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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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über rechtliche Befugnisse steht ihr eine Entscheidung nicht zu, sie kann nur
vttmitteln und muß, wo dies nicht hilft, die Rechtsentscheidung den Gerichten
überlassen.

Die Streitigkeiten, welche -- wie wir gezeigt haben -- jetzt im Ent-
waren, wurden durch die Nachwirkungen der französischen Revo¬
lution und die folgende Kriegszeit unterbrochen. Der Adel blieb zwar bei
^r Ncceptivn nach dem neuern Modus, aber es geschah dies jetzt längere
^'le hindurch ohne allen Widerspruch. Nach dein pariser Frieden schien der
^mdesherr nicht geneigt, neue Weiterungen hervorzurufen, zumal auch die
bürgerlichen Gutsbesitzer hinsichtlich ihrer landständischen Pflichten und Rechte
völlig in Indolenz versunken waren. Indessen nahmen sie fortwährend an
^"hi zu und gegen Ende der dreißiger Jahre waren sie den adligen numerisch
^wende gewachsen. Zu dieser Zeit war denn auch durch die Bemühungen
Gutsbesitzers Pogge auf Zierstorf, welcher fast zufällig durch ein Mitglied
^ recipirten Adels, zum Zweck einer speciellen Abstimmung, auf den Land-
"3 gerufen wurde, das ständische Bewußtsein der bürgerlichen Ritter wieder
Zwecke worden. Eine nähere Erforschung der Verhältnisse war die Folge und
^' kam es, daß namentlich seit den Jahren 183" und 1838 letztere sich in
Arm,er steigender Zahl auf den Landtagen einfanden. 1843 waren sie den
Öligen Rittern fast, 1844 völlig gleich. 1845 um Zahl überlegen; in diesen
-^dren nahmen denn auch die merkwürdigen Verhandlungen ihren Anfang,
Weiche, damals nicht zum Abschluß gelangt, wie es scheint, in nächster Zu-
^^se wieder aufgenommen werden dürften.

Die oben erwähnte Vereinsacte des Adels hatte nämlich zunächst den
oweck, daß durch sie eine Corporation zur Wahrung bestimmter Gerechtsame
^bildet wurde. In der Gesannutvereinigung lag zugleich die Kraft des Wi-
Landes gegen jegliche Opposition sowol. wie die Garantie der Wahrung
kr j^er -- wirklichen oder angemaßten -- Gerechtsame. So wie man
^ 'in seit ,844 auch officiell von einem "Corps der Ritterschaft vom einge¬
hen und recipirten Adel" sprach, so wurde auch die Reception mehr und
, ^ zu einem wirklich rechtlichen Herkommen äußerlich gestaltet, die eine um
icübave Ritterschaft zerspaltete sich in zwei Theile und -- wie bei jedem
"U'leise^b^ -- mußte die endliche Folge nicht blos die Erhaltung der altem
^den auch die Erringung neuer Gerechtsame sein. Bedachten die bürger¬
en Gutsbesitzer dies nur oberflächlich, so mußte ihre Opposition direct die
^'einscicte, die Corporation selbst, die Grundlage der exclusiv adligen An-
^"uung angreifen. Bestritten sie einzelne Rechte, so waren sie fortdauernd
^! ^stspieligen Processen genöthigt. Jene Vereinigung aber konnten sie be-
Mn, weil dies eine nothwendige Vorbereitung für den Rechtsweg sein
>ire, and -- wie das oben angeführte Dictcunen so schön sagt -- eine Ent-


^rü.zbotc" I. 1869. 32

über rechtliche Befugnisse steht ihr eine Entscheidung nicht zu, sie kann nur
vttmitteln und muß, wo dies nicht hilft, die Rechtsentscheidung den Gerichten
überlassen.

Die Streitigkeiten, welche — wie wir gezeigt haben — jetzt im Ent-
waren, wurden durch die Nachwirkungen der französischen Revo¬
lution und die folgende Kriegszeit unterbrochen. Der Adel blieb zwar bei
^r Ncceptivn nach dem neuern Modus, aber es geschah dies jetzt längere
^'le hindurch ohne allen Widerspruch. Nach dein pariser Frieden schien der
^mdesherr nicht geneigt, neue Weiterungen hervorzurufen, zumal auch die
bürgerlichen Gutsbesitzer hinsichtlich ihrer landständischen Pflichten und Rechte
völlig in Indolenz versunken waren. Indessen nahmen sie fortwährend an
^"hi zu und gegen Ende der dreißiger Jahre waren sie den adligen numerisch
^wende gewachsen. Zu dieser Zeit war denn auch durch die Bemühungen
Gutsbesitzers Pogge auf Zierstorf, welcher fast zufällig durch ein Mitglied
^ recipirten Adels, zum Zweck einer speciellen Abstimmung, auf den Land-
"3 gerufen wurde, das ständische Bewußtsein der bürgerlichen Ritter wieder
Zwecke worden. Eine nähere Erforschung der Verhältnisse war die Folge und
^' kam es, daß namentlich seit den Jahren 183» und 1838 letztere sich in
Arm,er steigender Zahl auf den Landtagen einfanden. 1843 waren sie den
Öligen Rittern fast, 1844 völlig gleich. 1845 um Zahl überlegen; in diesen
-^dren nahmen denn auch die merkwürdigen Verhandlungen ihren Anfang,
Weiche, damals nicht zum Abschluß gelangt, wie es scheint, in nächster Zu-
^^se wieder aufgenommen werden dürften.

Die oben erwähnte Vereinsacte des Adels hatte nämlich zunächst den
oweck, daß durch sie eine Corporation zur Wahrung bestimmter Gerechtsame
^bildet wurde. In der Gesannutvereinigung lag zugleich die Kraft des Wi-
Landes gegen jegliche Opposition sowol. wie die Garantie der Wahrung
kr j^er — wirklichen oder angemaßten — Gerechtsame. So wie man
^ 'in seit ,844 auch officiell von einem „Corps der Ritterschaft vom einge¬
hen und recipirten Adel" sprach, so wurde auch die Reception mehr und
, ^ zu einem wirklich rechtlichen Herkommen äußerlich gestaltet, die eine um
icübave Ritterschaft zerspaltete sich in zwei Theile und — wie bei jedem
"U'leise^b^ — mußte die endliche Folge nicht blos die Erhaltung der altem
^den auch die Erringung neuer Gerechtsame sein. Bedachten die bürger¬
en Gutsbesitzer dies nur oberflächlich, so mußte ihre Opposition direct die
^'einscicte, die Corporation selbst, die Grundlage der exclusiv adligen An-
^"uung angreifen. Bestritten sie einzelne Rechte, so waren sie fortdauernd
^! ^stspieligen Processen genöthigt. Jene Vereinigung aber konnten sie be-
Mn, weil dies eine nothwendige Vorbereitung für den Rechtsweg sein
>ire, and — wie das oben angeführte Dictcunen so schön sagt — eine Ent-


^rü.zbotc» I. 1869. 32
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[0259] über rechtliche Befugnisse steht ihr eine Entscheidung nicht zu, sie kann nur vttmitteln und muß, wo dies nicht hilft, die Rechtsentscheidung den Gerichten überlassen. Die Streitigkeiten, welche — wie wir gezeigt haben — jetzt im Ent- waren, wurden durch die Nachwirkungen der französischen Revo¬ lution und die folgende Kriegszeit unterbrochen. Der Adel blieb zwar bei ^r Ncceptivn nach dem neuern Modus, aber es geschah dies jetzt längere ^'le hindurch ohne allen Widerspruch. Nach dein pariser Frieden schien der ^mdesherr nicht geneigt, neue Weiterungen hervorzurufen, zumal auch die bürgerlichen Gutsbesitzer hinsichtlich ihrer landständischen Pflichten und Rechte völlig in Indolenz versunken waren. Indessen nahmen sie fortwährend an ^"hi zu und gegen Ende der dreißiger Jahre waren sie den adligen numerisch ^wende gewachsen. Zu dieser Zeit war denn auch durch die Bemühungen Gutsbesitzers Pogge auf Zierstorf, welcher fast zufällig durch ein Mitglied ^ recipirten Adels, zum Zweck einer speciellen Abstimmung, auf den Land- "3 gerufen wurde, das ständische Bewußtsein der bürgerlichen Ritter wieder Zwecke worden. Eine nähere Erforschung der Verhältnisse war die Folge und ^' kam es, daß namentlich seit den Jahren 183» und 1838 letztere sich in Arm,er steigender Zahl auf den Landtagen einfanden. 1843 waren sie den Öligen Rittern fast, 1844 völlig gleich. 1845 um Zahl überlegen; in diesen -^dren nahmen denn auch die merkwürdigen Verhandlungen ihren Anfang, Weiche, damals nicht zum Abschluß gelangt, wie es scheint, in nächster Zu- ^^se wieder aufgenommen werden dürften. Die oben erwähnte Vereinsacte des Adels hatte nämlich zunächst den oweck, daß durch sie eine Corporation zur Wahrung bestimmter Gerechtsame ^bildet wurde. In der Gesannutvereinigung lag zugleich die Kraft des Wi- Landes gegen jegliche Opposition sowol. wie die Garantie der Wahrung kr j^er — wirklichen oder angemaßten — Gerechtsame. So wie man ^ 'in seit ,844 auch officiell von einem „Corps der Ritterschaft vom einge¬ hen und recipirten Adel" sprach, so wurde auch die Reception mehr und , ^ zu einem wirklich rechtlichen Herkommen äußerlich gestaltet, die eine um icübave Ritterschaft zerspaltete sich in zwei Theile und — wie bei jedem "U'leise^b^ — mußte die endliche Folge nicht blos die Erhaltung der altem ^den auch die Erringung neuer Gerechtsame sein. Bedachten die bürger¬ en Gutsbesitzer dies nur oberflächlich, so mußte ihre Opposition direct die ^'einscicte, die Corporation selbst, die Grundlage der exclusiv adligen An- ^"uung angreifen. Bestritten sie einzelne Rechte, so waren sie fortdauernd ^! ^stspieligen Processen genöthigt. Jene Vereinigung aber konnten sie be- Mn, weil dies eine nothwendige Vorbereitung für den Rechtsweg sein >ire, and — wie das oben angeführte Dictcunen so schön sagt — eine Ent- ^rü.zbotc» I. 1869. 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/259>, abgerufen am 24.07.2024.