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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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ter des Kaisers Napoleon, Graf Joachim Rasponi erstattet. Die Motive des
Antrages waren der Wunsch der Bevölkerung nach einer starken Regierung,
welche bürgerliche Gleichheit, Freiheit und Unabhängigkeit zu schützen und da¬
durch die Aero. der Revolution für Italien im Allgemeinen, die Romagna
insbesondere zu schließen vermöge; dann die Einsicht, daß in Italien die sar>
dinische Regierung die einzige sei, welche nach ihrer Kraft, ihren Ueberliefe¬
rungen und ihren Institutionen dies könne. Der Antrcig ward von sämmt¬
lichen anwesenden Repräsentanten. 120, einstimmig am 7. September zum
Beschluß erhoben. Eine Deputation der Repräsentantenversammlung, bestehend
aus Graf Bentivoglio, Graf Cazzadini. Marchese Panari, Graf Salvoni,
den Vicepräsidenten Ladeschi, Scarabelli, dem Secretär der Versammlung,
und Marescotti sollte dem König Victor Emanuel die Kunde von den gefaßten
Beschlüssen überbringen. Sie fand denselben, welcher eben auf einer Reise
durch die Lombardei begriffen wär, am 24. September zu Monza. In seiner
Antwort sagte der König, daß er als katholischer Fürst fortwährend in tiefer
und unerschütterlicher Verehrung für das Oberhaupt der Kirche verharren
werde, als italienische? Fürst müsse er Europa daran erinnern, daß er Pflich¬
ten gegen die Romagna zu erfüllen habe, deren Zustand schnelle und wirk¬
same Maßregeln erheische; er nehme die Wünsche der Romagna an und
kraft der Ansprüche, welche ihni daraus erwüchsen, würde er ihre Sache bei
den Großmächten kräftig unterstützen. Er forderte die Romagnolen zum Ver¬
trauen in die Großmächte und in den Kaiser Napoleon auf und sprach ihnen
seinen Dank für die Mäßigung aus. welche sie unter den schwierigsten Um¬
ständen bewiesen hatten. In Folge dieser Antwott beschloß rinn am 2. Oc-
tober auch die Regierung der Romagna, daß fortan alle öffentlichen Acten¬
stücke im Namen Victor Emanuels ergehen und diesem der Eid geleistet werden
solle. An den öffentlichen Gebäuden wurden unverweilt die savoyischen Wap¬
pen angebracht. Schon am 1. October zeigte der Minister des Innern, Mon-
tanari. den Romagnolen durch eine Proclamation den factischen Anschluß an
Piemont an. Der päpstliche Münzfuß ward nunmehr abgeschafft, der sät>
dinische eingeführt. Bis auf Weiteres sollte ein Doppelbajocco sür 10 Cen-
tesimi (Centimes), ein Bajocco für 5 Centesimi, ein halber Bajocco sür 3,
.ein Quattrino (Vs Bajocco) für 1 Centesimo angenommen werden, was --
ausgenommen den halben Bajocco --- mit dem wirklichen Geldwerthe genau
stimmt. Am 5. October hoben die Romagnolen ihre Zolllinie gegen Toscana
und Modena auf und führten den piemontesischen Zolltarif ein. Zu derselben
Zeit ging ein vom 3. October datirtes. vom Gouverneur Cipriani unter¬
zeichnetes Memorandum über die beiden Hauptbcschlüsse der Repräsentanten-
Versammlung -- Abschaffung der weltlichen Herrschaft des Papstes und An¬
schluß an Piemont -- an die europäischen Mächte ab. Der Inhalt dieses


ter des Kaisers Napoleon, Graf Joachim Rasponi erstattet. Die Motive des
Antrages waren der Wunsch der Bevölkerung nach einer starken Regierung,
welche bürgerliche Gleichheit, Freiheit und Unabhängigkeit zu schützen und da¬
durch die Aero. der Revolution für Italien im Allgemeinen, die Romagna
insbesondere zu schließen vermöge; dann die Einsicht, daß in Italien die sar>
dinische Regierung die einzige sei, welche nach ihrer Kraft, ihren Ueberliefe¬
rungen und ihren Institutionen dies könne. Der Antrcig ward von sämmt¬
lichen anwesenden Repräsentanten. 120, einstimmig am 7. September zum
Beschluß erhoben. Eine Deputation der Repräsentantenversammlung, bestehend
aus Graf Bentivoglio, Graf Cazzadini. Marchese Panari, Graf Salvoni,
den Vicepräsidenten Ladeschi, Scarabelli, dem Secretär der Versammlung,
und Marescotti sollte dem König Victor Emanuel die Kunde von den gefaßten
Beschlüssen überbringen. Sie fand denselben, welcher eben auf einer Reise
durch die Lombardei begriffen wär, am 24. September zu Monza. In seiner
Antwort sagte der König, daß er als katholischer Fürst fortwährend in tiefer
und unerschütterlicher Verehrung für das Oberhaupt der Kirche verharren
werde, als italienische? Fürst müsse er Europa daran erinnern, daß er Pflich¬
ten gegen die Romagna zu erfüllen habe, deren Zustand schnelle und wirk¬
same Maßregeln erheische; er nehme die Wünsche der Romagna an und
kraft der Ansprüche, welche ihni daraus erwüchsen, würde er ihre Sache bei
den Großmächten kräftig unterstützen. Er forderte die Romagnolen zum Ver¬
trauen in die Großmächte und in den Kaiser Napoleon auf und sprach ihnen
seinen Dank für die Mäßigung aus. welche sie unter den schwierigsten Um¬
ständen bewiesen hatten. In Folge dieser Antwott beschloß rinn am 2. Oc-
tober auch die Regierung der Romagna, daß fortan alle öffentlichen Acten¬
stücke im Namen Victor Emanuels ergehen und diesem der Eid geleistet werden
solle. An den öffentlichen Gebäuden wurden unverweilt die savoyischen Wap¬
pen angebracht. Schon am 1. October zeigte der Minister des Innern, Mon-
tanari. den Romagnolen durch eine Proclamation den factischen Anschluß an
Piemont an. Der päpstliche Münzfuß ward nunmehr abgeschafft, der sät>
dinische eingeführt. Bis auf Weiteres sollte ein Doppelbajocco sür 10 Cen-
tesimi (Centimes), ein Bajocco für 5 Centesimi, ein halber Bajocco sür 3,
.ein Quattrino (Vs Bajocco) für 1 Centesimo angenommen werden, was —
ausgenommen den halben Bajocco —- mit dem wirklichen Geldwerthe genau
stimmt. Am 5. October hoben die Romagnolen ihre Zolllinie gegen Toscana
und Modena auf und führten den piemontesischen Zolltarif ein. Zu derselben
Zeit ging ein vom 3. October datirtes. vom Gouverneur Cipriani unter¬
zeichnetes Memorandum über die beiden Hauptbcschlüsse der Repräsentanten-
Versammlung — Abschaffung der weltlichen Herrschaft des Papstes und An¬
schluß an Piemont — an die europäischen Mächte ab. Der Inhalt dieses


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/110>, abgerufen am 23.07.2024.