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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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die Kirchengemeinde von der politischen Gemeinde trennt, auch in dem Fall,
daß beide die nämlichen Individuen enthalten; es ist keine bloße Vcxation,
wenn sowol die Kirchengemeinden als die Prediger durch Landesconsistorien über¬
wacht werden, die vorläufig die Einheit der Kirche vertreten und die zur or¬
ganischen Einheit der Kirche nöthig sind, auch wenn für den Augenblick gegen ihre
Zusammensetzung manches eingewendet werden könnte. Es ist keine leere Formel,
wenn man in der Obrigkeit (nicht blos in dem König) die bischöfliche von der
politischen Gewalt scheidet. Dies ist die historische Grundlage unsrer Re¬
formation und unsrer Kirchenverfassung, sie ist vorläufig durch nichts zu er¬
setzen, am wenigsten durch Synoden und Concile, die sich nie einigen, nie eine
wirkliche Autorität erzwingen würden, wie das auch alle Versuche der letzten
Tage gelehrt haben. Wenn man uns vorwirft, in dieser Auffassung der Kirche
mit der äußersten Rechten auf gleichem Boden zu stehen, so geben wir das zu,
aber nur, weil wir fest überzeugt sind, in dieser Weise einzig und allein ohne
die Gefahr des Auseinanderfallens eine wirkliche Reform hervorzubringen,
die das ins Leben ruft, was in der gegenwärtigen Kirche im Keim bereits
vollständig enthalten ist.




Drei Tage in Arkadien.

Nirgend vielleicht empfindet der in Griechenland Reisende den Wider¬
spruch zwischen der Vorstellung, die sich in der Seele der meisten mit dem
Namen Arkadiens verbindet, und dem wirklichen Arkadien so lebhaft, als
wenn er von der Stätte Olympias den Weg nach Norden einschlägt, und
durch die wildromantische, von prächtigen Fichten und Eichen beschattete Fels¬
schlucht, die hier vom Thal des Alpheus abzweigt, nach der Hochebene von
Laka hinaufsteigt. Hinter, unter ihm und in ihm. in der Erinnerung aufge¬
hoben, schlängelt sich ein Flußthal hin, welches zu den anmuthigsten von
Griechenland zählt: wechselvoll geformte Hügelwünde. ein klares, tiefes, rasch-
strömendcs Wasser, brcitwipfelige. mit Neben und Epheu umwundene Bäume,
blütenreiche Sträucher, bald träumerische Schatten, bald sonnige Stille bilden
einen Naturpark, in dein man, wenn die Landkarte ihn nicht in die Grenzen
von Elis verwiese, glauben könnte, sein Arkadien, das lange vergebens ge¬
suchte, das Arkadien der Dichter, endlich gefunden zu haben. Ohne zu viel
Aufwand von Phantasie könnte sich der Reisende auf die einsame Waldblöße
hier das Idyll eines Menalkas und einer Chlov denken, die sich, die Locken


die Kirchengemeinde von der politischen Gemeinde trennt, auch in dem Fall,
daß beide die nämlichen Individuen enthalten; es ist keine bloße Vcxation,
wenn sowol die Kirchengemeinden als die Prediger durch Landesconsistorien über¬
wacht werden, die vorläufig die Einheit der Kirche vertreten und die zur or¬
ganischen Einheit der Kirche nöthig sind, auch wenn für den Augenblick gegen ihre
Zusammensetzung manches eingewendet werden könnte. Es ist keine leere Formel,
wenn man in der Obrigkeit (nicht blos in dem König) die bischöfliche von der
politischen Gewalt scheidet. Dies ist die historische Grundlage unsrer Re¬
formation und unsrer Kirchenverfassung, sie ist vorläufig durch nichts zu er¬
setzen, am wenigsten durch Synoden und Concile, die sich nie einigen, nie eine
wirkliche Autorität erzwingen würden, wie das auch alle Versuche der letzten
Tage gelehrt haben. Wenn man uns vorwirft, in dieser Auffassung der Kirche
mit der äußersten Rechten auf gleichem Boden zu stehen, so geben wir das zu,
aber nur, weil wir fest überzeugt sind, in dieser Weise einzig und allein ohne
die Gefahr des Auseinanderfallens eine wirkliche Reform hervorzubringen,
die das ins Leben ruft, was in der gegenwärtigen Kirche im Keim bereits
vollständig enthalten ist.




Drei Tage in Arkadien.

Nirgend vielleicht empfindet der in Griechenland Reisende den Wider¬
spruch zwischen der Vorstellung, die sich in der Seele der meisten mit dem
Namen Arkadiens verbindet, und dem wirklichen Arkadien so lebhaft, als
wenn er von der Stätte Olympias den Weg nach Norden einschlägt, und
durch die wildromantische, von prächtigen Fichten und Eichen beschattete Fels¬
schlucht, die hier vom Thal des Alpheus abzweigt, nach der Hochebene von
Laka hinaufsteigt. Hinter, unter ihm und in ihm. in der Erinnerung aufge¬
hoben, schlängelt sich ein Flußthal hin, welches zu den anmuthigsten von
Griechenland zählt: wechselvoll geformte Hügelwünde. ein klares, tiefes, rasch-
strömendcs Wasser, brcitwipfelige. mit Neben und Epheu umwundene Bäume,
blütenreiche Sträucher, bald träumerische Schatten, bald sonnige Stille bilden
einen Naturpark, in dein man, wenn die Landkarte ihn nicht in die Grenzen
von Elis verwiese, glauben könnte, sein Arkadien, das lange vergebens ge¬
suchte, das Arkadien der Dichter, endlich gefunden zu haben. Ohne zu viel
Aufwand von Phantasie könnte sich der Reisende auf die einsame Waldblöße
hier das Idyll eines Menalkas und einer Chlov denken, die sich, die Locken


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/30>, abgerufen am 24.07.2024.