Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.bürtig, im Deutschen Helicon von 1640: "Wer einen guten Reim will machen, Das Zeugniß eines Pfnlzers von 1626, Scioppius in einer Schrift Aber auch das 17. Jahrhundert erhielt dies Ansehen des Obersächsischen Im Jahr 1561 erschien das eigentlich erste deutsche Wörterbuch, verfaßt bürtig, im Deutschen Helicon von 1640: „Wer einen guten Reim will machen, Das Zeugniß eines Pfnlzers von 1626, Scioppius in einer Schrift Aber auch das 17. Jahrhundert erhielt dies Ansehen des Obersächsischen Im Jahr 1561 erschien das eigentlich erste deutsche Wörterbuch, verfaßt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0122" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108844"/> <p xml:id="ID_340" prev="#ID_339"> bürtig, im Deutschen Helicon von 1640: „Wer einen guten Reim will machen,<lb/> der muß vor allen Dingen die Mundart dessen Landes, wo er ist. in Acht<lb/> ahnen. Ist er in Meißen, so braucht er die Meißnische, ist er in Schlesien,<lb/> so braucht er die Schlesische Mundart; doch gehet die Meißnische, welche<lb/> die rechte Hochdeutsche, allen andern vor und wird in andern Landen<lb/> ohne Bedenken gebraucht." In seinem Noscnmcmd, Hamburg 1651, findet<lb/> sich die Aeußerung, man Pflege insgemein zu sagen, daß man von dem vor¬<lb/> nehmen Frauenzimmer zu Leipzig das beste Hochdeutsch lernen Sonne. „So<lb/> hat man zu Athen das zierlichste Griechisch, zu Rom das zierlichste Latein<lb/> geredet. So redet mau auch in Obersachsen und Meißen das zierlichste Hoch¬<lb/> deutsch, das man im Schreiben gebrauchet."</p><lb/> <p xml:id="ID_341"> Das Zeugniß eines Pfnlzers von 1626, Scioppius in einer Schrift<lb/> LonsuItAtiDires av Ledolaium et stmlioi-um ratione, lautet so: die Meißner<lb/> gebrauchten die besten und bewährtesten Worte und Redensarten, obwol sie<lb/> in der Aussprache sich lächerliche Fehler zu Schulden kommen ließen; er unter¬<lb/> scheidet schon scharf die Gemeinsprache, communis äiirlectus, von den Mund¬<lb/> arten, unter denen er den meißnischen mit aufzählt, gibt aber an, jene, die<lb/> Gemeinsprache, wie sie am kaiserliche» Hofe und beim Kammergericht zu Speier<lb/> gelte, stamme aus Meißen; und die meißnische Mundart sei für die Deutschen<lb/> das. was für die Griechen die attische, sür die Italiener die florentinische,<lb/> für die Spanier die toledanische.</p><lb/> <p xml:id="ID_342"> Aber auch das 17. Jahrhundert erhielt dies Ansehen des Obersächsischen<lb/> schon aus dem vorhergehenden überliefert. Am Ende des 16. Jahrhunderts<lb/> spricht es ein Spanier Laurentius Villavincentius aus in einer lateinischen<lb/> Schrift av loi-in^ndo swclio tlroologieo. Die reine Landessprache, äußert er.<lb/> müsse man aus dem Umgang mit den Gebildeten schöpfen, oder aus den<lb/> Büchern, die in der angesehensten Mundart verfaßt seien, wofür in Deutsch¬<lb/> land nach vieler Urtheil der meißnische Dialect gelte. Rühmend nennt Justus<lb/> Joseph Scaliger die hiesige Landessprache als eine hervorstechende Ehre Leip¬<lb/> zigs in einem Gedichte, worin der Glanz der Leipziger Messe geschildert wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_343" next="#ID_344"> Im Jahr 1561 erschien das eigentlich erste deutsche Wörterbuch, verfaßt<lb/> von einem Schweizer Josua Manier oder Pictorius aus Zürich, gedruckt in<lb/> Zürich bei Froschauer; es wurde eingeführt durch eine empfehlende Vorrede<lb/> des gelehrten Conrad Gesner. gleichfalls eines Zürichers. Er handelt darin<lb/> besonders von dem Umfang und den mannigfachen Dialecten der germanischen<lb/> Sprache und äußert: „Darunter halten einige die Mundart, deren sich die<lb/> Oberdeutschen bedienen, für die beste und vorzüglichste und am wenigsten ver¬<lb/> derbte; Andere'geben der Gegend um Leipzig den Preis der gebildeteren Sprache,<lb/> in der auch Luther seine Bücher verfaßt habe; noch andere sprechen denselben<lb/> vielmehr den Augsburgern zu, oder ziehn von gewissen Seiten die Sprache</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0122]
bürtig, im Deutschen Helicon von 1640: „Wer einen guten Reim will machen,
der muß vor allen Dingen die Mundart dessen Landes, wo er ist. in Acht
ahnen. Ist er in Meißen, so braucht er die Meißnische, ist er in Schlesien,
so braucht er die Schlesische Mundart; doch gehet die Meißnische, welche
die rechte Hochdeutsche, allen andern vor und wird in andern Landen
ohne Bedenken gebraucht." In seinem Noscnmcmd, Hamburg 1651, findet
sich die Aeußerung, man Pflege insgemein zu sagen, daß man von dem vor¬
nehmen Frauenzimmer zu Leipzig das beste Hochdeutsch lernen Sonne. „So
hat man zu Athen das zierlichste Griechisch, zu Rom das zierlichste Latein
geredet. So redet mau auch in Obersachsen und Meißen das zierlichste Hoch¬
deutsch, das man im Schreiben gebrauchet."
Das Zeugniß eines Pfnlzers von 1626, Scioppius in einer Schrift
LonsuItAtiDires av Ledolaium et stmlioi-um ratione, lautet so: die Meißner
gebrauchten die besten und bewährtesten Worte und Redensarten, obwol sie
in der Aussprache sich lächerliche Fehler zu Schulden kommen ließen; er unter¬
scheidet schon scharf die Gemeinsprache, communis äiirlectus, von den Mund¬
arten, unter denen er den meißnischen mit aufzählt, gibt aber an, jene, die
Gemeinsprache, wie sie am kaiserliche» Hofe und beim Kammergericht zu Speier
gelte, stamme aus Meißen; und die meißnische Mundart sei für die Deutschen
das. was für die Griechen die attische, sür die Italiener die florentinische,
für die Spanier die toledanische.
Aber auch das 17. Jahrhundert erhielt dies Ansehen des Obersächsischen
schon aus dem vorhergehenden überliefert. Am Ende des 16. Jahrhunderts
spricht es ein Spanier Laurentius Villavincentius aus in einer lateinischen
Schrift av loi-in^ndo swclio tlroologieo. Die reine Landessprache, äußert er.
müsse man aus dem Umgang mit den Gebildeten schöpfen, oder aus den
Büchern, die in der angesehensten Mundart verfaßt seien, wofür in Deutsch¬
land nach vieler Urtheil der meißnische Dialect gelte. Rühmend nennt Justus
Joseph Scaliger die hiesige Landessprache als eine hervorstechende Ehre Leip¬
zigs in einem Gedichte, worin der Glanz der Leipziger Messe geschildert wird.
Im Jahr 1561 erschien das eigentlich erste deutsche Wörterbuch, verfaßt
von einem Schweizer Josua Manier oder Pictorius aus Zürich, gedruckt in
Zürich bei Froschauer; es wurde eingeführt durch eine empfehlende Vorrede
des gelehrten Conrad Gesner. gleichfalls eines Zürichers. Er handelt darin
besonders von dem Umfang und den mannigfachen Dialecten der germanischen
Sprache und äußert: „Darunter halten einige die Mundart, deren sich die
Oberdeutschen bedienen, für die beste und vorzüglichste und am wenigsten ver¬
derbte; Andere'geben der Gegend um Leipzig den Preis der gebildeteren Sprache,
in der auch Luther seine Bücher verfaßt habe; noch andere sprechen denselben
vielmehr den Augsburgern zu, oder ziehn von gewissen Seiten die Sprache
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