Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.In der Rede an seine Wähler, wenn wir anders den etwas unklaren Wir sind der entgegengesetzten Ansicht: wir glauben, daß wenigstens in Was die organische Gesetzgebung betrifft, so Pflegt ein Parlament, das Dagegen ist nicht rasch genug für eine wirkliche Constituirung der obersten Einmal war mit der guten Gesinnung nach den Begriffe" des Herrn on>n In der Rede an seine Wähler, wenn wir anders den etwas unklaren Wir sind der entgegengesetzten Ansicht: wir glauben, daß wenigstens in Was die organische Gesetzgebung betrifft, so Pflegt ein Parlament, das Dagegen ist nicht rasch genug für eine wirkliche Constituirung der obersten Einmal war mit der guten Gesinnung nach den Begriffe» des Herrn on>n <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0082" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187033"/> <p xml:id="ID_220"> In der Rede an seine Wähler, wenn wir anders den etwas unklaren<lb/> Bericht der Stettiner Zeitung richtig auffassen, stellt er es als die wichtigere<lb/> Aufgabe des gegenwärtigen Landtags dar, für die organische Gesetzgebung zu<lb/> sorgen, da die Verwaltung, deren Controle außerdem den Ständen zukommt,<lb/> vorläufig in guten Händen sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_221"> Wir sind der entgegengesetzten Ansicht: wir glauben, daß wenigstens in<lb/> dieser Session der Landtag sich nicht zu viel mit der organischen Gesetzgebung<lb/> zu befassen haben wird, daß es aber wol seine Aufgabe ist, das Ministerium<lb/> in seinem Bestreben, die Ausführung der Gesetze dem Sinn der Gesetze ent¬<lb/> sprechend zu machen, durch mehr als blos passiven Beistand zu unterstützen.</p><lb/> <p xml:id="ID_222"> Was die organische Gesetzgebung betrifft, so Pflegt ein Parlament, das<lb/> im Allgemeinen in die Regierung Vertrauen setzt, dieser die Initiative zu<lb/> überlassen. Wir glauben nicht, daß die Negierung gegenwärtig schon die hin¬<lb/> reichende Zeit gefunden haben wird, in dieser Hinsicht umfassende Vorlagen<lb/> vorzubereiten, und wir glauben, daß unter allen Umständen das Provisorium<lb/> einer übereilten Gesetzgebung, die nachher doch theilweise wieder zurückgenom¬<lb/> men werden-müßte, vorzuziehn ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_223"> Dagegen ist nicht rasch genug für eine wirkliche Constituirung der obersten<lb/> Regieningsgewalt Sorge zu tragen, und wir glauben. daß darin der Landtag<lb/> dem Ministerium wesentlich zu Hilfe kommen kann. Zwar halten wir' ebenso<lb/> wie Professor Gneist eine Pnrteiregierung im strengern Sinn den preußischen<lb/> Zuständen nicht angemessen, aber wir dürfen nicht übersehn, daß wir seit<lb/> wenigstens sechs Jahren eine solche wirklich gehabt haben. Bis dahin war<lb/> die gutgeschultc, an regelmäßige Arbeit gewöhnte 'und in ihre Amtspflichten<lb/> ganz aufgegangene Bureaukratie oder, wenn man will, „Amtsgentry" der<lb/> neutrale Boden gewesen, aus welchem die einseitigen Pattcibcflrebungen sich<lb/> paralusirten. Seitdem aber Herr von Westphalen am Steuerruder saß, ist<lb/> die Gesinnung und der Diensteifer an Stelle der Amtsfähigkeit und der Amts¬<lb/> ehre getreten, und ein großer Theil der heutigen Bureaukratie hat von dem<lb/> alten preußischen Beamtenthum nichts weiter als den Namen. Zwar.würde<lb/> die Sache dadurch keineswegs gebessert, wenn jetzt, wo der Begriff der guten<lb/> Gesinnung sich geändert hat, die altministeriell gesinnten Beamten durch neu¬<lb/> ministeriell gesinnte Beamte ersetzt würden; seine ganze Stellung nöthigt<lb/> das Ministerium, auch in dieser Beziehung so schonend und konservativ als<lb/> möglich zu verfahren: aber diese Enthaltsamkeit muß gewisse Grenzen haben-,<lb/> wenn nicht die ganze Regierung in Stocken gerathen soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_224" next="#ID_225"> Einmal war mit der guten Gesinnung nach den Begriffe» des Herrn on>n<lb/> Westphalen eine gewisse Rücksichtslosigkeit gegen die bestehenden Gesetze ver¬<lb/> bunden, dagegen war sie unabhängig von der technischen Vorbildung und<lb/> von der Fähigkeit zu Staatsgeschäften. Es ist in der Reinigung des Beamten'</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
In der Rede an seine Wähler, wenn wir anders den etwas unklaren
Bericht der Stettiner Zeitung richtig auffassen, stellt er es als die wichtigere
Aufgabe des gegenwärtigen Landtags dar, für die organische Gesetzgebung zu
sorgen, da die Verwaltung, deren Controle außerdem den Ständen zukommt,
vorläufig in guten Händen sei.
Wir sind der entgegengesetzten Ansicht: wir glauben, daß wenigstens in
dieser Session der Landtag sich nicht zu viel mit der organischen Gesetzgebung
zu befassen haben wird, daß es aber wol seine Aufgabe ist, das Ministerium
in seinem Bestreben, die Ausführung der Gesetze dem Sinn der Gesetze ent¬
sprechend zu machen, durch mehr als blos passiven Beistand zu unterstützen.
Was die organische Gesetzgebung betrifft, so Pflegt ein Parlament, das
im Allgemeinen in die Regierung Vertrauen setzt, dieser die Initiative zu
überlassen. Wir glauben nicht, daß die Negierung gegenwärtig schon die hin¬
reichende Zeit gefunden haben wird, in dieser Hinsicht umfassende Vorlagen
vorzubereiten, und wir glauben, daß unter allen Umständen das Provisorium
einer übereilten Gesetzgebung, die nachher doch theilweise wieder zurückgenom¬
men werden-müßte, vorzuziehn ist.
Dagegen ist nicht rasch genug für eine wirkliche Constituirung der obersten
Regieningsgewalt Sorge zu tragen, und wir glauben. daß darin der Landtag
dem Ministerium wesentlich zu Hilfe kommen kann. Zwar halten wir' ebenso
wie Professor Gneist eine Pnrteiregierung im strengern Sinn den preußischen
Zuständen nicht angemessen, aber wir dürfen nicht übersehn, daß wir seit
wenigstens sechs Jahren eine solche wirklich gehabt haben. Bis dahin war
die gutgeschultc, an regelmäßige Arbeit gewöhnte 'und in ihre Amtspflichten
ganz aufgegangene Bureaukratie oder, wenn man will, „Amtsgentry" der
neutrale Boden gewesen, aus welchem die einseitigen Pattcibcflrebungen sich
paralusirten. Seitdem aber Herr von Westphalen am Steuerruder saß, ist
die Gesinnung und der Diensteifer an Stelle der Amtsfähigkeit und der Amts¬
ehre getreten, und ein großer Theil der heutigen Bureaukratie hat von dem
alten preußischen Beamtenthum nichts weiter als den Namen. Zwar.würde
die Sache dadurch keineswegs gebessert, wenn jetzt, wo der Begriff der guten
Gesinnung sich geändert hat, die altministeriell gesinnten Beamten durch neu¬
ministeriell gesinnte Beamte ersetzt würden; seine ganze Stellung nöthigt
das Ministerium, auch in dieser Beziehung so schonend und konservativ als
möglich zu verfahren: aber diese Enthaltsamkeit muß gewisse Grenzen haben-,
wenn nicht die ganze Regierung in Stocken gerathen soll.
Einmal war mit der guten Gesinnung nach den Begriffe» des Herrn on>n
Westphalen eine gewisse Rücksichtslosigkeit gegen die bestehenden Gesetze ver¬
bunden, dagegen war sie unabhängig von der technischen Vorbildung und
von der Fähigkeit zu Staatsgeschäften. Es ist in der Reinigung des Beamten'
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