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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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wahrend wichtige Verhandlungen stattfanden, wo dann die Folge sein würde,
daß die dänischen Abgeordneten ohne sie Beschlüsse faßten.

Aus diesen Gründen rieth der Ausschuß, keinen auf Bildung eines Ge-
sammtorgnns für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten gerichteten Vorschlag
zu stellen, sondern Erfüllung des Versprechens in der Bekanntmachung vom
28. Jan. 1852, wo es heißt, der König wolle den Herzogthümern Schleswig
und Holstein hinsichtlich ihrer bisher zum Wirkungskreis der berathenden Pro-
vinzialstönde gehörigen Angelegenheiten ständische Vertretung mit be¬
schließender Befu gniß zugestehen, zu verlangen, und zwar mit beschließender
Befugniß nicht blos hinsichtlich der besondern Angelegenheiten des Herzog-
thums. sondern auch in Betreff der Angelegenheiten, die es mit Schleswig,
und deren, die es mit den übrigen Theilen der Monarchie gemeinsam hat.

Der Ausschußbericht geht dann auf die Garantien über, durch welche die
Verfassung und die Interessen jedes Theils der Monarchie zu schützen seien.
Er weist zunächst die Nothwendigkeit solcher Garantien an den bisherigen Zu¬
ständen nach. Auf verfassungswidrigen Wege wurde den Herzogthümern eine
Gesammtverfassung aufgedrungen, durch welche sie den Majoritätsbeschlüssen
einer fremden Nationalität schutzlos Preis gegeben wurden. Die wichtigsten Be¬
stimmungen ihrer Sonderverfassung wurden ihrer Mitwirkung entzogen. Der
Wirkungskreis ihrer Stände wurde im Widerspruch mit den königlichen Zu¬
sagen beschränkt. Die finanziellen Verhältnisse der Monarchie wurden ohne
ihre Mitwirkung so geordnet, daß die durch die Zeitverhältnisse erforderlich'
gewordenen größeren Lasten fast ausschließlich ihnen zufielen. Sie wurden
mit außerordentlichen Steuern überbürdet, wenn sie auch nachwiesen, daß die
zur Deckung des vermeintlichen Deficits erforderlichen Mittel in der gemein¬
schaftlichen Kasse vorhanden waren. Richterliche Beamte wurden willkürlich
von ihren Aemtern entlassen. Unter der Form von Regierungshandlungen
wurden organische und andere gesetzliche Bestimmungen, für welche den Stän¬
den das Zustimmungsrecht eingeräumt war, ohne ihre Mitwirkung erlassen.
Beschwerden über willkürliche, dem Lande verderbliche Verwaltungsmaßregeln
wurden nicht erhört.

So geht der Ausschußbericht die ganze lange Reihe von Beeinträchtigun¬
gen und Bedrückungen durch, welche die Herzogthümer im Lauf der letzten zehn
Jahre erlitten haben. Die Verbindung Schleswigs mit der Universität ist so
gut wie aufgelöst worden. Man hat erst noch zu Ende vorigen Jahres die
Theilnahme an Vereinen und Gesellschaften, durch welche Bewohner der Her¬
zogthümer Schleswig und Holstein sich zu irgend welchen Zwecken verbinden
sollten oder verbunden hätten, in Schleswig verboten (Bibelgesellschaft, Gustav-
Adolfs "Verein, linker Kunstverein, Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung
vaterländischer Alterthümer, Gartenbauv-ereilt, selbst den Assecuranzverein gegen


wahrend wichtige Verhandlungen stattfanden, wo dann die Folge sein würde,
daß die dänischen Abgeordneten ohne sie Beschlüsse faßten.

Aus diesen Gründen rieth der Ausschuß, keinen auf Bildung eines Ge-
sammtorgnns für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten gerichteten Vorschlag
zu stellen, sondern Erfüllung des Versprechens in der Bekanntmachung vom
28. Jan. 1852, wo es heißt, der König wolle den Herzogthümern Schleswig
und Holstein hinsichtlich ihrer bisher zum Wirkungskreis der berathenden Pro-
vinzialstönde gehörigen Angelegenheiten ständische Vertretung mit be¬
schließender Befu gniß zugestehen, zu verlangen, und zwar mit beschließender
Befugniß nicht blos hinsichtlich der besondern Angelegenheiten des Herzog-
thums. sondern auch in Betreff der Angelegenheiten, die es mit Schleswig,
und deren, die es mit den übrigen Theilen der Monarchie gemeinsam hat.

Der Ausschußbericht geht dann auf die Garantien über, durch welche die
Verfassung und die Interessen jedes Theils der Monarchie zu schützen seien.
Er weist zunächst die Nothwendigkeit solcher Garantien an den bisherigen Zu¬
ständen nach. Auf verfassungswidrigen Wege wurde den Herzogthümern eine
Gesammtverfassung aufgedrungen, durch welche sie den Majoritätsbeschlüssen
einer fremden Nationalität schutzlos Preis gegeben wurden. Die wichtigsten Be¬
stimmungen ihrer Sonderverfassung wurden ihrer Mitwirkung entzogen. Der
Wirkungskreis ihrer Stände wurde im Widerspruch mit den königlichen Zu¬
sagen beschränkt. Die finanziellen Verhältnisse der Monarchie wurden ohne
ihre Mitwirkung so geordnet, daß die durch die Zeitverhältnisse erforderlich'
gewordenen größeren Lasten fast ausschließlich ihnen zufielen. Sie wurden
mit außerordentlichen Steuern überbürdet, wenn sie auch nachwiesen, daß die
zur Deckung des vermeintlichen Deficits erforderlichen Mittel in der gemein¬
schaftlichen Kasse vorhanden waren. Richterliche Beamte wurden willkürlich
von ihren Aemtern entlassen. Unter der Form von Regierungshandlungen
wurden organische und andere gesetzliche Bestimmungen, für welche den Stän¬
den das Zustimmungsrecht eingeräumt war, ohne ihre Mitwirkung erlassen.
Beschwerden über willkürliche, dem Lande verderbliche Verwaltungsmaßregeln
wurden nicht erhört.

So geht der Ausschußbericht die ganze lange Reihe von Beeinträchtigun¬
gen und Bedrückungen durch, welche die Herzogthümer im Lauf der letzten zehn
Jahre erlitten haben. Die Verbindung Schleswigs mit der Universität ist so
gut wie aufgelöst worden. Man hat erst noch zu Ende vorigen Jahres die
Theilnahme an Vereinen und Gesellschaften, durch welche Bewohner der Her¬
zogthümer Schleswig und Holstein sich zu irgend welchen Zwecken verbinden
sollten oder verbunden hätten, in Schleswig verboten (Bibelgesellschaft, Gustav-
Adolfs „Verein, linker Kunstverein, Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung
vaterländischer Alterthümer, Gartenbauv-ereilt, selbst den Assecuranzverein gegen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/476>, abgerufen am 24.07.2024.