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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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gebung und auss Bereitwilligste" die Abgaben votirte und den König zum
Kriege aufforderte. Professor N. .hat duckt oder indirekt aus dieser letztern
Quelle ohne eigne Prüfung geschöpft und nur, wie er es oft thut, die Aus¬
drücke gemildert. Mit einem solchen Fehler in Einem Abschnitte hat sich Prof. N.
aber nicht begnügt. Er fährt fort: "Im Jahre 1348 haben die Peers,
jeder in seinem Namen, den König aufgefordert, über die See zu gehen. ..
die Großen mit ihren Knappen und Reisigen folgten, ohne der alten Ein¬
reden zu gedenken, in Person." Von den alten Einreden, dem König nicht
nach Frankreich folgen zu dürfen, konnte unter Eduard dem Dritten füglich nicht die
Rede sein. Die Ritterdienste in Person mit Knappen und Reisigen waren
damals bereits seit fast 200 Jahren in Geldabgaben verwandelt worden,
gewöhnlich 40 Schillinge für ein Nitterlehn. (UxMox Histoi^ ok tlro Lxeno
quer I, 684, Ooiit upon Kittlöton. ceo.) Für das Inland diente das ?oss6 vomi-
taws oder Grafschafts-Miliz, für kontinentalen Krieg Soldheere. Eine be¬
trächtliche Zahl von Soldrechnungen sind noch vorhanden. Mit diesem zwei¬
ten Fehler haben wir indessen die Masse der Irrthümer in zehn Zeilen noch
nicht erschöpft. Das Jahr 1343 ist nämlich das unglücklichste, auf das Prof.
R. hat verfallen können. Es ist das Jahr, in welchem die große Pest, die
dem Dckameron zum Grunde liegt, nach England kam. Alle Geschäfte ruh¬
ten. Kein Parlament wurde gehalten, kein Heer gebildet. "?Invia6 et
xostilentis," ist Alles, was wir in den Chroniken der Zeit finden. In den
folgenden Zeilen von Professor R. lesen wir, daß auf die vom Verfasser be¬
schriebene Weise das "stattliche Heer" zu Stande kam, welches den Sieg von
Crecy gewann. Da die Schlacht von Crecy am 26. April 1346 geschlagen
wurde, so kann sich das Heer, welches erst zwei Jahre später gebildet sein
soll, wohl schwerlich daran betheiligt haben. Nach den amtlichen Urkunden
war der Vorgang folgender: Eduard berief 1344, nicht 1348, ein Parla¬
ment nach Westminster. Da man wußte, daß der König Geld zum Kriege
fordern würde, blieben die Prälaten und Barone aus. Der König ließ dar¬
auf jedem Einzelnen mit seinem vollen Zorne drohen. Da er es in seiner
Gewalt hatte, jeden Unterthan, hoch oder niedrig, durch einfache Polizeistrafen
(g-mereiamevts) an den Bettelstab zu bringen, so versammelte sich das Par¬
lament.

Der König fuhr darauf in seinen Drohungen fort, bis die Großen eine Depu¬
tation an ihn schickten, die ihm vorstellte, dech sie die Lasten des Krieges nicht fer¬
ner ertragen könnten, und daß er demselben ein Ende machen möge, sei es
durch eine Schlacht oder durch Friedensschluß (qu'it vousist ks-lie An a reste
gueri-e vu x LkltaMs on x ?e<zö). Der König wählte natürlich LataM und
eine Abgabe wurde für Anwerbung des Heeres bewilligt (K. ok?. II, 148
ff.). Das Heer, das so zusammengebracht werden konnte, war aber nur klein.


gebung und auss Bereitwilligste" die Abgaben votirte und den König zum
Kriege aufforderte. Professor N. .hat duckt oder indirekt aus dieser letztern
Quelle ohne eigne Prüfung geschöpft und nur, wie er es oft thut, die Aus¬
drücke gemildert. Mit einem solchen Fehler in Einem Abschnitte hat sich Prof. N.
aber nicht begnügt. Er fährt fort: „Im Jahre 1348 haben die Peers,
jeder in seinem Namen, den König aufgefordert, über die See zu gehen. ..
die Großen mit ihren Knappen und Reisigen folgten, ohne der alten Ein¬
reden zu gedenken, in Person." Von den alten Einreden, dem König nicht
nach Frankreich folgen zu dürfen, konnte unter Eduard dem Dritten füglich nicht die
Rede sein. Die Ritterdienste in Person mit Knappen und Reisigen waren
damals bereits seit fast 200 Jahren in Geldabgaben verwandelt worden,
gewöhnlich 40 Schillinge für ein Nitterlehn. (UxMox Histoi^ ok tlro Lxeno
quer I, 684, Ooiit upon Kittlöton. ceo.) Für das Inland diente das ?oss6 vomi-
taws oder Grafschafts-Miliz, für kontinentalen Krieg Soldheere. Eine be¬
trächtliche Zahl von Soldrechnungen sind noch vorhanden. Mit diesem zwei¬
ten Fehler haben wir indessen die Masse der Irrthümer in zehn Zeilen noch
nicht erschöpft. Das Jahr 1343 ist nämlich das unglücklichste, auf das Prof.
R. hat verfallen können. Es ist das Jahr, in welchem die große Pest, die
dem Dckameron zum Grunde liegt, nach England kam. Alle Geschäfte ruh¬
ten. Kein Parlament wurde gehalten, kein Heer gebildet. „?Invia6 et
xostilentis," ist Alles, was wir in den Chroniken der Zeit finden. In den
folgenden Zeilen von Professor R. lesen wir, daß auf die vom Verfasser be¬
schriebene Weise das „stattliche Heer" zu Stande kam, welches den Sieg von
Crecy gewann. Da die Schlacht von Crecy am 26. April 1346 geschlagen
wurde, so kann sich das Heer, welches erst zwei Jahre später gebildet sein
soll, wohl schwerlich daran betheiligt haben. Nach den amtlichen Urkunden
war der Vorgang folgender: Eduard berief 1344, nicht 1348, ein Parla¬
ment nach Westminster. Da man wußte, daß der König Geld zum Kriege
fordern würde, blieben die Prälaten und Barone aus. Der König ließ dar¬
auf jedem Einzelnen mit seinem vollen Zorne drohen. Da er es in seiner
Gewalt hatte, jeden Unterthan, hoch oder niedrig, durch einfache Polizeistrafen
(g-mereiamevts) an den Bettelstab zu bringen, so versammelte sich das Par¬
lament.

Der König fuhr darauf in seinen Drohungen fort, bis die Großen eine Depu¬
tation an ihn schickten, die ihm vorstellte, dech sie die Lasten des Krieges nicht fer¬
ner ertragen könnten, und daß er demselben ein Ende machen möge, sei es
durch eine Schlacht oder durch Friedensschluß (qu'it vousist ks-lie An a reste
gueri-e vu x LkltaMs on x ?e<zö). Der König wählte natürlich LataM und
eine Abgabe wurde für Anwerbung des Heeres bewilligt (K. ok?. II, 148
ff.). Das Heer, das so zusammengebracht werden konnte, war aber nur klein.


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[0137] gebung und auss Bereitwilligste" die Abgaben votirte und den König zum Kriege aufforderte. Professor N. .hat duckt oder indirekt aus dieser letztern Quelle ohne eigne Prüfung geschöpft und nur, wie er es oft thut, die Aus¬ drücke gemildert. Mit einem solchen Fehler in Einem Abschnitte hat sich Prof. N. aber nicht begnügt. Er fährt fort: „Im Jahre 1348 haben die Peers, jeder in seinem Namen, den König aufgefordert, über die See zu gehen. .. die Großen mit ihren Knappen und Reisigen folgten, ohne der alten Ein¬ reden zu gedenken, in Person." Von den alten Einreden, dem König nicht nach Frankreich folgen zu dürfen, konnte unter Eduard dem Dritten füglich nicht die Rede sein. Die Ritterdienste in Person mit Knappen und Reisigen waren damals bereits seit fast 200 Jahren in Geldabgaben verwandelt worden, gewöhnlich 40 Schillinge für ein Nitterlehn. (UxMox Histoi^ ok tlro Lxeno quer I, 684, Ooiit upon Kittlöton. ceo.) Für das Inland diente das ?oss6 vomi- taws oder Grafschafts-Miliz, für kontinentalen Krieg Soldheere. Eine be¬ trächtliche Zahl von Soldrechnungen sind noch vorhanden. Mit diesem zwei¬ ten Fehler haben wir indessen die Masse der Irrthümer in zehn Zeilen noch nicht erschöpft. Das Jahr 1343 ist nämlich das unglücklichste, auf das Prof. R. hat verfallen können. Es ist das Jahr, in welchem die große Pest, die dem Dckameron zum Grunde liegt, nach England kam. Alle Geschäfte ruh¬ ten. Kein Parlament wurde gehalten, kein Heer gebildet. „?Invia6 et xostilentis," ist Alles, was wir in den Chroniken der Zeit finden. In den folgenden Zeilen von Professor R. lesen wir, daß auf die vom Verfasser be¬ schriebene Weise das „stattliche Heer" zu Stande kam, welches den Sieg von Crecy gewann. Da die Schlacht von Crecy am 26. April 1346 geschlagen wurde, so kann sich das Heer, welches erst zwei Jahre später gebildet sein soll, wohl schwerlich daran betheiligt haben. Nach den amtlichen Urkunden war der Vorgang folgender: Eduard berief 1344, nicht 1348, ein Parla¬ ment nach Westminster. Da man wußte, daß der König Geld zum Kriege fordern würde, blieben die Prälaten und Barone aus. Der König ließ dar¬ auf jedem Einzelnen mit seinem vollen Zorne drohen. Da er es in seiner Gewalt hatte, jeden Unterthan, hoch oder niedrig, durch einfache Polizeistrafen (g-mereiamevts) an den Bettelstab zu bringen, so versammelte sich das Par¬ lament. Der König fuhr darauf in seinen Drohungen fort, bis die Großen eine Depu¬ tation an ihn schickten, die ihm vorstellte, dech sie die Lasten des Krieges nicht fer¬ ner ertragen könnten, und daß er demselben ein Ende machen möge, sei es durch eine Schlacht oder durch Friedensschluß (qu'it vousist ks-lie An a reste gueri-e vu x LkltaMs on x ?e<zö). Der König wählte natürlich LataM und eine Abgabe wurde für Anwerbung des Heeres bewilligt (K. ok?. II, 148 ff.). Das Heer, das so zusammengebracht werden konnte, war aber nur klein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/137>, abgerufen am 23.07.2024.