revision der Bundevkriegsverfassung indem oben er¬
wähnten Sinn durchgesetzt, ist. — Als einige Zeitungen die Zustimmung Oest¬
reichs meldeten, wunderte man sich nur, weil man nicht daran gewohnt ist,
von jener Seite gesunden Menschenverstand zu erwarte»; zeitig genug wurde
dann auch die Nachricht demcntirt.

Die zweite Forderung ist auch bereits gestellt: sie bezieht sich auf die
kurhessische Sache. In diesem Blatt ist von kundiger Feder diese Angelegen¬
heit schon mehrfach erörtert; als Ergänzung verweisen wir hauptsächlich auf
eine sehr inhaltreiche Schrift: „Der Bruch des Rechtes in Kurhessen. Ein Bei¬
trag zur Information der hohen deutschen Bundesversammlung. Berlin,
G. Reimer."*,) Hier haben wir nur eine einzelne Seite der Frage hervorzu¬
heben. — Die Veränderung der kurhcssischen Verfassung durch gewaltsame Ein¬
legung baierischer Straftruppen bei den verfassungstreuen Bürgern hat zwar
zunächst das hessische Volk betroffen; die eigentliche Spitze war aber gegen
Preußen gerichtet. W>it Oestreich eine Versöhnung mit Preußen, so muß es
sich zunächst offen und entschieden von der damaligen Politik lossagen; es'
muß so mit der Reaktion brechen, daß kein Zweifel darüber übrig bleibt.
Zu der Forderung, daß Oestreich dem preußischen Antrag beitrctc, die Ver¬
fassung von 1831 mit Ausmerzung der gegen die Bundesgesetze verstoßen-



') Außerdem: „Was ist zu thun? Ein Wort eines Kurhessen an seine Mitbürger, auch
als Beitrag zur neuesten deutschen Geschichte. Frankfurt a. M., Knaster," — „Die deutsche
Einheit und die kurhcssische Verfassung. Frankfurt a. M,. Knaster." — „Die provisorischen
Gesetze in Kurhessen. Ein Beitrag zur Information des h. Bundestags, Braunschweig, Vie-
weg." — „Herr Uhden und die kurhcssische Verfassung. Eine Appellation an die h, d' Bun¬
desversammlung. Leipzig, Veit,"
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[0216] darnach erforderten Maas; dem andern gegenüber begeben oder sich als Obcr- feldherr in irgend ein Abhängigkeitsverhültniß zur Vundesversannnlung sehen werde. In der That ist auch die Ueberzeugung van der praktischen Unaus- führbarkeit dieser Bestiiuinungeu jedesmal sofort in den Vordergrund getreten, so oft die Verhältnisse sie auf den Kriegsfall drangen zu wollen schienen." „Die k. Regierung hält es an der Zeit, daß. als oberstes Princip und ohne deshalb eine> entsprechende Mitwirkung und Controlle der übrigen Bundesre¬ gierungen dabei ausschließen zu wollen, der Grundsah der doppelten (zwi¬ schen Oestreich und Preußen getheilten) Leitung für den Kriegsfall an die Stelle der erwähnten Bestimmungen der Bundcskriegsverfassung gestellt, und dieselbe von diesem Gesichtspunkt aus einer durchgreifenden Revision unterwor¬ fen werde." — Der Antrag ist augenscheinlich nicht gegen Oestreich gerichtet: die Macht desselben würde dadurch nicht verkleinert, und wenn Oestreich auf eine Garantie seines Besitzstandes durch Preußen hofft, so ist Preußen nur dann in der Lage sie zu leisten, wenn vorher die einzige Möglichkeit, sie wirksam zu machen, d. h. die Revision der Bundevkriegsverfassung indem oben er¬ wähnten Sinn durchgesetzt, ist. — Als einige Zeitungen die Zustimmung Oest¬ reichs meldeten, wunderte man sich nur, weil man nicht daran gewohnt ist, von jener Seite gesunden Menschenverstand zu erwarte»; zeitig genug wurde dann auch die Nachricht demcntirt. Die zweite Forderung ist auch bereits gestellt: sie bezieht sich auf die kurhessische Sache. In diesem Blatt ist von kundiger Feder diese Angelegen¬ heit schon mehrfach erörtert; als Ergänzung verweisen wir hauptsächlich auf eine sehr inhaltreiche Schrift: „Der Bruch des Rechtes in Kurhessen. Ein Bei¬ trag zur Information der hohen deutschen Bundesversammlung. Berlin, G. Reimer."*,) Hier haben wir nur eine einzelne Seite der Frage hervorzu¬ heben. — Die Veränderung der kurhcssischen Verfassung durch gewaltsame Ein¬ legung baierischer Straftruppen bei den verfassungstreuen Bürgern hat zwar zunächst das hessische Volk betroffen; die eigentliche Spitze war aber gegen Preußen gerichtet. W>it Oestreich eine Versöhnung mit Preußen, so muß es sich zunächst offen und entschieden von der damaligen Politik lossagen; es' muß so mit der Reaktion brechen, daß kein Zweifel darüber übrig bleibt. Zu der Forderung, daß Oestreich dem preußischen Antrag beitrctc, die Ver¬ fassung von 1831 mit Ausmerzung der gegen die Bundesgesetze verstoßen- ') Außerdem: „Was ist zu thun? Ein Wort eines Kurhessen an seine Mitbürger, auch als Beitrag zur neuesten deutschen Geschichte. Frankfurt a. M., Knaster," — „Die deutsche Einheit und die kurhcssische Verfassung. Frankfurt a. M,. Knaster." — „Die provisorischen Gesetze in Kurhessen. Ein Beitrag zur Information des h. Bundestags, Braunschweig, Vie- weg." — „Herr Uhden und die kurhcssische Verfassung. Eine Appellation an die h, d' Bun¬ desversammlung. Leipzig, Veit,"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/216>, abgerufen am 23.07.2024.