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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Provinzen Oestreichs, sondern beherrscht auch die Straße nack Tirol und
sichert somit die so wichtige Verbindung mit Deutschland. Diese Festungs¬
gruppe, in einem Terrain gelegen, welches am Fuße der Gebirge von drei
bedeutenden Flüssen, Po. Mincio und Etsch durchflossen wird, besteht aus fol¬
genden Plätzen, welche wir in allgemeinen Umrissen zu skizziren versuchen
wollen.

Den Kern des Systems bildet Verona, auf beiden Ufern der Etsch, nahe
der Stelle gelegen, wo diese aus dem Gebirge tritt, eine starke Festung, deren
einzelne Theile aus den verschiedensten Epochen, theilweise noch aus dem
Mittelalter stammen; das Meiste jedoch von dem jetzt noch Bestehenden wurde
erst in diesem Jahrhundert, in der nachnapoleonischen Zeit gebaut. Der Plai)
erhielt seine wahre Stärke durch das im Jahre 1848 am rechten Etschufer im
Drange der Ereignisse begonnene und seitdem vervollständigte verschanzte
Lager, welches von einer Kette großer detachirter Forts gebildet wird,
die im permanenten Stil ausgeführt, auf dein bekannten Plateau von Santa
Lucia sich hinziehn und beiderseits an den Fluß anschließen. Am linken Ufer
läuft die Umfassung des Platzes um die sogenannte Veronena herum und
schließt das citadellartige Castell mit ein; die diesem vorliegenden, Einsicht
nehmenden Anhöhen sind mit vorgeschobenen Werke besetzt; ein verschanztes
Lager für 50.000 Mann wird auf diesem Ufer auch projectirt, um die Wirk¬
samkeit des Platzes gegen diese Seite zu vervollständigen, von welcher unter
den Umständen, die jetzt hauptsächlich in das Auge gefaßt worden, keine Ge¬
fahr zu befürchten ist. Verona, als der militärisch wichtigste Punkt Oberitaliens
von Oestreich gewürdigt, alle Depots, Magazine der italienischen Armee ent¬
haltend, Sitz der Militärbehörden, ist auf diese Art ein großer moderner
Manvvrirdepotplatz, genügend stark gegen einen regelmäßigen Angriff, und
ebenso sähig einer Armee, die ihren Rückzug hierher genommen hat, die Gelegen¬
heit zu geben, sich zu erholen, zu verstärken, und von hier aus gegen den
Feind zu manövriren, oder denselben doch vor dem Platze festzuhalten. Durch
seine günstige Lage in der Nähe des Debouches der aus Tirol kommenden
Hauptstraße vertheidigt es endlich nicht nur hauptsächlich den Weg in das Vene-
tianische, sondern in Verbindung mit den in dem Etschthal (bei Rivoli, der
Etschklause) angelegten Befestigungen beherrscht es auch die für Oestreich
außerordentlich werthvolle Communication nach Tirol.

Mantua. durch seine Lage an einer seeartigen Erweiterung des Mincio
und in einem Terrain, welches vollkommen überschwemmt werden kann, se^'
fest und fast nur durch Aushungerung zu nehmen, ist der zweitwichtigste Plaß
des Festungssystems. Wiewol eben die Unnahbarkeit des Platzes auch sei^
Offensivwirkung lähmt, indem ein Debouchiren aus demselben ziemlich er>
schwere ist, so kann doch der Werth Mnntuas nicht genug geschätzt werden-


Provinzen Oestreichs, sondern beherrscht auch die Straße nack Tirol und
sichert somit die so wichtige Verbindung mit Deutschland. Diese Festungs¬
gruppe, in einem Terrain gelegen, welches am Fuße der Gebirge von drei
bedeutenden Flüssen, Po. Mincio und Etsch durchflossen wird, besteht aus fol¬
genden Plätzen, welche wir in allgemeinen Umrissen zu skizziren versuchen
wollen.

Den Kern des Systems bildet Verona, auf beiden Ufern der Etsch, nahe
der Stelle gelegen, wo diese aus dem Gebirge tritt, eine starke Festung, deren
einzelne Theile aus den verschiedensten Epochen, theilweise noch aus dem
Mittelalter stammen; das Meiste jedoch von dem jetzt noch Bestehenden wurde
erst in diesem Jahrhundert, in der nachnapoleonischen Zeit gebaut. Der Plai)
erhielt seine wahre Stärke durch das im Jahre 1848 am rechten Etschufer im
Drange der Ereignisse begonnene und seitdem vervollständigte verschanzte
Lager, welches von einer Kette großer detachirter Forts gebildet wird,
die im permanenten Stil ausgeführt, auf dein bekannten Plateau von Santa
Lucia sich hinziehn und beiderseits an den Fluß anschließen. Am linken Ufer
läuft die Umfassung des Platzes um die sogenannte Veronena herum und
schließt das citadellartige Castell mit ein; die diesem vorliegenden, Einsicht
nehmenden Anhöhen sind mit vorgeschobenen Werke besetzt; ein verschanztes
Lager für 50.000 Mann wird auf diesem Ufer auch projectirt, um die Wirk¬
samkeit des Platzes gegen diese Seite zu vervollständigen, von welcher unter
den Umständen, die jetzt hauptsächlich in das Auge gefaßt worden, keine Ge¬
fahr zu befürchten ist. Verona, als der militärisch wichtigste Punkt Oberitaliens
von Oestreich gewürdigt, alle Depots, Magazine der italienischen Armee ent¬
haltend, Sitz der Militärbehörden, ist auf diese Art ein großer moderner
Manvvrirdepotplatz, genügend stark gegen einen regelmäßigen Angriff, und
ebenso sähig einer Armee, die ihren Rückzug hierher genommen hat, die Gelegen¬
heit zu geben, sich zu erholen, zu verstärken, und von hier aus gegen den
Feind zu manövriren, oder denselben doch vor dem Platze festzuhalten. Durch
seine günstige Lage in der Nähe des Debouches der aus Tirol kommenden
Hauptstraße vertheidigt es endlich nicht nur hauptsächlich den Weg in das Vene-
tianische, sondern in Verbindung mit den in dem Etschthal (bei Rivoli, der
Etschklause) angelegten Befestigungen beherrscht es auch die für Oestreich
außerordentlich werthvolle Communication nach Tirol.

Mantua. durch seine Lage an einer seeartigen Erweiterung des Mincio
und in einem Terrain, welches vollkommen überschwemmt werden kann, se^'
fest und fast nur durch Aushungerung zu nehmen, ist der zweitwichtigste Plaß
des Festungssystems. Wiewol eben die Unnahbarkeit des Platzes auch sei^
Offensivwirkung lähmt, indem ein Debouchiren aus demselben ziemlich er>
schwere ist, so kann doch der Werth Mnntuas nicht genug geschätzt werden-


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[0154] Provinzen Oestreichs, sondern beherrscht auch die Straße nack Tirol und sichert somit die so wichtige Verbindung mit Deutschland. Diese Festungs¬ gruppe, in einem Terrain gelegen, welches am Fuße der Gebirge von drei bedeutenden Flüssen, Po. Mincio und Etsch durchflossen wird, besteht aus fol¬ genden Plätzen, welche wir in allgemeinen Umrissen zu skizziren versuchen wollen. Den Kern des Systems bildet Verona, auf beiden Ufern der Etsch, nahe der Stelle gelegen, wo diese aus dem Gebirge tritt, eine starke Festung, deren einzelne Theile aus den verschiedensten Epochen, theilweise noch aus dem Mittelalter stammen; das Meiste jedoch von dem jetzt noch Bestehenden wurde erst in diesem Jahrhundert, in der nachnapoleonischen Zeit gebaut. Der Plai) erhielt seine wahre Stärke durch das im Jahre 1848 am rechten Etschufer im Drange der Ereignisse begonnene und seitdem vervollständigte verschanzte Lager, welches von einer Kette großer detachirter Forts gebildet wird, die im permanenten Stil ausgeführt, auf dein bekannten Plateau von Santa Lucia sich hinziehn und beiderseits an den Fluß anschließen. Am linken Ufer läuft die Umfassung des Platzes um die sogenannte Veronena herum und schließt das citadellartige Castell mit ein; die diesem vorliegenden, Einsicht nehmenden Anhöhen sind mit vorgeschobenen Werke besetzt; ein verschanztes Lager für 50.000 Mann wird auf diesem Ufer auch projectirt, um die Wirk¬ samkeit des Platzes gegen diese Seite zu vervollständigen, von welcher unter den Umständen, die jetzt hauptsächlich in das Auge gefaßt worden, keine Ge¬ fahr zu befürchten ist. Verona, als der militärisch wichtigste Punkt Oberitaliens von Oestreich gewürdigt, alle Depots, Magazine der italienischen Armee ent¬ haltend, Sitz der Militärbehörden, ist auf diese Art ein großer moderner Manvvrirdepotplatz, genügend stark gegen einen regelmäßigen Angriff, und ebenso sähig einer Armee, die ihren Rückzug hierher genommen hat, die Gelegen¬ heit zu geben, sich zu erholen, zu verstärken, und von hier aus gegen den Feind zu manövriren, oder denselben doch vor dem Platze festzuhalten. Durch seine günstige Lage in der Nähe des Debouches der aus Tirol kommenden Hauptstraße vertheidigt es endlich nicht nur hauptsächlich den Weg in das Vene- tianische, sondern in Verbindung mit den in dem Etschthal (bei Rivoli, der Etschklause) angelegten Befestigungen beherrscht es auch die für Oestreich außerordentlich werthvolle Communication nach Tirol. Mantua. durch seine Lage an einer seeartigen Erweiterung des Mincio und in einem Terrain, welches vollkommen überschwemmt werden kann, se^' fest und fast nur durch Aushungerung zu nehmen, ist der zweitwichtigste Plaß des Festungssystems. Wiewol eben die Unnahbarkeit des Platzes auch sei^ Offensivwirkung lähmt, indem ein Debouchiren aus demselben ziemlich er> schwere ist, so kann doch der Werth Mnntuas nicht genug geschätzt werden-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/154>, abgerufen am 24.07.2024.