Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

niemals Modena glücklich machen könnten. Friutz der Fünfte sei auf die erst
Kunde vom Sieg der Franzosen bei MaHenta geflohen, geiriebeit voll seinem
bösen Gewisser!. Troß seiner Eile habe er doch n'sah Zeit gchäbi, nicht blos
einen guten Theil der Kassen, Kronkleinodien, kostbare Manuskripte und Kültst-
subcn aus den Museen, sondern auch achtzig politische Gefangene in das
östreichische Lager mitzuschleppen, Gefangene, welche von Militärcömmissionen
verurtheilt waren, die während seiner Negierung nicht weniger als 443 ähn¬
liche Verurteilungen ausgesprochen hatten. Farini legte hierauf seine Gewalt
in die Hände der Nepräsentantenveisaminlung wieder nieder. Diese indessen,
welche zu ihrem Präsidenten den Ingenieur Campi erwählte^ übertrug Farini
die Regierungsgewalt von Neuem. Sie beschloß dnranf eine Adresse an
Napoleon den Dritten, in welchem sie diesen ihren Dank für die Italien ge¬
währte Hülfe und zugleich ihre Hoffnung auf fernern Beistand aussprach.
Am 18. August kam der Antrag, das Haus Este des Thrones verlustig zu
erklären, an die Reihe, er ward für erheblich erklärt und am 2V. von allen
anwesenden Mitgliedern der Versammlung. 72, nur Fäüti; im Dienste ab¬
wesend, fehlte - zum Beschlusse erhoben. Am 21. ward dann zu dem Antrage
auf Anschluß an Pauvre übergegangen. Nachdem auch dieser zum Beschluß
erhoben war. erhielt am 23. noch Farini die Vollmacht, eine Anleihe von
5 Millionen Franken zu erheben, und den Auftrag, sich bei den Mächten für die
Rückgabe der vom Herzog Franz Mitgeschleppten politischen Gefangenen aus
den östreichischen Kerkern zu verwenden. Endlich sprach die Versammlung den
Freiwilligen, welche sich unter die modenesischcn Fahnen gestellt hatten, ihren
Dank aus und beschloß dann die Errichtung eines Monumentes zum Andenken
an ihre wichtigen bisherigen Beschlüsse, worauf sie sich vertagte. Am 29. Au¬
gust machte sich die Deputation, welche dem Kaiser Napoleon die Adresse der
Nepräsentantenvcrsammlung überbringen sollte, bestehend aus dem Comman¬
deur Maimusi. Marchese Fontanelli und Grafen Anvini, nach Paris a>uf
den Weg.

Unterdessen war Farini von Modena, sobald er dort die Repräsentanten-
Versammlung eröffnet hatte, nach Parma geeilt. In Parma wurde am spä¬
testen der gleiche Weg, wie in den andern Herzogtümern eingeschlagen.
Da dieses Herzogthum in den Bestimmungen der Präliminarien von Villa-
franca nicht erwähnt war, so ward es anfangs als selbverständlich angenom¬
men, daß es zu Piemont geschlagen sei; und in einem Decret des Gouverneurs
vou Mailand, Viglinni, aus dem Ende des Juli ist z. B. Parma geradezu als
zum sardinischen Zollgebiet gehörig erwähnt. Allein die Schritte, welche die
Herzogin von Parma für ihren Sohn, namentlich beim Kaiser Napoleon, that,
an welchen sie den Marchese Pallavicini mit Vorstellungen entsendete (wäh¬
rend sie zu gleicher Zeit beim eidgenössischen Schützenfest in Zürich in einer


niemals Modena glücklich machen könnten. Friutz der Fünfte sei auf die erst
Kunde vom Sieg der Franzosen bei MaHenta geflohen, geiriebeit voll seinem
bösen Gewisser!. Troß seiner Eile habe er doch n'sah Zeit gchäbi, nicht blos
einen guten Theil der Kassen, Kronkleinodien, kostbare Manuskripte und Kültst-
subcn aus den Museen, sondern auch achtzig politische Gefangene in das
östreichische Lager mitzuschleppen, Gefangene, welche von Militärcömmissionen
verurtheilt waren, die während seiner Negierung nicht weniger als 443 ähn¬
liche Verurteilungen ausgesprochen hatten. Farini legte hierauf seine Gewalt
in die Hände der Nepräsentantenveisaminlung wieder nieder. Diese indessen,
welche zu ihrem Präsidenten den Ingenieur Campi erwählte^ übertrug Farini
die Regierungsgewalt von Neuem. Sie beschloß dnranf eine Adresse an
Napoleon den Dritten, in welchem sie diesen ihren Dank für die Italien ge¬
währte Hülfe und zugleich ihre Hoffnung auf fernern Beistand aussprach.
Am 18. August kam der Antrag, das Haus Este des Thrones verlustig zu
erklären, an die Reihe, er ward für erheblich erklärt und am 2V. von allen
anwesenden Mitgliedern der Versammlung. 72, nur Fäüti; im Dienste ab¬
wesend, fehlte - zum Beschlusse erhoben. Am 21. ward dann zu dem Antrage
auf Anschluß an Pauvre übergegangen. Nachdem auch dieser zum Beschluß
erhoben war. erhielt am 23. noch Farini die Vollmacht, eine Anleihe von
5 Millionen Franken zu erheben, und den Auftrag, sich bei den Mächten für die
Rückgabe der vom Herzog Franz Mitgeschleppten politischen Gefangenen aus
den östreichischen Kerkern zu verwenden. Endlich sprach die Versammlung den
Freiwilligen, welche sich unter die modenesischcn Fahnen gestellt hatten, ihren
Dank aus und beschloß dann die Errichtung eines Monumentes zum Andenken
an ihre wichtigen bisherigen Beschlüsse, worauf sie sich vertagte. Am 29. Au¬
gust machte sich die Deputation, welche dem Kaiser Napoleon die Adresse der
Nepräsentantenvcrsammlung überbringen sollte, bestehend aus dem Comman¬
deur Maimusi. Marchese Fontanelli und Grafen Anvini, nach Paris a>uf
den Weg.

Unterdessen war Farini von Modena, sobald er dort die Repräsentanten-
Versammlung eröffnet hatte, nach Parma geeilt. In Parma wurde am spä¬
testen der gleiche Weg, wie in den andern Herzogtümern eingeschlagen.
Da dieses Herzogthum in den Bestimmungen der Präliminarien von Villa-
franca nicht erwähnt war, so ward es anfangs als selbverständlich angenom¬
men, daß es zu Piemont geschlagen sei; und in einem Decret des Gouverneurs
vou Mailand, Viglinni, aus dem Ende des Juli ist z. B. Parma geradezu als
zum sardinischen Zollgebiet gehörig erwähnt. Allein die Schritte, welche die
Herzogin von Parma für ihren Sohn, namentlich beim Kaiser Napoleon, that,
an welchen sie den Marchese Pallavicini mit Vorstellungen entsendete (wäh¬
rend sie zu gleicher Zeit beim eidgenössischen Schützenfest in Zürich in einer


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108828"/>
          <p xml:id="ID_306" prev="#ID_305"> niemals Modena glücklich machen könnten. Friutz der Fünfte sei auf die erst<lb/>
Kunde vom Sieg der Franzosen bei MaHenta geflohen, geiriebeit voll seinem<lb/>
bösen Gewisser!. Troß seiner Eile habe er doch n'sah Zeit gchäbi, nicht blos<lb/>
einen guten Theil der Kassen, Kronkleinodien, kostbare Manuskripte und Kültst-<lb/>
subcn aus den Museen, sondern auch achtzig politische Gefangene in das<lb/>
östreichische Lager mitzuschleppen, Gefangene, welche von Militärcömmissionen<lb/>
verurtheilt waren, die während seiner Negierung nicht weniger als 443 ähn¬<lb/>
liche Verurteilungen ausgesprochen hatten. Farini legte hierauf seine Gewalt<lb/>
in die Hände der Nepräsentantenveisaminlung wieder nieder. Diese indessen,<lb/>
welche zu ihrem Präsidenten den Ingenieur Campi erwählte^ übertrug Farini<lb/>
die Regierungsgewalt von Neuem. Sie beschloß dnranf eine Adresse an<lb/>
Napoleon den Dritten, in welchem sie diesen ihren Dank für die Italien ge¬<lb/>
währte Hülfe und zugleich ihre Hoffnung auf fernern Beistand aussprach.<lb/>
Am 18. August kam der Antrag, das Haus Este des Thrones verlustig zu<lb/>
erklären, an die Reihe, er ward für erheblich erklärt und am 2V. von allen<lb/>
anwesenden Mitgliedern der Versammlung. 72, nur Fäüti; im Dienste ab¬<lb/>
wesend, fehlte - zum Beschlusse erhoben. Am 21. ward dann zu dem Antrage<lb/>
auf Anschluß an Pauvre übergegangen. Nachdem auch dieser zum Beschluß<lb/>
erhoben war. erhielt am 23. noch Farini die Vollmacht, eine Anleihe von<lb/>
5 Millionen Franken zu erheben, und den Auftrag, sich bei den Mächten für die<lb/>
Rückgabe der vom Herzog Franz Mitgeschleppten politischen Gefangenen aus<lb/>
den östreichischen Kerkern zu verwenden. Endlich sprach die Versammlung den<lb/>
Freiwilligen, welche sich unter die modenesischcn Fahnen gestellt hatten, ihren<lb/>
Dank aus und beschloß dann die Errichtung eines Monumentes zum Andenken<lb/>
an ihre wichtigen bisherigen Beschlüsse, worauf sie sich vertagte. Am 29. Au¬<lb/>
gust machte sich die Deputation, welche dem Kaiser Napoleon die Adresse der<lb/>
Nepräsentantenvcrsammlung überbringen sollte, bestehend aus dem Comman¬<lb/>
deur Maimusi. Marchese Fontanelli und Grafen Anvini, nach Paris a&gt;uf<lb/>
den Weg.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_307" next="#ID_308"> Unterdessen war Farini von Modena, sobald er dort die Repräsentanten-<lb/>
Versammlung eröffnet hatte, nach Parma geeilt. In Parma wurde am spä¬<lb/>
testen der gleiche Weg, wie in den andern Herzogtümern eingeschlagen.<lb/>
Da dieses Herzogthum in den Bestimmungen der Präliminarien von Villa-<lb/>
franca nicht erwähnt war, so ward es anfangs als selbverständlich angenom¬<lb/>
men, daß es zu Piemont geschlagen sei; und in einem Decret des Gouverneurs<lb/>
vou Mailand, Viglinni, aus dem Ende des Juli ist z. B. Parma geradezu als<lb/>
zum sardinischen Zollgebiet gehörig erwähnt. Allein die Schritte, welche die<lb/>
Herzogin von Parma für ihren Sohn, namentlich beim Kaiser Napoleon, that,<lb/>
an welchen sie den Marchese Pallavicini mit Vorstellungen entsendete (wäh¬<lb/>
rend sie zu gleicher Zeit beim eidgenössischen Schützenfest in Zürich in einer</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0106] niemals Modena glücklich machen könnten. Friutz der Fünfte sei auf die erst Kunde vom Sieg der Franzosen bei MaHenta geflohen, geiriebeit voll seinem bösen Gewisser!. Troß seiner Eile habe er doch n'sah Zeit gchäbi, nicht blos einen guten Theil der Kassen, Kronkleinodien, kostbare Manuskripte und Kültst- subcn aus den Museen, sondern auch achtzig politische Gefangene in das östreichische Lager mitzuschleppen, Gefangene, welche von Militärcömmissionen verurtheilt waren, die während seiner Negierung nicht weniger als 443 ähn¬ liche Verurteilungen ausgesprochen hatten. Farini legte hierauf seine Gewalt in die Hände der Nepräsentantenveisaminlung wieder nieder. Diese indessen, welche zu ihrem Präsidenten den Ingenieur Campi erwählte^ übertrug Farini die Regierungsgewalt von Neuem. Sie beschloß dnranf eine Adresse an Napoleon den Dritten, in welchem sie diesen ihren Dank für die Italien ge¬ währte Hülfe und zugleich ihre Hoffnung auf fernern Beistand aussprach. Am 18. August kam der Antrag, das Haus Este des Thrones verlustig zu erklären, an die Reihe, er ward für erheblich erklärt und am 2V. von allen anwesenden Mitgliedern der Versammlung. 72, nur Fäüti; im Dienste ab¬ wesend, fehlte - zum Beschlusse erhoben. Am 21. ward dann zu dem Antrage auf Anschluß an Pauvre übergegangen. Nachdem auch dieser zum Beschluß erhoben war. erhielt am 23. noch Farini die Vollmacht, eine Anleihe von 5 Millionen Franken zu erheben, und den Auftrag, sich bei den Mächten für die Rückgabe der vom Herzog Franz Mitgeschleppten politischen Gefangenen aus den östreichischen Kerkern zu verwenden. Endlich sprach die Versammlung den Freiwilligen, welche sich unter die modenesischcn Fahnen gestellt hatten, ihren Dank aus und beschloß dann die Errichtung eines Monumentes zum Andenken an ihre wichtigen bisherigen Beschlüsse, worauf sie sich vertagte. Am 29. Au¬ gust machte sich die Deputation, welche dem Kaiser Napoleon die Adresse der Nepräsentantenvcrsammlung überbringen sollte, bestehend aus dem Comman¬ deur Maimusi. Marchese Fontanelli und Grafen Anvini, nach Paris a>uf den Weg. Unterdessen war Farini von Modena, sobald er dort die Repräsentanten- Versammlung eröffnet hatte, nach Parma geeilt. In Parma wurde am spä¬ testen der gleiche Weg, wie in den andern Herzogtümern eingeschlagen. Da dieses Herzogthum in den Bestimmungen der Präliminarien von Villa- franca nicht erwähnt war, so ward es anfangs als selbverständlich angenom¬ men, daß es zu Piemont geschlagen sei; und in einem Decret des Gouverneurs vou Mailand, Viglinni, aus dem Ende des Juli ist z. B. Parma geradezu als zum sardinischen Zollgebiet gehörig erwähnt. Allein die Schritte, welche die Herzogin von Parma für ihren Sohn, namentlich beim Kaiser Napoleon, that, an welchen sie den Marchese Pallavicini mit Vorstellungen entsendete (wäh¬ rend sie zu gleicher Zeit beim eidgenössischen Schützenfest in Zürich in einer

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/106
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/106>, abgerufen am 23.07.2024.